# taz.de -- Debatte über Stadtautobahn: Linke will A 100 ausbremsen
       
       > Die Verlängerung der Stadtautobahn wird erneut zum Wahlkampfthema. Die
       > Linke schlägt dem Koalitionspartner Grüne jetzt eine Guerillataktik vor.
       
 (IMG) Bild: Könnte auch ein Schwimmbad werden: Trog der A-100-Verlängerung
       
       BERLIN taz | Was tun mit der A 100? „Rückbau“, forderte die grüne
       Spitzenkandidatin fürs Rote Rathaus, Bettina Jarasch, auf einem Parteitag
       im März und meinte den 3,2 Kilometer langen Abschnitt, der gerade entsteht
       – die geplante Verlängerung nach Friedrichshain solle erst gar nicht
       kommen. Weil aber die Entscheidungsgewalt über die Autobahn beim Bund
       liegt, ändert sich erst einmal gar nichts. Es sei denn, die
       Senatsverwaltung für Verkehr griffe einen kreativen Vorschlag der
       Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg auf.
       
       Gennburg hält das Direktmandat im Wahlkreis, zu dem Alt-Treptow gehört.
       Ihre WählerInnen wären also von Lärm und Staus betroffen, wenn die
       Stadtautobahn 2024 an der Straße Am Treptower Park enden würde. Die
       Linkenpolitikerin ist ein Fan der Rückbau-Idee und hat definitiv andere
       politische Prioritäten als Straßenbau: „Auf den Fundamenten des 16.
       Bauabschnitts ließe sich eine große Zahl an Wohnungen bauen“, findet sie.
       „Ein Schwimmbad wäre sicherlich auch eine Möglichkeit.“
       
       Damit in Sachen Weiterbau nicht fröhlich weiter Fakten geschaffen werden,
       wollte Gennburg in einer Anfrage an die Senatsverkehrsverwaltung wissen,
       welche Bautätigkeiten das Land beim 16. Bauabschnitt zwischen Dreieck
       Neukölln und Am Treptower Park in Eigenverantwortung durchführt. „Keine“,
       lautete die Antwort von Staatssekretär Ingmar Streese, die der taz
       vorliegt. „Die Zuständigkeit für Planung, Bau, Betrieb, Erhaltung,
       Finanzierung und vermögensmäßige Verwaltung der Bundesautobahnen liegt seit
       dem 1. Januar 2021 nicht mehr bei den Bundesländern im Rahmen der
       Auftragsverwaltung, sondern bei der Autobahn GmbH des Bundes (Die
       Autobahn)“, zitiert Streese ebenjene Bundes-Gesellschaft.
       
       Das war im Prinzip bekannt. Allerdings erfuhr Gennburg in diesem
       Zusammenhang auch, dass rund um die geplante Anschlussstelle Am Treptower
       Park alle „Leitungsunternehmen“ Baumaßnahmen durchführen müssen. Nicht nur
       die vorerst noch private Stromnetz Berlin GmbH, sondern auch die
       landeseigenen Berliner Wasserbetriebe.
       
       Für die Abgeordnete ein möglicher Hebel: „Die Senatsverwaltung für
       Wirtschaft und Betriebe hätte die Möglichkeit, per Gesellschafteranweisung
       klarzustellen, dass es Am Treptower Park vorerst keine Mitwirkung der
       Wasserbetriebe gibt. Planungs- und Baukapazitäten werden ja auch für andere
       Projekte im Land dringend benötigt.“
       
       ## „Kapazitäten nicht verschleudern“
       
       Aber auch die ebenfalls grüne Verkehrsverwaltung könnte einen Beitrag dazu
       leisten, die A 100 auszubremsen, glaubt Gennburg: „Die
       Baustellenanordnungen und Verkehrsregelungen, die mit dem 16. Bauabschnitt
       zusammenhängen, werden von der Abteilung Verkehrsmanagement in der
       Senatsverwaltung getroffen“, sagt sie zur taz, „und die hat bei der
       Priorisierung der Verkehrswende schon genug zu tun“. Ihre Kapazitäten
       würden viel dringender bei der Anordnung neuer Pop-up-Radwege oder der
       verkehrssicheren Umprogrammierung von Ampeln gebraucht. „Beim Bau von
       Autobahnen sollten sie nicht verschleudert werden.“
       
       Den Weiterbau behindern, indem man unterstützende Maßnahmen zurückfährt?
       Wäre das nicht … Sabotage? Mit einem solchen Begriff möchte Gennburg nicht
       in Verbindung gebracht werden. Sie nimmt einfach den Einsatz gegen die
       Autobahnverlängerung ernst und Bettina Jarasch beim Wort: „Der Rückbau der
       A 100 ist der politische Endgegner“, sagt sie. „Versprechen werden im
       Wahlkampf viele gemacht. Es geht darum, sie jetzt schon in Handlungen
       umzusetzen.“
       
       Während es in Jaraschs Team durchaus Sympathien für Gennburgs radikalen
       Ansatz geben dürfte, kommt von der mit Senatorin Regine Günther ebenfalls
       durch eine Grüne geleiteten Verkehrsverwaltung – beredtes Schweigen. Schon
       nach der ersten Nennung des Begriffs „Rückbau“ auf dem Parteitag hatte die
       Senatsverwaltung gegenüber der taz kundgetan, sie werde dazu nicht Stellung
       nehmen, weil ein Teil der Landesregierung „nicht als Player im Wahlkampf
       auftreten“ dürfe.
       
       ## Was will der Senat?
       
       Auch in ihrer Anfrage hatte Gennburg das wissen wollen: Ob der Senat es
       „vor dem Hintergrund, dass in der Landespolitik derzeit ein Rückbau bzw.
       eine Herabstufung zur Stadtstraße für den 16. Bauabschnitt der A 100
       diskutiert wird“, für sinnvoll erachte, die Arbeiten für die
       Anschlussstelle fortzusetzen? Anstatt alle Kapazitäten „in den Bau von
       Radwegen, Kiezblocks und Straßenbahnanlagen zu stecken, bevor die Frage des
       künftigen Umgangs nach der Wahl politisch geklärt ist“?
       
       Die Antwort ist maximal nichtssagend: „Die Autobahngesellschaft des Bundes
       handelt auf der Basis eines rechtsgültigen Planfeststellungsbeschlusses in
       eigener Verantwortung“, teilt Streese mit. Wahrscheinlich ist man im Hause
       Günther der Ansicht, die grüne Spitzenkandidatin hätte zur A 100 besser
       geschwiegen.
       
       5 May 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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