# taz.de -- Bürger*innenbefragung an der Küste: Flensburg schafft Platz
       
       > Gibt es zu viele Autos im Zentrum von Flensburg? Im Rahmen ihres
       > „Masterplans Mobilität“ lässt die Stadt über die Nutzung von Straßen
       > abstimmen.
       
 (IMG) Bild: Idylle oder doch zu viele Autos? Darüber können jetzt Bürger*innen in Flensburg abstimmen
       
       FLENSBURG taz | Mehr Platz für Autos oder für [1][Fahrräder]? Parkhäuser
       für Anwohner*innen oder besser getaktete Busse? Noch bis Ende Juni
       können die Flensburger*innen [2][über solche Fragen] abstimmen. Die
       Onlinebefragung ist Teil des „Masterplans Mobilität“, mit dem die Stadt im
       hohen Norden den Verkehr neu ordnen und aus dem Zentrum wegsteuern will.
       
       „Wir müssen in allen Sektoren die Produktion von CO2 abbauen, und im
       Bereich Mobilität haben wir dabei am meisten zu tun“, sagt
       Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD) der taz. „Schließlich benutzt fast
       jeder ein Auto und leistet einen Beitrag zur Verschmutzung.“
       
       Wie sehr der Individualverkehr die Stadt belastet, ist auch ohne
       CO2-Messgerät zu erkennen: Es geht um Platz. Denn die Flensburger
       Innenstadt ist eng. Auf der einen Seite schiebt sich die Förde weit ins
       Land hinein, auf der anderen Seite steigen schmale Straßen die Hügel –
       Überbleibsel eiszeitlicher Gletscher – hinauf. Jedes parkende Auto engt den
       knappen Raum weiter ein, der Suchverkehr sorgt für Staus. Das Ziel sei
       klar, so Lange: „Wir haben zu viel Verkehr, wir müssen uns einschränken.“
       
       Der Masterplan, der bis 2030 umgesetzt werden soll, hat einen jahrelangen
       Vorlauf, nicht nur in den politischen Gremien der Stadt. In zahlreichen
       Runden und Diskussionsforen konnten die Flensburger*innen mitreden. Mal
       waren Bewohner*innen der Stadtteile gefragt, dann wurden über
       Jugendtreffs Fragebögen verteilt, um die Meinung der U-18-Jährigen zu
       erfahren. Seniorenbeiräte tagten zum Thema, und die Vertreter*innen von
       Handel, Gewerbe und Wirtschaft durften Wünsche und Bedenken äußern.
       
       ## Stellschraube Parkplatzgebühren
       
       Echte Ablehnung gab es von keiner Seite, auch wenn die CDU-Fraktion im
       Stadtrat den Plan als „in Teilen schwere Kost“ bezeichnete und dafür warb,
       „eine Sanktionierung des Pkw-Verkehrs intensiv mit der Wirtschaft und
       anderen Betroffenen zu diskutieren“. Aber auch wenn die Partei ein
       Autoverbot ablehnt, zieht sie das Fazit: „Ein Weiter so der Zuwächse im
       Straßenverkehr kann und darf es nicht geben.“
       
       Ähnliche Stimmen kamen aus der Wirtschaftsrunde. Die
       Ladenbesitzer*innen und Gewerbetreibenden wollten eher auf „Anreize
       und Angebote“ statt auf Verbote setzen. Eine Idee lautete, vor allem
       Tourist*innen per Parkleitsystem aus dem Stadtkern herauszuhalten.
       Außerdem hofft die Wirtschaft auf selbstfahrende Autos, die ständig in
       Bewegung sind und damit keine Parkplätze blockieren. Diese Vision aber,
       mutmaßte die Runde, werde eher 2050 als 2030 Wirklichkeit sein.
       
       Eine Stellschraube, an der bereits früher gedreht werden kann, sind die
       Parkplatzgebühren. Aktuell zählt die Verwaltung im Kerngebiet der Stadt, in
       dem das Rathaus, der Hafen, die Fußgängerzonen in der Einkaufsstraße und
       die Altstadt liegen, rund 900 öffentliche und etwa 3.200 privat
       bewirtschaftete, aber öffentlich zugängliche Stellplätze. Sie befinden sich
       teils in Parkhäusern, teils unter freiem Himmel.
       
       „Überdurchschnittlich viele“ davon seien kostenlos, und unter den bezahlten
       seien die öffentlichen Flächen nur halb so teuer wie die privaten, heißt es
       im Masterplan. Mittelfristig soll es teurer werden, seinen Wagen in der
       Innenstadt abzustellen, gleichzeitig soll Parken außerhalb des Zentrums
       attraktiver werden, durch besser getaktete Busse, städtische Leihräder und
       Ladestationen für E-Autos.
       
       Mit der aktuellen Befragung will die Stadt erfahren, „wozu die Leute bereit
       sind“, sagt Simone Lange. Käme am Ende heraus, dass die
       Flensburger*innen trotz engen Straßen und CO2 dennoch das eigene Auto
       vorziehen, sei der Masterplan nicht gescheitert, sagt die
       Oberbürgermeisterin: „Dann wissen wir, dass wir weiter am Bewusstsein
       arbeiten, informieren und überzeugen müssen.“
       
       27 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geißlinger
       
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