# taz.de -- Die Grenze von Litauen nach Belarus: Pushbacks sind der Normalfall
       
       > Litauen hat seine Grenze zu Belarus komplett modernisiert. Geflüchtete
       > kommen immer noch – und werden zurückgebracht. Ein Besuch an der Grenze.
       
 (IMG) Bild: Videokameras überwachen die Grenze zwischen Litauen und Belarus
       
       VILNIUS UND DIEVENIšKėS taz | Dovydas und Gediminas sind litauische
       Grenzschutzbeamte im Grenzposten Žagunio. Der liegt im Dorf Dieveniškės, 70
       Kilometer von der Hauptstadt Vilnius und sechs Kilometer von der
       belarussischen Grenze entfernt. Ihre Nachnamen wollen sie nicht in der
       Zeitung lesen. Englisch sprechen die beiden kaum, Russisch wollen sie seit
       dem [1][Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine am 24. Februar 2022]
       möglichst vermeiden. Mitte Juli fahren wir eine Stunde lang gemeinsam
       Streife entlang der litauisch-belarussischen Grenze. Warum? „Schmuggel und
       illegaler Handel“, sagt Gediminas. Die 502 Kilometer lange Barriere aus
       einem Zaun und Stacheldraht wirkt wie ein Gefängnis an dieser Außengrenze
       der EU. „Menschen versuchen trotzdem rüberzuklettern.“
       
       Ein unmögliches Unterfangen. 679 Kilometer Grenze verlaufen zwischen
       Litauen und Belarus – da, wo der Zaun die Grenze nicht abriegeln kann,
       übernehmen Flüsse und Seen diese Funktion. Eine physische Grenze verläuft
       auch an der litauischen-russischen Grenze im Westen, an der Exklave
       Kaliningrad – 30 Kilometer Zaun, 236 Kilometer Grenzflüsse und -seen.
       
       Direkt an der Grenze entlang fahren die beiden Grenzbeamten, Mitte 20 und
       Anfang 30 Jahre alt, selten mit dem modernen Geländewagen der litauischen
       Grenzpolizei (VSAT). Überwacht wird der Grenzbereich seit 2021 vor allem
       Videokameras, die im Abstand von je etwa 20 Metern installiert sind.
       „Streife fahren wir vor allem im Dorf“, erklärt Dovydas. Im Dorf, aber auch
       allgemein auf den ersten fünf Kilometern ab dem Grenzzaun ins Land hinein,
       denn erst danach gelten die Geflüchteten als in Litauen angekommen. Unter
       ihnen sind vor allem Menschen aus dem Nahen Osten und Afrika.
       
       In den kaum bewohnten Grenzdörfern sind gelegentlich alte Menschen im
       Gemüsebeet oder kleine Kinder in fast märchenhaft erscheinenden
       Holzsommerhäusern zu sehen. „Ja, die Russen kommen!“, sagt die 80-jährige
       Maria, die Wasser aus dem Brunnen im Garten pumpt. Es ist mehr ein Gefühl
       der Bedrohung, als dass tatsächlich „die Russen“ vor der Tür stehen, seit
       Russland im Februar 2022 die Ukraine angegriffen hat. „Lukaschenko schickt
       alle hierher“, äußert sich der 75-jährige Viktor, der durch die Felder an
       der Grenze spazieren geht und dem Geländewagen der Grenzpolizisten winkt.
       
       Das Grenzschutzsystem hat Litauen bereits vor zwei Jahren begonnen komplett
       zu modernisieren. Grund war, dass im August 2021 Tausende Flüchtlinge aus
       Belarus nach Polen und Litauen kamen. Wenn die Grenzbeamten des
       südlitauischen Postens heute über „Schmuggel“ sprechen, meinen sie diese
       Geflüchteten. Sie wurden vom belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko
       gezielt in Richtung Europäische Union (EU) geschickt, um Druck auf den
       Staatenverbund auszuüben. Damals sorgten Bilder von der polnischen Grenze,
       die in internationalen Medien verbreitet wurden, weltweit für Empörung.
       
