# taz.de -- EU-Rüstungskonferenz in Brüssel: EU will Waffenproduktion ankurbeln
       
       > Die Ukraine braucht Waffen und Munition. Europas Rüstungskonzerne sollen
       > groß einsteigen. Auch vor Ort selbst soll produziert werden.
       
 (IMG) Bild: Im laufenden Jahr will Rheinmetall der Ukraine „Hunderttausende“ Granaten liefern, finanziert aus Mitteln der EU
       
       BRÜSSEL taz | Die Europäische Union will weiter aufrüsten – für die
       Ukraine. Aber auch mit der Ukraine und in dem von Russland angegriffenen
       Land selbst. Dies sagte EU-Chefdiplomat Josep Borrell am Montag bei einer
       Rüstungskonferenz in Brüssel. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba
       forderte eine europäische „Kriegswirtschaft“. „Wenn wir den Frieden in der
       EU erhalten wollen, müssen wir zu einer Kriegswirtschaft und -industrie
       übergehen“, sagte Kuleba per Videobotschaft. Er rief zudem zu mehr
       Investitionen auf. Die EU-Staaten müssten entweder die Verteidigung seines
       Landes finanzieren – oder selbst „liefern, liefern, liefern“.
       
       Es ist das erste Mal, dass sich die EU derart [1][in die Aufrüstung eines
       nicht verbündeten Drittstaats einbinden lässt]. Es ist auch das erste Mal,
       dass das „Rüstungsforum“ in Europa stattfindet. Die ersten beiden
       Waffenmessen zugunsten der Ukraine waren in Kyjiw und Washington abgehalten
       worden. Das dritte Treffen in Brüssel war nach Angaben der EU ein voller
       Erfolg: Mehr als 140 Rüstungsfirmen aus 25 EU-Ländern seien gekommen, um
       die Ukraine militärisch auszurüsten. „Wir haben die industriellen
       Kapazitäten, und wir haben das Geld“, erklärte Borrell. [2][Nun gehe es
       darum, „mehr und schneller“ Waffen zu produzieren.]
       
       Bisher liegt die EU weit hinter ihren eigenen Zielen zurück. So hatte sie
       der Ukraine bis März eine Million Artilleriegeschosse versprochen.
       Geliefert wurde nur etwa die Hälfte. Um die Produktion anzukurbeln, hat die
       EU-Kommission im März eine eigene Rüstungsstrategie vorgelegt und Geld aus
       dem EU-Budget reserviert.
       
       Allerdings dürften die bis 2027 vorgesehenen 1,5 Milliarden Euro kaum
       reichen, um den Nachholbedarf zu decken. Der zuständige
       Binnenmarktkommissar Thierry Breton räumte dies am Montag offen ein. „Wir
       wissen, dass es nicht genug ist“, sagte Breton. Doch ein Anfang sei
       gemacht. Die EU und die Ukraine hätten bei der Rüstungszusammenarbeit ein
       „neues Kapitel“ aufgeschlagen. Ziel sei es, die ukrainische
       Rüstungsindustrie zu einem „integralen Bestandteil“ des europäischen
       Verteidigungssektors zu machen, betonte er.
       
       ## Europa rüstet mehr auf denn je
       
       Schon jetzt sorgt die enorme Nachfrage nach Waffen und Munition dafür, dass
       große Waffenschmieden wie Rheinmetall ihre Produktion immer mehr auf die
       Ukraine ausrichten. Man sei bereits „der wichtigste rüstungsindustrielle
       Partner des Landes bei seinem Abwehrkampf gegen die russische Aggression“,
       brüstet sich der Düsseldorfer Konzern. Im laufenden Jahr will Rheinmetall
       der Ukraine eigenen Angaben nach „Hunderttausende“ Granaten liefern,
       finanziert aus Mitteln der EU.
       
       Unterstützt wird die Aufrüstung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck
       (Grüne). Ein Schwerpunkt seiner Arbeit sei jetzt auch,
       „Rüstungsindustrieminister“ zu sein, erklärte Habeck Ende April in Berlin.
       Ähnliche Stimmen kommen aus Paris. Verteidigungsminister Sébastien Lecornu
       drohte der Industrie zuletzt mit Beschlagnahmung, falls sie nicht schneller
       Waffen produziert.
       
       Noch vor ein paar Jahren wären diese Töne undenkbar gewesen. Schließlich
       schmückten sich die Europapolitiker in Brüssel, Berlin und Paris lange mit
       dem Friedensnobelpreis, der der EU 2012 in Oslo verliehen worden war. Noch
       2019, zu Beginn der Amtszeit von Kommissionspräsidentin Ursula von der
       Leyen, war Aufrüstung kein Thema. Nun beherrscht sie die EU-Agenda.
       Kritiker verweisen zwar weiter auf Artikel 41 (2) des EU-Vertrages, der es
       verbietet, „Ausgaben aufgrund von Maßnahmen mit militärischen oder
       verteidigungspolitischen Bezügen“ aus dem EU-Haushalt zu finanzieren. Doch
       sie werden kaum noch gehört.
       
       Europa rüstet sogar mehr auf denn je. [3][Nach Angaben des
       Friedensforschungsinstituts S]ipri lagen die Militärausgaben in Europa 2023
       insgesamt höher als in China. Mit 37 Prozent des Bruttoinlandsprodukts lag
       der Anteil der Verteidigungsausgaben in der Ukraine besonders hoch. Grund
       dafür ist die russische Invasion.
       
       6 May 2024
       
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