# taz.de -- Erdoğans Druckmittel: Dündar könnte enteignet werden
       
       > Der türkische Staat versucht weiter, den Journalisten Can Dündar aus dem
       > Exil in Deutschland zu holen – diesmal per Drohung, sein Vermögen
       > einzuziehen.
       
 (IMG) Bild: Can Dündar droht die Enteignung
       
       Es ist ruhig geworden um die politischen Exilanten aus der Türkei in
       Deutschland. Andere Krisen sind in den Vordergrund gerückt. Derzeit scheint
       eher die Frage, ob man trotz Corona noch Urlaub in der Türkei machen kann,
       die Gemüter zu beschäftigen.
       
       Doch auch wenn die deutsche Öffentlichkeit nicht mehr so genau hinschaut,
       die Repression gegen Kritiker von Präsident Recep Tayyip Erdoğan ist
       keineswegs geringer geworden, und Menschen, die sich trauen, ihren Mund
       aufzumachen, leben höchst gefährlich, weswegen es im Land auch immer
       weniger werden.
       
       Umso ärgerlicher für Erdoğan, dass viele Exilanten auch im Ausland keine
       Ruhe geben. Einer der prominentesten von ihnen ist Can Dündar, ehemaliger
       Chefredakteur der Oppositionszeitung Cumhuriyet, der außerdem als
       kritischer Dokumentarfilmer und Buchautor bekannt wurde. Can Dündar meldet
       sich in Deutschland nicht nur regelmäßig mit einer Kolumne in der Zeit zu
       Wort, er verantwortet auch das Web-Portal Özgürüz (Wir sind frei), mit dem
       unterdrückte Nachrichten in der Türkei verbreitet werden.
       
       ## Kein Pardon
       
       Can Dündar ist einfach nicht kleinzukriegen. Erst wurde er nach einem
       Attentatsversuch und einer fabrizierten Anklage wegen angeblicher Spionage
       in die Flucht nach Deutschland getrieben. Seiner Ehefrau Dilek Dündar wurde
       der Pass abgenommen, sie wurde quasi als Geisel festgehalten und durfte die
       Türkei nicht verlassen. Dennoch schwieg Can Dündar nicht. Im Sommer 2019
       gelang auch Dilek Dündar die Flucht.
       
       Jetzt blieb dem türkischen Staat als Druckmittel nur noch das Haus der
       Dündars in Istanbul und eine Ferienwohnung, die sie in besseren Zeiten
       gekauft hatten. [1][Wie Dündar per Twitter mitteilte] und türkische Medien
       inzwischen bestätigten, hat ein Gericht am Donnerstag nun auch diese Karte
       gezogen. Es wurde entschieden: Wenn Can Dündar nicht innerhalb von 15 Tagen
       zur Aussage vor Gericht in Istanbul erscheint, wird sein gesamtes Vermögen
       eingezogen. „In wenigen Minuten vernichtet ein Gericht die Arbeit von 40
       Jahren“, schrieb Dündar dazu. Offenbar geht es auch um die Wohnung seines
       verstorbenen Vaters, in der nun die Mutter allein lebt.
       
       Für die Gegner des Präsidenten gibt es kein Pardon, was insbesondere für
       Can Dündar gilt, aber auch noch für einige andere Kritiker Erdoğans,
       [2][wie Osman Kavala] und [3][Ahmet Altan], die seit Jahren in Haft sitzen.
       Gerade diese Leute dürfen in Deutschland und anderen demokratischen Ländern
       nicht vergessen werden.
       
       18 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/candundaradasi/status/1306637368791887878?s=20
 (DIR) [2] /Kampagne-fuer-Osman-Kavala/!5691856
 (DIR) [3] /Geschwister-Scholl-Preis-fuer-Ahmet-Altan/!5640692
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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