       Insgesamt wurde zwischen August und Dezember 2021 8.106 Menschen die
       Einreise nach Litauen verweigert. Seitdem führt der litauische
       Grenzschutzdienst tägliche Statistiken, die auf der offiziellen Webseite
       veröffentlicht werden. Darunter sind nicht nur Zahlen von Menschen, die an
       der Grenze einen Asylantrag gestellt haben, sondern auch von sogenannten
       Pushbacks, wenn Menschen, die nicht einreisen dürfen, zurück nach Belarus
       geführt werden.
       
       „Die litauische Grenzpolizei führt keine 'Pushbacks’ durch“, behauptet
       hingegen der Leiter des staatlichen Grenzschutzdienstes, General Rustam
       Liubaev, im Gespräch mit der taz in der Hauptzentrale des
       Grenzschutzdienstes in Vilnius. „Wenn sie an der grünen Grenze, den ersten
       fünf Kilometern, erwischt werden, werden sie zu den Checkpoints gebracht.“
       Es geht, wie so oft, um eine Formulierung: Die litauischen Behörden
       sprechen von „Umkehrungen“ (apgręžimai), während Medien und NGOs von
       „Pushbacks“ sprechen (atstūmimai). Auf der VSAT-Webseite lässt sich die
       Jahreszusammenfassung abrufen: In diesem Jahr wurden bis Ende Juli 1.376
       Menschen zurückgewiesen. Im gesamten Jahr 2022 waren es 11.211. Auch
       tagesgenaue Zahlen gibt es: „Illegale Migranten, denen die Einreise aus
       Belarus verweigert wurde: 14 nach Litauen, 12 nach Lettland und 54 nach
       Polen“, heißt es am Nachmittag des 25. Juli. Bei diesen geringen Zahlen
       lässt sich nicht von Massenflucht und Krisensituation sprechen. „Doch“,
       antwortet Liubaev, „um eine Lage als Notlage einzustufen, zählen nicht nur
       Geflüchtetenzahlen, sondern auch andere Faktoren: Seit dem Beginn des
       russischen Angriffskrieges ist die Grenzlage als hochgefährlich eingestuft
       worden.“
       
       Gefragt nach gesonderten Sicherheitsmaßnahmen gegen einen möglichen Angriff
       der Wagner-Söldner, die seit dem gescheiterten Aufstand ihres Anführers
       Jewgeni Prigoschin Ende Juni nach Angaben des belarussischen
       Verteidigungsministeriums [2][in Belarus stationiert] sind, reagiert der
       Grenzschutz-Leiter entspannt. „Wir haben keine konkreten Angaben darüber,
       wir beobachten die Lage. Auf nationaler, auf Nato- und EU-Ebene. Die Grenze
       ist bereits auf der höchsten Alarmstufe, mehr können wir nicht
       unternehmen.“ Die Regierung des benachbarten Polens schätzt, dass
       mindestens 1.000 Wagner-Söldner etwa 80 Kilometer von Minsk entfernt
       kampieren. Dann klingelt das Festnetz des Generals und er bittet mich, sein
       Büro zu verlassen. „Höchste Sicherheitsstufe“, flüstert mir seine
       Assistentin zu und begleitet mich ins Vorzimmer. Zwei Wochen später wird
       dann bekannt, [3][dass polnische Panzer und Truppen in Richtung Belarus als
       Reaktion auf einem möglichen Wagner-Angriff] verlegt werden sollen.
       
       Im Nachgang des Gesprächs schickt sie mir eine Mail mit den offiziellen
       Beschlüssen der Regierung und des Parlaments Litauens: „Am 24. Februar 2022
       wurde wegen der [4][instrumentalisierten illegalen Migration] per
       Präsidialdekret der Ausnahmezustand verhängt – aber auch wegen der
       möglichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf Litauen. Der Ausnahmezustand
       wurde anschließend durch Dekrete des litauischen Parlaments, Seimas,
       verlängert und am 3. Mai 2023 wieder aufgehoben.“ Also doch: offiziell
       keine Notlage. „Pushbacks“ werden trotzdem weiterhin durchgeführt – und
       deren Zahlen täglich offiziell verkündet.
       
       In Litauen galt seit dem 3. August 2021 für Grenzschutzbeamte das durch das
       Innenministerium gewährte Recht, irreguläre Geflüchtete zurückzuweisen, die
       versuchen, die Grenze von Belarus aus an unerlaubten Orten zu überqueren.
       Am 25. April dieses Jahres verabschiedete das litauische Parlament mit 69
       Ja-, 7 Neinstimmen und 24 Enthaltungen ein Gesetz, das es
       Grenzschutzbeamten generell erlaubt, Geflüchtete, die das Land irregulär
       betreten, zurückzuschicken. Das Wort „Pushback“ taucht nicht im Gesetz auf
       – erneut eine Frage der Formulierung.
       
