# taz.de -- Bildungspolitik bei der NRW-Wahl: Schleudersitz Schulministerium
       
       > An der Bildungspolitik entscheiden sich oft Wahlen. Für die mäßig
       > erfolgreiche FDP-Ministerin Yvonne Gebauer könnte es bei der NRW-Wahl eng
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Fehlende Lehrkräfte, zu wenig Ganztag: NRW-Bildungsministerin Gebauers Bilanz ist mäßig
       
       Wenn die Menschen in [1][Nordrhein-Westfalen] am Sonntag wählen, dann
       stimmen sie auch über die Schulpolitik von CDU und FDP ab. Für zwei Drittel
       ist das Thema „wichtig bis sehr wichtig“ für die Wahlentscheidung, zeigt
       eine Forsa-Umfrage zur Landtagswahl – deutlich mehr als in anderen
       Bundesländern. In Schleswig-Holstein beispielsweise gaben nach der
       Landtagswahl vergangenen Sonntag nur 14 Prozent an, dass Bildung die größte
       Rolle bei ihrer Wahlentscheidung gespielt habe.
       
       Schulpolitik ist Ländersache. In kaum einem anderen Politikfeld kann eine
       Landesregierung so frei gestalten. Oder, anders formuliert: Wer es
       verbockt, das Ganztagsangebot auszubauen, genügend Studienplätze für
       Lehrkräfte zu schaffen oder nachvollziehbare Coronaregeln an Schulen
       aufzustellen, kann schlecht mit dem Finger auf Berlin oder Brüssel zeigen.
       Die Zufriedenheit mit der Bildungspolitik sagt deshalb auch immer viel
       darüber aus, wie zufrieden die Menschen mit ihrer Landesregierung sind.
       
       Für die FDP, die in [2][NRW] seit fünf Jahren das Schulministerium inne
       hat, sieht es deshalb Tage vor der Wahl bescheiden aus: Mit dem
       Zickzack-Kurs in der Pandemie, der Unfähigkeit, den Lehrermangel in den
       Griff zu kriegen und den uneingelösten Wahlversprechen – Stichwort
       Unterrichtsgarantie – hat FDP-Schulministerin Yvonne Gebauer nicht gerade
       für sich und ihre Partei geworben.
       
       Die Quittung liest sich Tage vor der Wahl wie folgt: Gerade mal 7 Prozent
       der Bürger:innen halten die Liberalen für kompetent in Bildungsfragen,
       drei Viertel sind generell unzufrieden mit der Schulpolitik. Jeder Fünfte
       hält Bildung sogar für das „wichtigste Problem im Land“. Kein Wunder, dass
       die Demoskopen den Liberalen eine herbe Wahlniederlage voraussagen. Auch
       die CDU verliert laut jüngsten Umfragen ein paar Prozentpunkte. Für
       Schwarz-Gelb wird es wohl nicht erneut reichen.
       
       Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Düsseldorfer Landesregierung für
       ihre Schulpolitik abgestraft wird. 2017 traf es Rot-Grün, die bei Schulen
       viel Neues gewagt hatten und damit bei weiten Teilen der Bevölkerung nicht
       punkten konnten. Den Aufbau von integrierten Gesamtschulen – ein
       Herzensprojekt der grünen Schulministerin [3][Silvia Löhrmann] – werteten
       viele als Kulturkampf zwischen „Einheitsschule“ und Gymnasium.
       
       Das zu lange Festhalten am Turbo-Abitur nach 12 Schuljahren brachte viele
       Schüler:innen, Eltern und Lehrkräfte gegen die Regierung auf. Auch die
       Inklusion funktionierte nicht so, wie Löhrmann es versprochen hatte. Am
       Ende sprachen gerade einmal 6 Prozent den Grünen die höchste
       bildungspolitische Kompetenz zu – nach der anschließenden Wahlniederlage
       zog sich Löhrmann komplett aus der Politik zurück.
       
       Gut möglich, dass das NRW-Schulministerium nun auch für ihre Nachfolgerin
       zum Schleudersitz wird. Auch CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst kritisiert
       Gebauer mittlerweile unumwunden: „Wir haben beim Thema Schulpolitik noch
       eine ganze Menge Luft nach oben“, sagte er kürzlich in einem Interview.
       
       Deutlicher kann man nicht sagen, dass die zuständige Ministerin zum Problem
       für die eigene Wiederwahl geworden ist. Und Gebauer? Kann höchstens darauf
       hoffen, dass der Krieg in der Ukraine und die steigenden Preise die
       Schulpolitik bei der Landtagswahl doch noch in den Hintergrund drängen. Für
       eine Schulministerin, die ihrem Wahlvolk weltbeste Bildung versprochen hat,
       ist das kein gutes Zeichen.
       
       12 May 2022
       
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