# taz.de -- Corona in Hennigsdorfer Flüchtlingsheim: Ohne WLAN in der Quarantäne
       
       > Corona-Ausbruch in brandenburger Gemeinschaftsunterkunft: Bewohner eines
       > Flüchtlingsheims fühlen sich ungeschützt, schlecht informiert und
       > isoliert.
       
 (IMG) Bild: Momentaufnahme aus einem Flüchtlingsheim (Symbolbild)
       
       HENNIGSDORF taz | Bewohner eines Asylbewerberheims im brandenburgischen
       Hennigsdorf haben sich mit einem Brief an die Öffentlichkeit gewandt. Ihr
       Wohnheim am Stadtrand von Berlin mit rund 400 Bewohnern steht seit Mitte
       April unter Quarantäne, weil dort nach Behördenangaben 68 Menschen an
       Corona erkrankt sind. Für eines der fünf Gebäude auf dem Areal wurde die
       Quarantäne am Dienstag aufgehoben, für die anderen vier Häuser besteht sie
       fort.
       
       Die Bewohner fühlen sich schlecht vor dem Virus geschützt, schlecht
       informiert, von der Außenwelt abgeschnitten und überwacht. „Wir sind nicht
       zufrieden, wie wir behandelt“ werden, heißt es dort. Infizierte und
       Nichtinfizierte wurden nach Meinung der Bewohner zu spät voneinander
       getrennt, sodass sich das Virus weiter ausbreiten konnte. Jeder Bewohner
       habe demnach lediglich eine einzige Schutzmaske erhalten.
       
       Die Isolierung unter der Quarantäne und der fehlende Zugang zu Psychologen
       führe zu Panik, schreiben die Bewohner. Viele Bewohner hätten keinen Zugang
       zum Internet. Statt die EinInternetverbindung für die von der Außenwelt
       abgeschotteten Bewohner zu verbessern, hätte der Landkreis als Heimträger
       auf den Fluren Kameras zur Überwachung der Bewohner angebracht.
       
       ## Systemrelevant beschäftigt
       
       „Die Infektionsrate von 17 Prozent zeigt, wie groß die Gefahr des
       neuartigen Virus für Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften ist“, sagt
       Kirstin Neumann vom Brandenburger Flüchtlingsrat. „Der Landkreis hat zudem
       viel zu spät infizierte Bewohner von den anderen getrennt.“ Ihre Kollegin
       Simone Tetzlaff von der evangelischen Flüchtlingsberatung in Hennigsdorf
       hat nach eigenen Angaben den Landkreis bereits vor dem Corona-Ausbruch
       wiederholt auf die besondere Situation mehrerer Bewohner hingewiesen und
       eine Verlegung von besonders gefährdeten Menschen sowie von Bewohnern, die
       in systemrelevanten Berufen arbeiten, in Wohnungen dringend angemahnt.
       
       „Dort leben neun Altenpfleger sowie eine mir nicht exakt bekannte Zahl von
       Personen, die in Krankenhäusern kocht und putzt“, sagt sie der taz. Da sei
       die Gefahr groß, dass das Virus sich zwischen Krankenhaus, Asylunterkunft
       und Seniorenheim verbreiten kann. Nach Angaben des Flüchtlingsrats sind ein
       Altenpfleger und ein Krankenhauskoch positiv auf Covid-19 getestet worden.
       
       Landkreissprecherin Ivonne Pelz teilt die Befürchtung des Flüchtlingsrates
       allerdings nicht. Es wurde ja eine häusliche Quarantäne angeordnet. „Dies
       schließt aktuell auch das Arbeiten in systemrelevanten Berufen aus“, sagt
       sie.
       
       Auch die Einschätzung, infizierte Flüchtlinge seien von nicht Infizierten
       zu spät getrennt worden, teilt sie nicht und weist auch die Behauptung der
       Flüchtlinge zurück, der Landkreis als Wohnheimträger würde die Bewohner
       schlecht informieren. Informationen seien schriftlich in 14 Sprachen
       verteilt worden.
       
       ## Infos über Videoclips
       
       „Es gab darüber hinaus persönliche Gespräche mit den Bewohnerinnen und
       Bewohnern. Außerdem kamen Videoclips zum Einsatz. Grundsätzlich fühlt sich
       der Landkreis Oberhavel dem Schutz der Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft
       besonders verpflichtet.“
       
       Brandenburgs Integrationsbeauftragte Doris Lemmermeier, die die Einrichtung
       letzte Woche besuchte und über den Zaun mit den Bewohnern sprach, mahnt
       hingegen eine Kommunikation auf Augenhöhe an. Sie sagt: „Jetzt ist es
       besonders wichtig, dass möglichst schnell WLAN bereitgestellt wird.“
       
       Die Forderung von Flüchtlingen und Flüchtlingsrat, bestimmte Bewohner in
       Wohnungen oder freie Hotelzimmer zu bringen, unterstützt der Landkreis
       nicht. „Eine Verteilung auf andere Standorte ist aktuell nicht geplant“,
       sagt Sprecherin Ivonne Pelz. Eine Statistik der Risikogruppen dürfe der
       Landkreis aus Datenschutzgründen gar nicht erheben. Und wegen des
       Wohnungsmangels im Berliner Speckgürtel fänden die Bewohner schwer eigene
       Wohnungen.
       
       Die Stadt Potsdam ging anders vor: Nachdem es in einem Flüchtlingsheim zu
       einem Corona-Ausbruch gekommen war, verteilte sie nicht infizierte
       Bewohner auf Ferienwohnungen.
       
       7 May 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marina Mai
       
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