# taz.de -- Energie aus Russland: Das europäische Gas-Dilemma > Die EU will sich nicht von Russland erpressen lassen. Doch viele der > Mitgliedstaaten sind noch immer stark von russischen Lieferungen > abhängig. (IMG) Bild: Ursula von der Leyen bei einer Pressekonferenz am Mittwoch BRÜSSEL taz | Der Stopp russischer Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien hat bei der Europäischen Union in Brüssel hektische Betriebsamkeit ausgelöst. Die Europäische Kommission und Experten der 27 EU-Mitgliedstaaten suchten am Mittwoch in Krisensitzungen nach einer Antwort. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von Erpressung. „Die Ankündigung von Gazprom ist ein weiterer Versuch Russlands, uns mit Gas zu erpressen“, erklärte sie. Die EU sei aber vorbereitet: „Unsere Antwort wird umgehend, geschlossen und koordiniert sein.“ Sie werde sicherstellen, dass Gazproms Entscheidungen die geringstmöglichen Auswirkungen auf die Verbraucher haben, erklärte sie. Auch will die Kommission für volle Gasspeicher sorgen – vor allem durch den Bezug von Flüssiggas aus den USA. Es sei dem Kreml nicht gelungen, die EU zu spalten, betonte von der Leyen. Derweil bemühten sich die Experten der sogenannten Gas-Koordinierungsgruppe um eine abgestimmte Antwort auf die Störmanöver aus Moskau. Auch ein Sondertreffen der Energieminister ist geplant. Eine schnelle Lösung zeichnet sich allerdings nicht ab. ## Die EU steht vor einem Dilemma Die Europäische Union steht vor einem Dilemma. Einerseits bereiten die Europäer selbst ein [1][Embargo auf Öl und Gas aus Russland] vor, mit dem sie Kremlchef Wladimir Putin wegen des Angriffskriegs in der Ukraine bestrafen wollen. Andererseits können viele EU-Länder, darunter auch Deutschland, noch nicht auf die Gaslieferungen verzichten. Sie bereiten zwar den Ausstieg vor, sind aber noch auf Gazprom angewiesen. Dies führt zu allerlei Unstimmigkeiten. So reiste der österreichische Kanzler Karl Nehammer Mitte April nach Moskau, um in einem umstrittenen Gespräch mit Putin die nationale Gasversorgung zu sichern. Putin habe erklärt, dass in Euro weiter bezahlt werden kann, hieß es hinterher in Wien. Ungarns rechtslastiger Regierungschef Viktor Orbán wiederum erklärte sich bereit, zur Not auch in Rubel zu zahlen. Auch mehrere Energieversorger weichen von der offiziellen EU-Linie ab. So berichtet Bloomberg, dass vier Konzerne bereits in Rubel bezahlt hätten. ## Widersprüche allerorten Selbst die EU-Kommission verwickelt sich in Widersprüche. So hatte die Von-der-Leyen-Behörde in der vergangenen Woche erklärt, dass Zahlungen in Rubel nicht in jedem Fall einen Verstoß gegen die EU-Sanktionen darstellten. Die Behörde veröffentlichte dazu sogar einen Leitfaden. Am Mittwoch wollte von der Leyen davon aber nichts mehr wissen. Wer von der europäischen Linie abweiche und in Rubel zahle, verstoße gegen die Sanktionsbeschlüsse und müsse mit „hohen Risiken“ rechnen, sagte sie in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. Die Strafmaßnahmen sehen unter anderem vor, dass die russische Zentralbank nicht mehr auf ihre Devisenreserven im Ausland zugreifen kann. Damit sind Zahlungen in Euro und Dollar für Moskau weitgehend wertlos. Putin versucht nun, [2][mit dem Rubel dagegenzuhalten] und die Abhängigkeit der EU von russischem Gas und Öl auszunutzen. 27 Apr 2022 ## LINKS (DIR) [1] /Energie-Geschaefte-mit-Putin/!5851200 (DIR) [2] /-Nachrichten-im-Ukrainekrieg-/!5851178 ## AUTOREN (DIR) Eric Bonse ## TAGS (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Gas (DIR) Russland (DIR) Energie (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) LNG (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Robert Habeck (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Sanktionen gegen Russland: Pipelines als Druckmittel Seit Mitte Juni fließt kein Gas mehr von Russland nach Frankreich. Das Land setzt deshalb vermehrt auf die Lagerung von Flüssiggas. (DIR) Überblick zu Bundestagsbeschlüssen: Mehr Geld für alle Der Bundestag hat Steuererleichterungen beschlossen. Darunter die Verlängerung der Homeoffice-Pauschale, das 9-Euro-Ticket, Tankrabatt sowie Boni für Pflegepersonal. (DIR) Neue Sanktionen gegen Russland: EU berät über Öl-Embargo Deutschland spricht sich für ein Importverbot aus, Ungarn könnte eine Entscheidung hinauszögern. Auch die USA warnen vor vorschnellen Entscheidungen. (DIR) Kein russisches Gas für Bulgarien: Zwist in Sofia Der Gas-Stopp bringt die bulgarische Koalition in Not. Die Regierungspartner sind sich in der Haltung zu Moskau uneins. Putin schürt das Feuer. (DIR) Energie-Geschäfte mit Putin: Habecks Öl-Erfolg Ein deutsches Öl-Embargo wird den Krieg nicht stoppen und ist dennoch richtig. Es würde die Kosten für Putin empfindlich in die Höhe treiben. (DIR) +++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: Russland droht mit mehr Lieferstopps Ländern, die nicht mit Rubel zahlen, hat Russland mit Gaslieferstopps gedroht. Die Union schließt sich dem Ampel-Antrag zu Waffenlieferungen an. (DIR) Öl- und Gasembargo gegen Russland: Nichts in der Pipeline Welche Folgen hätte ein Gasembargo für Russland? Laut Experten ist das sibirische Gas zumindest mittelfristig kaum auf anderen Märkten zu verkaufen.