# taz.de -- Debatte über höhere Benzinpreise: Ignorante Vorwürfe > Die Linken-Politikerin Mohamed Ali demonstriert mit ihrer Kritik an > Baerbock peinliches Unwissen. Die Liberalen und Konservativen können sich > freuen. (IMG) Bild: Sollte kritisieren statt polemisieren: Linkspartei-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali [1][Klimaschutz und Sozialpolitik] gehören untrennbar zusammen, gleichgültig aus welcher Richtung man denkt. Denn nur eine Begrenzung der Klimaerhitzung auf ein erträgliches Maß ermöglicht eine halbwegs gerechte, für alle Menschen lebenswerte Welt. Und nur wenn die Bedürfnisse armer Menschen beim Pariser Klimaschutzziel mitgedacht werden, wird es auf Dauer Mehrheiten für ökologische Maßnahmen geben. Wer Klimaschutz und Sozialpolitik gegeneinander ausspielt, gefährdet beide Anliegen. Wie man eine sozialökologische und mehrheitsfähige Wende hinbekommt, ist deshalb das wichtigste Thema des Wahlkampfes – und das aktuelle Debattenniveau wird dem leider nicht gerecht. Da wäre zum Beispiel [2][Linkspartei-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali], die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock „unerträgliche Arroganz“ bescheinigt. Jene hatte gesagt, dass angesichts eines höheren [3][CO2-Preises] auch der Benzinpreis um bis zu 16 Cent steigen müsse. Menschen mit kleinem Einkommen träfe das wirklich, während Reiche problemlos volltankten, wettert Mohamed Ali. Die Attacke ist dumm und unpräzise, aus mehreren Gründen: Erstens hat die Große Koalition den CO2-Preis eingeführt, nicht die grüne Partei. Zweitens ignoriert Mohamed Ali einen wichtigen Punkt: Die Grünen wollen die Einnahmen aus dem höheren CO2-Preis an alle BürgerInnen wieder ausschütten. ## Eine Frage der Gerechtigkeit Dieses Energiegeld würde arme Menschen besserstellen als Reiche, weil jene weniger Energie verbrauchen. Aber der Ausgleich der Grünen tariert bei Weitem nicht alle Ungerechtigkeiten aus. Ein alleinstehender Handwerker aus einem Dorf in Brandenburg, der mit seinem alten Dieseltransporter Aufträge in der ganzen Region erledigt, stünde schlechter da als die in der Innenstadt lebende Familie, die ihre Wege mit dem Rad erledigen kann. Deshalb braucht es auch hier Streit über die beste Lösung, aber er sollte präzise und fair geführt werden – die Grünen agieren mehr über Preis-, die Linken mehr über Ordnungspolitik. Unproduktive Schaukämpfe befördern zwei Dinge. Liberale und Konservative, die sozialer Ausgleich beim Klimaschutz wenig interessiert, reiben sich die Hände. Die Union ist für einen höheren CO2-Preis, aber gegen höhere Spritpreise. Das ist paradox. Und sie hat bisher keine Idee, wie Belastungen für Niedrigverdiener vermieden werden könnten. Sie wäre ein lohnendes Ziel für linke Kritik. Gefährlich aber ist es, durch Polemik Menschen in dem Klischee zu bestärken, Klimaschutz sei nur etwas für Besserverdiener. Das kann eine linke Politikerin nicht wollen. 1 Jun 2021 ## LINKS (DIR) [1] /Debatte-um-Abgabe-auf-CO2/!5588212 (DIR) [2] /Linken-Politikerin-ueber-Soziale-Berufe/!5675822 (DIR) [3] /Fossile-Energie-und-Klimaschutz/!5766273 ## AUTOREN (DIR) Ulrich Schulte ## TAGS (DIR) Annalena Baerbock (DIR) Benzinpreise (DIR) Amira Mohamed Ali (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 (DIR) Grüne (DIR) Die Linke / Linkspartei (DIR) Schwerpunkt Klimawandel (DIR) Soziale Gerechtigkeit (DIR) Annalena Baerbock (DIR) Schwerpunkt Klimawandel (DIR) CO2-Emissionen (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 (DIR) Kolumne Die eine Frage (DIR) Schwerpunkt Klimawandel (DIR) Schwerpunkt Iran ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Lebenslauf von Annalena Baerbock: Hochgradig unprofessionell Auch bei Baerbocks Mitgliedschaften im Lebenslauf waren nun grobe Fehler. Das ist eine peinliche Pannenserie. Was hat das Wahlkampfteam sich gedacht? (DIR) Streit über Benzinpreis-Erhöhung: Alle gegen Baerbock Im Streit über höhere Spritpreise wird die Grünen-Chefin breit kritisiert. Umweltverbände warnen vor einem „unredlichen“ Wahlkampf auf Kosten des Klimas. (DIR) Klimaschutz und CO2-Preis: Die Ärmsten entlasten Die Stiftung Klimaneutralität schlägt vor, wie ein steigender CO2-Preis kompensiert werden kann. Zum Beispiel durch die Abschaffung der EEG-Umlage. (DIR) Debatte über höhere Benzinpreise: Auch Linke wollen Autofahrer ärgern Die Linkspartei kritisiert Annalena Baerbock, weil sie einen höheren Benzinpreis fordert. Dabei will die Linke Verbrennerautos gleich ganz verbieten. (DIR) Annalena Baerbock und Klimaschutz: Eine für alle Sprechen ist nicht Handeln. Und: Interessiert es das Klima, wenn eine jüngere Frau eine ältere als Kanzlerin ablöst? (DIR) taz-Community über Klima und Klassismus: „Fokus auf Konsum ist ineffektiv“ Die Klimakrise trifft arme Menschen am härtesten – diese sind aber oft von Debatten ums Klima ausgeschlossen. taz-Leserinnen berichten von Klassismus. (DIR) Proteste im Iran: Sieht so Solidarität aus? Seit mehreren Tagen protestieren die Menschen im Iran gegen die Benzinpreiserhöhung. Linke im Westen unterstützen sie kaum.