       Am Tag der Abstimmung demonstrierten vor dem litauischen Präsidentenpalast
       mehrere Menschenrechtsaktivist*innen und NGOs und forderten ein Veto
       des Präsidenten – sie bauten einen Stacheldraht und nutzten ihn als Netz
       beim Ballspielen, als wären die Bälle Menschen, die hin- und hergeschickt
       würden. Eine von ihnen war Sienos Grupė (Grenzgruppe), zu der die junge
       Fachanwältin für Migration Emilija Švobaitė gehört. Gegründet wurde die
       Organisation im August 2021, um Geflüchtete zu schützen. Offiziell
       registriert als NGO ist sie seit August 2022 – fast gleichzeitig mit der
       kompletten Fertigstellung des Zauns. „Nur die, die richtig schwer krank
       sind – zum Beispiel wegen amputierter Gliedmaßen durch unzählige kalte
       Nächte im Wald –, dürfen nach Litauen einreisen“, sagt Švobaitė beim
       Kaffeetrinken, zehn Minuten zu Fuß von der Zentrale der Grenzschutzbehörde
       in Vilnius.
       
       Internationale Gesetze und Verträge wie die Europäische
       Menschenrechtskonvention und die Flüchtlingskonvention von 1951 verbieten
       Kollektivausweisungen und die Rückführung von Personen in ein Land, in dem
       ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Das litauische Recht sieht
       auch zivile Grenzschutzbeamte vor – [5][ähnlich dem ungarischen
       „Grenzjäger“-Modell.] Ungarn steht an der Spitze der europäischen Länder,
       in denen Geflüchtete mit „systematischer Gewalt“ behandelt werden. Mehrere
       NGOs versuchten noch in diesem April, mit der litauischen Regierung eine
       Liste von nicht sicheren Drittländern auszuhandeln. Sie sollte als
       Richtlinie für Grenzbeamte und als Schutz vor systematischen „Pushbacks“
       dienen. Die Regierung ließ sich zunächst darauf ein – lehnte den Vorschlag
       dann kurzfristig doch ab.
       
       Die litauische Grenzgruppe arbeitet in Koordination mit der polnischen NGO
       Grupa Granica. Ein Kooperationsversuch mit der belarussischen NGO Human
       Constanta mündete vor ein paar Jahren in einer Razzia bei der
       belarussischen Kontaktperson. Auch die Grenzgruppe wurde an Weihnachten
       2021 angeklagt, weil sie innerhalb der grünen Grenze einen Krankenwagen für
       Geflüchtete angefordert hatte. Das Verfahren wurde eingestellt, aber die
       NGO wurde der Öffentlichkeit als kriminelle Organisation präsentiert.
       
       „Unsere historische Identität basiert auf Angst. Dies ist einer der Gründe
       warum wir die Ukraine so stark unterstützen, denn wir haben Angst, wieder
       besetzt zu werden“, erzählt die junge Rechtsanwältin und Aktivistin
       Švobaitė. Im Jahr 1918 erklärte sich Litauen als unabhängig. 1940 drang die
       Rote Armee ein. Von 1941 bis 1944 wurde das Land von der Wehrmacht besetzt.
       Ab 1944 war die Litauische Sozialistische Sowjetrepublik eine
       Unionsrepublik der Sowjetunion. 1990 erklärte sich das Land wieder
       unabhängig. Angst sei auch der Grund, dass die litauische Bevölkerung die
       Antimigrationsmaßnahmen der Regierung als „nationales Sicherheitsinteresse“
       verstehe, sagt Švobaitė.
       
       Anfang Juni erklärte das litauische Verfassungsgericht eines der
       Migrationsgesetze für verfassungswidrig. Seitdem ist die Inhaftierung von
       Geflüchteten nicht mehr erlaubt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) sprach
       sich zudem gegen die systematische sechs Monate dauernde Inhaftierung von
       Geflüchteten in Litauen aus.
       
