# taz.de -- Bundesregierung verurteilt: Gesetzeswidrig klimaschädlich
       
       > Jetzt ist auch gerichtlich bestätigt, was eigentlich schon alle wussten:
       > Die Ampel-Koalition hält sich nicht an das Klimaschutzgesetz.
       
 (IMG) Bild: Verkehrsminister Wissing bei der Fürbitte um das Wohl der Autoindustrie
       
       Die Ampel-Regierung muss ihre Klimapolitik neu aufstellen. [1][Das
       Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat nach zwei Klagen der
       Deutschen Umwelthilfe geurteilt]: Die bestehenden Klimaschutzprogramme der
       Bundesregierung sind rechtswidrig und müssen nachgebessert werden. Sie
       reichen nicht aus, um die Ziele aus dem Klimaschutzgesetz zu erreichen, mit
       Deutschland bis 2045 klimaneutral werden will.
       
       Juristisch ist das ein großer Erfolg für die Umwelthilfe. Die Sache ist
       aber: Eigentlich wissen natürlich schon alle, dass die Bundesregierung sich
       nicht an das Klimaschutzgesetz hält. Auch die Bundesregierung selbst. Schon
       bei der [2][ersten Vorstellung des letzten Klimaschutzprogramms im
       vergangenen Juni] räumte Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck
       (Grüne) ein, es bleibe eine Lücke zu den Klimazielen für 2030 bestehen.
       
       Dann sollen die Emissionen eigentlich um 65 Prozent unter dem Niveau von
       1990 liegen. Klappt aber nicht. Im Wesentlichen, sagte Habeck damals offen,
       wegen des Verkehrssektors. Die FDP, so der Subtext, ist eben nicht bereit,
       endlich [3][den klimaschädlichen Autoverkehr zu reduzieren]. Diese Diagnose
       haben seitdem zahlreiche Klimaschützer*innen [4][und Expert*innen]
       gestellt. Der Expertenrat für Klimafragen, der laut Klimaschutzgesetz
       solche Regierungsprogramme prüft, kam sogar schon zu dem Schluss, dass die
       Regierung ihre Leistung [5][wahrscheinlich noch überschätze].
       
       Noch unklar ist, ob die Ampel-Regierung nach dem Urteil des
       Oberverwaltungsgerichts in Revision geht. Jedenfalls werkelt sie gerade
       nicht an einem vernünftigen Klimaschutzprogramm für den Verkehr –
       [6][sondern im Gegenteil an der Entkernung des Klimaschutzgesetzes]. Sie
       ist damit fast fertig. Der Bundestag hat die Reform schon beschlossen. Und
       [7][der Bundesrat hat am Freitag darauf verzichtet], Gesprächsbedarf
       anzumelden, also einen sogenannten Vermittlungsausschuss einzuberufen.
       
       ## Rechenspielchen mit dem Klima
       
       Die Bundesregierung will in Zukunft Klimaschutz in einer jahres- und
       sektorenübergreifenden Gesamtschau betrachten. Das klingt gut – dahinter
       steckt aber der Abschied von jeglicher Verbindlichkeit für die einzelnen
       Regierungsmitglieder.
       
       Bislang ist es so: Das Klimaschutzgesetz setzt CO₂-Grenzwerte für jedes
       Jahr und verschiedene Wirtschafts- und Lebensbereiche wie Energie, Verkehr,
       Gebäude oder Landwirtschaft. Werden diese verfehlt, wie zuletzt bei Verkehr
       und Gebäuden, muss das zuständige Ministerium ein Sofortprogramm vorlegen.
       
       Stattdessen will die Regierung künftig Rechenspielchen anstellen dürfen:
       Verursacht zum Beispiel der Energiesektor weniger CO2 als gedacht – und sei
       es nur, weil wie zuletzt durch eine Wirtschaftsflaute weniger Energie
       gebraucht wurde -, darf dafür beispielsweise der Verkehrssektor
       klimaschädlicher sein als ursprünglich vorgesehen.
       
       Das wäre egal, wenn alle Minister*innen mit Hochdruck am Klimaschutz
       arbeiten würden. Dann gäbe es mal hier und da zufällige Schwankungen
       zwischen den Sektoren. Nicht wild. Aber das ist eben nicht so: Im
       Verkehrsministerium herrscht eine demonstrative Verweigerungshaltung, was
       die Senkung der Emissionen angeht. Das war unter Alexander Dobrindt und
       Andreas Scheuer (CSU) so, das ist jetzt unter Volker Wissing (FDP) nicht
       anders. Das neue Gesetz macht es einfacher, so etwas zu kaschieren.
       
       Selbst wenn die Klima-Gesamtbilanz nicht stimmt, müsste nach der geplanten
       Reform übrigens nicht direkt nachgesteuert werden. Erst wenn der jährliche
       Projektionsbericht des Umweltbundesamts zweimal in Folge ergibt, dass die
       Klimaziele für das gesamte Jahrzehnt in Gefahr sind, muss die Regierung ein
       Sofortprogramm vorlegen.
       
       Aufhalten könnte das noch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
       Klimaschützer*innen der fordern ihn dazu auf, seine Unterschrift zu
       verweigern. Das darf er allerdings nicht einfach auf Basis der eigenen
       politischen Ansichten, sondern nur bei offenkundigen verfassungsrechtlichen
       Bedenken. Gibt es die denn?
       
       Fern läge es jedenfalls nicht. Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht
       die Bundesregierung – damals noch die Große Koalition – [8][schon einmal
       zur Verschärfung des Klimaschutzgesetzes gezwungen]. Ob die
       Richter*innen in Karlsruhe jetzt eine Aufweichung akzeptieren würden,
       ist zumindest fraglich.
       
       17 May 2024
       
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