# taz.de -- Autobauer investiert Milliarden: VW steckt Geld in Tesla-Konkurrenz
       
       > Die Probleme mit der hauseigenen E-Auto-Technik halten an. Mit Hilfe des
       > Tesla-Konkurrenten Rivian will VW sie lösen.
       
 (IMG) Bild: Tesla-Konkurrent: Rivian R1T in Plymouth, Michigan
       
       WOLFSBURG/IRVINE dpa | Volkswagen holt sich bei Elektroautos Hilfe vom
       Tesla-Herausforderer Rivian – und nimmt dafür Milliarden in die Hand.
       Europas größter Autobauer will bis zu 5 Milliarden Dollar ausgeben und
       gemeinsam Technik für künftige Fahrzeuge entwickeln. Für Rivian ist es eine
       höchst willkommene Geldspritze: Die Firma schreibt nach wie vor rote Zahlen
       und hat aktuell mit einem sinkenden Interesse an Elektroautos in den USA zu
       kämpfen. Die zuletzt schwächelnde Rivian-Aktie sprang im nachbörslichen
       US-Handel um fast 50 Prozent hoch.
       
       Die Kooperation ist recht eng gefasst: Software, Steuercomputer sowie
       Netzwerk-Architektur. Ein zentraler Punkt: Volkswagen wird für neue Autos
       in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts auf Rivians Technologie und Software
       einschwenken. Der Autoriese könnte damit viel Geld im Vergleich zu einer
       Entwicklung der Technik in Eigenregie sparen. Rivian-Chef RJ Scaringe
       betonte in einer Telefonkonferenz am Dienstag, dass andere Bereiche wie
       Batterien oder Antriebstechnik nicht Teil der Partnerschaft seien.
       
       Damit die Hersteller immer neue Funktionen bieten können, sammelten sich in
       Autos schon seit Jahren mehr und mehr Steuereinheiten und längere
       Kabelstränge an. Mit dem Vormarsch von Elektroautos kam auch ein Wettstreit
       bei neuen Fahrzeug-Architekturen in Gang. Die Trends: Weniger Komplexität
       und ein Fokus auf Software. Tesla war ein Vorreiter – ein Computer auf
       Rädern.
       
       ## Rivians Architektur: Zonenmodell statt zu vieler kleiner Computer
       
       Rivian entwickelte von Anfang an eine eigene Architektur, in der die
       Auto-Elektronik in mehrere Zonen mit eigenen Computern aufgeteilt wird. In
       der ersten Generation der Rivian-Plattform seien noch 17 dieser
       Steuereinheiten nötig gewesen, sagte Scaringe. Jetzt zur zweiten Generation
       habe man die Zahl auf sieben gedrückt.
       
       VW hat seit Jahren mit Problemen bei der hauseigenen Software-Entwicklung
       für Elektroautos zu kämpfen, dadurch verzögerten sich bereits Modellstarts.
       Scaringe legte am Dienstag den Finger in die Wunde. Man habe in den
       vergangenen Jahren erkannt, dass etablierte Hersteller Schwierigkeiten bei
       eigener Software hätten.
       
       Er sieht den Grund dafür darin, wie das Geschäft der Autobauer über
       Jahrzehnte lief: Viel Technik wurde bei verschiedenen Zulieferern
       eingekauft, „im Ergebnis hatte man eine Menge kleiner Computer, die an ganz
       bestimmte Funktionen angebunden waren“. Wenn man aus dieser Welt komme, tue
       man sich schwer damit, eine Architektur nach dem Zonenprinzip zu
       entwickeln, bei der eine Steuereinheit Funktionen über mehrere Bereiche
       hinweg übernehme. Rivian ordnete diese ECUs (Electronic Control Units)
       verteilt im Fahrzeug an, um den Weg für die Datenübermittlung zu verkürzen.
       
       ## Experte: ein Schnäppchen für VW
       
       Rivian sei einer der weniger Hersteller, die eine solche Zonen-Architektur
       in der Serienproduktion hätten – und damit wertvoll für VW, kommentierte
       den Deal der Autoanalyst der Marktforschungsfirma Garter, Pedro Pacheco.
       Wenn man bedenkt, wie viel Geld Volkswagen bereits in die Entwicklung einer
       eigenen Plattform investiert habe, seien die Milliarden für Rivian „ein
       echtes Schnäppchen“ für den deutschen Konzern. Der Deal sende auch ein
       Signal, dass Dinge, die man einst selber entwickelte, nun von einem anderen
       Hersteller kommen könnten. Zugleich warf Pacheco die Frage auf, was
       Hersteller mit ihren eigenen Autosoftware-Teams machen, wenn sie so viel
       zukaufen.
       
       Der Plan von Rivian und VW sieht ein Gemeinschaftsunternehmen vor, in dem
       für beide Hersteller entwickelt werden soll. Die Milliarden sollen Rivian
       nach und nach zufließen. Erst kauft VW Wandelanleihen für eine Milliarde
       Dollar. Kommt das gemeinsame Entwicklungslabor zustande, zahlt VW eine
       weitere Milliarde, kauft in zwei Tranchen Aktien für jeweils eine Milliarde
       2025 und 2026 und gibt eine weitere Milliarde als Kredit.
       
       Volkswagen bekam zuletzt mehr und mehr Schwierigkeiten beim offensiven Kurs
       in Richtung Elektromobilität. In Europa ist die Nachfrage schwach, in China
       ist der Wettbewerb mit günstigen heimischen Herstellern hart. In den USA
       will der Konzern mit Elektroautos deutlich Marktanteile gewinnen und hatte
       dafür hohe Investitionen bereits angekündigt.
       
       ## 1,45 Milliarden Dollar Verlust bei 13.600 Auslieferungen
       
       Rivian lieferte im vergangenen Quartal knapp 13.600 Elektroautos aus und
       machte dabei 1,2 Milliarden Dollar Umsatz sowie 1,45 Milliarden Dollar
       Verlust. Die Firma ist in zwei in den USA populären Fahrzeug-Kategorien
       aktiv: [1][Große SUVs und Pick-ups]. Außerdem baut Rivian für Amazon
       elektrische Lieferwagen, die inzwischen auch in Europa zu sehen sind. Der
       weltgrößte Online-Händler ist ebenfalls ein Investor.
       
       Die Stimmung unter den Tesla-Herausforderern, die sich ein immer
       schnelleres Tempo beim Elektroauto-Absatz erhofften, ist verhalten. Gerade
       in den USA greifen viele Käufer aktuell lieber zu Hybrid-Modellen, auch
       [2][bei Tesla ist das Wachstum plötzlich gebremst]. Die Firma [3][Fisker
       musste einen Insolvenzantrag stellen]. Ihr SUV-Modell Ocean kam mit
       Verzögerungen auf den Markt und verärgerte einige Käufer und Tester mit
       Software-Problemen.
       
       26 Jun 2024
       
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