       Laut litauischen NGOs lebten zum Beispiel mehr als 300 Männer, die meisten
       Iraker, im umzäunten Lager Rūdninkai, fast 60 Kilometer nordwestlich von
       dem Grenzdorf Dieveniškės entfernt. Verlassen durften sie es nicht. Nach
       der Verfassungsgerichtsentscheidung blieb die christdemokratische
       litauische Innenministerin Agnė Bilotaitė gelassen. „Sie meinte, sie würde
       weiterhin dieses Gesetz anwenden, selbst wenn es verfassungswidrig sei. Was
       für ein gefährliches Signal für die Demokratie!“, warnt Švobaitė. „Die
       litauische Bevölkerung unterstützt die Innenministerin weiterhin.“
       
       Professoren und Experten in Verfassungsrecht in Litauen sind sich einig,
       dass das neue „Pushbacks“- Gesetz verfassungswidrig ist. Mehrere NGOs,
       unter anderem die Grenzgruppe, haben sich zusammengetan, um ein Fünftel der
       Parlamentsabgeordneten zu gewinnen. So könnte eine Verfassungsbeschwerde
       gegen das Gesetz eingereicht werden. Alternativ versucht die Grenzgruppe
       eine geflüchtete Person zu finden, die Opfer eines Pushbacks war, um dann
       ein rechtliches Verfahren anzustoßen. Auf EU-Ebene, in eine Klage des EuGH
       setzt jedoch die NGO „Grenzgruppe“ wenig Hoffnung. Švobaitė weiter: „Auch
       Griechenland und Italien und weitere Länder sollten vor Gericht gebracht
       werden, doch das wird nicht passieren.“
       
       Der parteiunabhängige litauische Präsident Gitanas Nausėda positionierte
       sich in den letzten Wochen zunächst gegen eine Grenzschließung. „Aber die
       kommt ganz sicher“, meint die NGO-Vertreterin. Denn Nausėda spricht wieder
       von Instrumentalisierung und hybridem Krieg in Bezug auf Belarus. Nicht nur
       in Zusammenhang mit nicht-europäischen Geflüchteten, vor allem aus dem
       Irak, Nigeria oder der Demokratischen Republik Kongo, die durch eine
       erleichterte belarussische Visapolitik nach Minsk gebracht würden, um dann
       illegal weiter in die EU zu reisen. Sondern jetzt geht es dabei auch um die
       Wagner-Söldner.
       
       General Rustam Liubaev, der zwischen 2007 und 2012 die gemeinsame
       Einsatzeinheit bei Frontex in Litauen leitete, fuhr etwa selber 2021 und
       2022 ins kurdische Erbil und weiter in den Irak, um sich ein Bild zu
       machen. 80 Prozent der Geflüchteten im Sommer 2021 kamen aus einer
       spezifischen Region, in der Belarus neue Konsularvertretungen eröffnet
       hatte.
       
       Gefragt, ob die litauische Grenzpolizei mit den belarussischen Kollegen
       zusammenarbeitet, reagiert der General forsch: „Das sind Schmuggler, die
       einerseits Geld von den Geflüchteten bekommen und die andererseits mit
       Lukaschenkos Regime zusammenarbeiten. Gemeldet wurde schon oft, dass die
       belarussischen Grenzbeamten nicht nur die Geflüchteten aggressiv nach
       Litauen und Polen schicken, sondern auch den Zaun zerschneiden und
       zerstören, um ihnen die Flucht zu erleichtern.“
       
       Emilija Švobaitė nimmt noch einen Schluck Kaffee im hippen Café im Zentrum
       von Vilnius. Dann schildert sie persönliche Schicksale, die sie oder ihre
       NGO begleitet haben. „Racial profiling“ ist für sie das Leitmotiv, denn
       selbst mit der im Zuge des Angriffskrieges eingeführten restriktiven
       Visapolitik gegenüber russischen Bürger*innen – und auch seit diesem
       Jahr zum Teil gegen belarussische Bürger*innen – sprechen die höheren
       Zahlen von „weißen, europäischen“ Asylbewerbern für sich.
       
