# taz.de -- Equal Pay der US-Fußballerinnen: Zeit für neue Ikonen
       
       > Die US-Spielerinnen haben gleiche Bezahlung erreicht. Gut so. Der extreme
       > mediale Erfolg ihres Kampfes ist aber auch imperial begründet.
       
 (IMG) Bild: Gar nicht so viel Anteil am globalen Ruhm: Megan Rapinoe
       
       „Equal Pay, Equal Pay!“, so schallte es nach dem WM-Sieg der
       US-Amerikanerinnen 2019 in Lyon durchs Stadion. Und auch, wer mit dem
       Fußball der Frauen nichts zu tun hat, kennt diesen einen Konflikt. [1][Das
       US-Frauenteam vs. Ungleiche Bezahlung], die Klage der Fußballerinnen gegen
       den eigenen Verband wegen Geschlechterdiskriminierung, das war über Jahre
       der feministische Kampf des Sports. Nun ist dieser Kampf gewonnen, beinahe
       ein wenig still und leise.
       
       In einer 24 Millionen Dollar schweren Einigung wurde die Lohnlücke zwischen
       den Frauen und dem Männerteam geschlossen; die Prämien werden angeglichen,
       die Spielerinnen erhalten hohe Nachzahlungen für die vergangenen Jahre.
       Equal Pay. Dass diese Nachricht in den letzten Tagen medial kaum eine Rolle
       spielte, ist freilich der Tatsache geschuldet, dass ein weiterer Konflikt
       sich allen öffentlichen Raum nahm: [2][Wladimir vs NATO]. Gegen den
       Newsstrudel des Ukraine-Kriegs kommt selbst Megan Rapinoe nicht an.
       
       Dabei ist die mediale Rolle der US-Spielerinnen in diesem Ringen um
       Gleichberechtigung hoch interessant. Denn der Kampf ist ja weder der erste
       seiner Art ([3][die Norwegerinnen erreichten schon 2017 Equal Pay], selbst
       Fidschi war schneller), noch sind die USA, geschlechterübergreifend
       betrachtet, die größte Fußballnation, deren Frauen gleiche Bezahlung
       errangen – dieser Titel gebührt sicherlich Brasilien. [4][Auch dort gibt es
       seit 2020 Equal Pay]. All das dürften jedoch höchstens Kenner:innen
       mitbekommen haben. Der Kampf der US-Amerikanerinnen hingegen, Megan vs.
       Männliche Hegemonie, wurde zum wirkmächtigen Symbol, das die Welt bewegte.
       Wieso?
       
       Weil die Amerikanerinnen laut sind, sagen die deutschen Spielerinnen gern.
       Sie hätten dieses messianische Sendungsbewusstsein, das immer ein bisschen
       viel ist fürs mitteleuropäische Gemüt, aber hierzulande heimlich auch
       bewundert wird. Für Rapinoe ist es immer gleich die Weltrettung, tiefer
       macht sie es nicht.
       
       ## Mediale Dominanz von US-Themen
       
       Anlässlich des Meilensteins der Gleichbezahlung sprach sie über die
       Millionen Menschen, die Geschlechterdiskriminierung erleben. „Ich und meine
       Teamkolleginnen sind für sie da.“ Einen Satz, den man so von Almuth Schult
       wahrscheinlich nicht hören würde. Lautstärke, Dominanzgebaren, sportlicher
       Erfolg und das kluge Nutzen von Social Media sind ein Teil der Wahrheit.
       Zumindest im Vergleich zum Dornröschenschlaf, den die deutschen Verbände
       weiterhin schlafen dürfen.
       
       Aber der Kern des Glanzes ist viel banaler: mediale Dominanz von US-Themen.
       Nicht nur in deutschen Nachrichten ist die Noch-Imperialmacht USA derart
       unhinterfragt omnipräsent, dass US-Berichterstattung fast schon nicht mehr
       als Auslands-, sondern als Heimatberichterstattung durchgeht. Eine zweite,
       asymmetrische Heimat, die von ihrer Peripherie kaum etwas weiß und sich um
       sie nicht schert.
       
       ## Imperium und Peripherie
       
       Was im Kern des Imperiums geschieht, ist auch unsere Kultur geworden,
       unsere Filmwelt, unsere Politik, unser Sport. Ein „unser“ aber, bei dem die
       unterworfene Peripherie keine demokratische Einflussmöglichkeit hat, sie
       ist darin nur ein TV-Publikum. Megan Rapinoe ist in diesem Sinne auch ein
       deutscher Star, der von seinem Glück nichts weiß. Ähnlich wie [5][Colin
       Kaepernick, der gegen Rassismus kniete]. An ihrem Weltruhm haben sie,
       global gesehen, wenig Anteil.
       
       2019, bei derselben WM, wo das Publikum für die USA „Equal Pay“ rief, waren
       auch die Nigerianerinnen sehr laut. Im Kampf um ausstehende Bezahlung
       weigerten sie sich, das Hotel zu verlassen. Sie nutzten Sit-Ins,
       Boykott-Drohungen, globale Medien, und Kapitänin Desire Oparanozie, die
       immer wieder Equal Pay fordert, zahlte für all das mit ihrer
       Nationalteam-Karriere. International aber wurde dieser Kampf wahrgenommen
       als etwas bizarre Posse des afrikanischen Kontinents, wo Spieler:innen
       ihre Gehälter nicht kriegen. Der Kampf, US-Frauen vs Verband, ist nun
       erfolgreich geschlagen. Gut so. Aber auch an der Zeit für neue Ikonen.
       
       25 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alina Schwermer
       
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