# taz.de -- DGB-Demo am 1. Mai in Berlin: Schaulaufen der Arbeitskämpfe
       
       > Die 6.000 Teilnehmer:innen der Gewerkschaftsdemo in Berlin stimmen
       > sich auf kommende Auseinandersetzungen ein. Nicht alle sind begeistert
       > vom DGB.
       
 (IMG) Bild: Parteiprominenz, Kommunisten, Bier und Bratwurst: Die DGB-Demo am 1. Mai auf der Karl-Marx-Allee in Berlin-Mitte
       
       BERLIN taz | Voran schreiten die Gewerkschaftssekretäre und
       Parteiprominenz, hinten rufen kommunistische Gruppen zum Klassenkampf auf,
       am Ende gibt es Bier und Bratwurst – die traditionelle Demo des Deutschen
       Gewerkschaftsbunds blieb auch in diesem Jahr ihrem Konzept treu. Rund 6.000
       Menschen liefen bei sonnigstem Wetter unter dem Motto „Mehr Lohn, mehr
       Freizeit, mehr Sicherheit“ über die Karl-Marx-Allee zur Schlusskundgebung
       vor dem Roten Rathaus.
       
       Trotz ausbleibender Überraschungen war der diesjährige Auftakt zum 1. Mai
       alles andere als inhaltsleer. Die Teilnehmer:innen boten ein
       [1][Schaulaufen aktueller gewerkschaftlicher Kämpfe]. Ob GEW, NGG, FAU,
       IGBAU – das Meer an Gewerkschaftsfahnen weckte Erinnerungen an einen
       bekannten Fanta-4-Song.
       
       Neben dem Kampf für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen war die
       Sparpolitik in diesem Jahr ein bestimmendes Thema: „Wir sind es, die diese
       Stadt am Laufen halten, wir müssen uns gegen den Sozialabbau wehren“,
       schallte es vom Lautsprecherwagen. Vor allem dem Sozialbereich drohen
       angesichts der sich anbahnenden Haushaltskrise harte Einschnitte.
       
       „Die Daseinsvorsorge in dieser Stadt geht den Bach runter“, sagte
       Vivantes-Beschäftigte Susanne, die ihren Nachnamen lieber nicht nennen
       will. Statt zu sparen, [2][brauche es eine solide Ausfinanzierung des
       Gesundheitsbereichs].
       
       ## Inflation frisst Tarifabschlüsse
       
       Ungeachtet knapper Kassen sind die im öffentlichen Dienst Beschäftigten
       weiterhin entschlossen, für Lohnerhöhungen zu kämpfen. „Es ist ein
       Verteilungskonflikt. Die Frage ist: Wer macht am meisten Druck?“, sagte
       Stefan Bornost, Verdi-Gewerkschaftssekretär im Bereich Abfallwirtschaft.
       Die Beschäftigten der BSR waren am Mittwoch zahlreich vertreten, sogar ein
       eigenes Kehr-Mobil hatten sie mitgebracht.
       
       Im öffentlichen Dienst stehen nächstes Jahr wieder Tarifverhandlungen an,
       Bornost hofft, dieses Mal echte Reallohngewinne erzielen zu können. Die
       bisherigen Abschlüsse waren zwar sehr hoch, wurden bislang aber alle
       wieder von der Inflation aufgefressen. „Der 1. Mai ist für uns auch der
       Start für die nächste TVÖD-Kampagne“, so der Gewerkschaftssekretär.
       
       ## „Der DGB steht hinter dem Kapital“
       
       Weiter hinten, im klassenkämpferischen Block, wollte man vom Selbstlob der
       etablierten Gewerkschaften nicht viel hören: „Wir können uns auf den DGB
       nicht verlassen. Die stehen hinter dem Kapital“, so Joleen Haupt von
       „Betriebskampf“, einer Vernetzung „klassenkämpferischer Arbeiter:innen“.
       Als Beispiel nannte Haupt den im Dezember abgeschlossenen Tarifabschluss
       für den öffentlichen Dienst der Länder, der für die Beschäftigten rund 10
       Prozent mehr Lohn bedeutete. „Klingt viel, aber wenn man sich anschaut, wie
       stark die Preise gestiegen sind, ist es das nicht.“
       
       Dazu kommt, berichtete Haupt, dass die Gewerkschaften sich nicht genug um
       die nicht tarifgebundenen Beschäftigten kümmerten. Dabei bekämen gerade die
       im Sozialbereich weniger Lohn als die direkt beim Land beschäftigten
       Kolleg:innen. Derzeit weigert sich der Senat, den Beschäftigten freier
       Träger die eigentlich schon zugesicherte Hauptstadtzulage von 150 Euro im
       Monat zu bezahlen.
       
       Mehr noch vermutet Haupt, dass es zu einem [3][massiven Stellenabbau im
       Sozialbereich] kommen wird: „Ich fürchte, wir werden bald wie in den nuller
       Jahren massenweise arbeitslose Sozialarbeiter:Innen haben.“
       
       ## Rufe nach Ende der Waffenlieferungen an Israel
       
       Aufällig, aber wenig überraschend, war auch der Nahostkonflikt Thema auf
       der diesjährigen Demo. „Gazakrieg stoppen, Menschenleben retten“ stand auf
       einem Transparent, das Mitglieder des Arbeitskreises Frieden der
       Bildungsgewerkschaft GEW vor sich hertrugen.
       
       Die vom Arbeitskreis gegründete Initiative „Gewerkschafter:innen für
       Gaza“ setzt sich für einen Stopp deutscher Waffenlieferungen an Israel ein.
       „Wir sind eine Initiative von unten. Die Gewerkschaftsleitung schweigt
       dazu“, kritisierte Rainer Witzel vom AK Frieden.
       
       Hinter der Forderung steht der langgehegte Wunsch nach politischen Streiks,
       die nach aktueller Rechtsauslegung verboten sind. „Dass in Deutschland
       Häfen mit Rüstungsexporten bestreikt werden wie in Italien, davon sind wir
       noch meilenweit entfernt“, so Witzel.
       
       1 May 2024
       
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 (DIR) Jonas Wahmkow
       
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