       Arham etwa aus Pakistan wurde schwer krank in ein Krankenhaus in Vilnius
       gebracht; einige Wochen später verschwand er aus dem Krankenhaus – bis er
       über die NGOs in Minsk wiedergefunden wurde. Er würde von der Grenzpolizei
       umgehend zurückgeschickt, sobald sein gesundheitlicher Zustand im
       Krankenhaus sich verbessert hatte. „Nicht nur ist die Grenze eine graue
       Zone, generell sind die Grenzbeamten im ganzen Land ‚auf der Jagd‘, zum
       Teil auch weil einige Geflüchtete über Lettland nach Litauen kommen, um
       dann in weitere EU-Länder zu reisen“, berichtet Švobaitė.
       
       Sie erinnert sich an die Leiche eines 32-Jährigen aus Sri Lanka, die im
       vergangenen Januar im Neris-Fluss nahe der Grenze gefunden wurde. Seine
       Frau wurde über die litauische Botschaft in Sri Lanka über den Tod
       informiert und kontaktierte daraufhin die Grenzgruppe. Die wiederum
       schickte eine Anfrage an das Ministerium. Es stellte sich heraus, dass der
       Mann im Zentrum von Vilnius festgenommen und mitten in der Nacht im Wald an
       der Grenze von Grenzbeamten ausgesetzt worden war – sechs Monate lang hatte
       die Regierung über den Fall geschwiegen.
       
       Zu den nichteuropäischen Geflüchteten zählen auch Staatsbürger aus
       afrikanischen Staaten, deren Studentenvisa in Belarus abgelaufen sind und
       die versuchen, illegal die Außen-EU-Grenze zu überqueren. Die Grenzgruppe
       meldete zum Beispiel die brutale Deportation nach Nigeria und in die
       Demokratische Republik Kongo von einer Gruppe von Asylbewerbern, die
       bereits seit über einem Jahr mit Hilfe der NGO in Vilnius wohnten und
       arbeiteten. Mitten in der Nacht wurden sie in der Hauptstadt festgenommen,
       nach Brüssel in ein Flüchtlingslager und von dort weiter in die
       Herkunftsländer geflogen. Die litauische Regierung hat ebenfalls die
       Möglichkeit eingeführt, einen Asylantrag in der litauischen Botschaft in
       Belarus zu stellen – doch die NGOs prangern an, dass die Anträge einfach
       beiseite gelassen und nicht bearbeitet werden.
       
       Am Grenzposten Žagunio verabschieden wir uns mit einem heißen Tee, bevor
       Dovydas und Gediminas entlang der grünen Grenze und der Dörfer Streife
       fahren werden. Bei der Grenzschutzzentrale in Vilnius verschenkt
       Frontex-General Rustam Liubaev zum Abschied stolz kleine Schokoladentafeln.
       Sie sind mit Motiven der litauischen Grenzpolizei geschmückt: ein
       Rettungsschiff, ein Rettungshund, Geländewagen und Hubschrauber.
       
       Als ich dann auf dem Rückweg Richtung Berlin weiterhin an der Grenze
       entlangfahre, muss ich in Privalka an einem der fünf
       litauisch-belarussischen Checkpoints halten. Etwa zwanzig gestrandete Lkw
       stehen davor, nur wenige Autos mit belarussischem Kennzeichen warten in der
       Kontrollschlange. Neben dem Grenz-Imbiss stehen zwei Männer, unweit von
       zwei Taxis. Eine Geschichte der NGO-Aktivistin Emilija Švobaitė kommt mir
       plötzlich wieder in den Sinn: Sie hatte neulich den Taxidienst Bolt
       gerufen, der Fahrer erzählte ihr von der jüngsten Razzia bei Bolt-Fahrern.
       Die litauische Grenzschutzpolizei sei wohl einem Netzwerk von Taxifahrern
       aus Tadschikistan auf der Spur, das Geflüchtete von der
       litauischen-belarussischen Grenze bis an die polnische Grenze fahre.
       
       Etwa 70 Kilometer von diesem litauisch-belarussischen Checkpoint verläuft
       der sogenannte [6][Suwałki-Korridor, ein Gebiet entlang der Grenze zwischen
       Litauen und Polen, einzige Landverbindung der baltischen Staaten mit den
       übrigen Nato-Partnern]. Der 65,4 Kilometer Luftlinie bzw. 104 Kilometer
       Grenzboden lange Korridor ist das Territorium, das Kaliningrad von Belarus
       trennt.
       
       26 Jul 2023
       
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