# taz.de -- Ernst & Young in der Kritik: Bußgelder gegen Wirecard-Prüfer
       
       > Eklat im Bundestagsausschuss zum Wirecard-Skandal: Bilanzprüfer sollen
       > 1.000 Euro zahlen, weil sie nicht aussagen wollten.
       
 (IMG) Bild: Der Untersuchungsausschuss tagt, aber die beiden EY-Mitarbeiter wollten nicht aussagen
       
       BERLIN/FRANKFURT rtr/dpa | Der [1][parlamentarische Untersuchungsausschuss
       zum milliardenschweren Wirecard-Bilanzskandal] hat zwei Vertreter des
       Abschlussprüfers Ernst & Young (EY) mit Bußgeldern belegt. Nach Angaben von
       Teilnehmern verhängte das Sondergremium des Bundestages jeweils 1.000 Euro,
       weil die beiden [2][EY-Mitarbeiter] nicht konkret zum Fall aussagen
       wollten, sondern nur allgemeine Angaben machten. EY steht in der Kritik,
       weil das [3][Unternehmen jahrelang die Bilanzen von Wirecard testiert] hat.
       
       Der Ausschussvorsitzende Kay Gottschalk (AfD) hatte im Vorfeld der Sitzung
       bereits mit einem „symbolischen Ordnungsgeld“ gegen EY gedroht. Die
       EY-Mitarbeiter werden nach Angaben des Unternehmens dagegen vorgehen und
       streben eine höchstrichterliche Klärung an.
       
       Deswegen wird der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden müssen, ob sie
       aussagen dürfen oder nicht. „Deutsche Wirtschaftsprüfer unterliegen
       strengen Verschwiegenheitspflichten“, betonte EY. „Jede Verletzung kann für
       Mitarbeiter erhebliche strafrechtliche und berufsrechtliche Konsequenzen
       haben.“ Freiheitsstrafen sind bis zu einem Jahr möglich, Geldstrafen bis zu
       10 Millionen Euro. Berufsrechtlich können bis zu 500.000 Euro Buße verhängt
       werden, auch Berufsverbote sind möglich.
       
       Experten rechnen in den nächsten Monaten mit einer Klärung durch den BGH.
       Dann dürften viele Zeugen, die im Bundestag bisher weitgehend schwiegen,
       erneut vorgeladen werden – darunter auch Ex-Wirecard-Chef Markus Braun
       sowie die EY-Mitarbeiter. Die SPD-Politikerin Cansel Kiziltepe sprach von
       einem „Versteckspiel hinter einer angeblichen Verschwiegenheitspflicht“,
       obwohl der Wirecard-Insolvenzverwalter wie auch der aktuelle Vorstand und
       Aufsichtsrat die EY-Vertreter davon entbunden habe. Das sei nicht
       ausreichend und ändere nichts an der strengen internen und gesetzlichen
       Verschwiegenheitspflicht, argumentierten die EY-Vertreter in der Sitzung,
       die bis in die Nacht zum Freitag andauerte.
       
       ## „Unverständnis in der Öffentlichkeit klar“
       
       „Uns ist bewusst, dass die Verschwiegenheitspflicht angesichts der
       außergewöhnlichen Tragweite des Falles Wirecard auf Unverständnis in der
       Öffentlichkeit stößt“, so EY. Es gebe aber ein hohes Rechtsrisiko für die
       einzelnen Mitarbeiter. „Nach unserem Erkenntnisstand haben die Mitarbeiter
       von EY die Prüfungshandlungen professionell und nach bestem Wissen und
       Gewissen durchgeführt.“ Daran hegen allerdings alle Fraktionen im Bundestag
       erhebliche Zweifel.
       
       Denn am Donnerstag hatte bereits der Wirecard-Sonderprüfer KPMG im
       U-Ausschuss ausgesagt. Demnach hat der Zahlungsabwickler aus Aschheim bei
       München die Arbeit massiv erschwert – Dokumente zurückgehalten und
       Interviews immer wieder verschoben. „Wir wollten die Daten analysieren,
       konnten es aber nicht“, sagte KPMG-Mitarbeiter Alexander Geschonneck. Der
       Grünen-Abgeordnete Danyal Bayaz erklärte, eklatante Defizite seien
       offengelegt worden. „Für die Abschlussprüfer von EY sind die Aussagen von
       Herrn Geschonneck über fehlende Nachweise von zentralen Kundenbeziehungen,
       Umsätzen und Kontonachweisen ein desaströses Zeugnis.“ Jens Zimmermann von
       der SPD ergänzte, bei einer ordnungsgemäßen Abschlussprüfung wäre der
       Skandal früher aufgeflogen.
       
       Wirecard kollabierte im Juni 2020, obwohl seit Jahren in Medien Vorwürfe
       wegen Bilanzungereimtheiten kursierten. Die Münchner Staatsanwaltschaft
       wirft Ex-Chef Braun und weiteren Wirecard-Managern gewerbsmäßigen
       Bandenbetrug, Bilanzfälschung und Marktmanipulation vor. Das Unternehmen
       soll sich jahrelang schöngerechnet und damit Anlegern und Banken
       Milliardenschäden zugefügt haben.
       
       ## 500 Geschäfte von Bafin-Mitarbeitern mit Wirecard-Aktien
       
       Auch die Finanzaufsicht Bafin steht wegen Wirecard in der Kritik. Die
       Behörde hat bislang keine Anhaltspunkte dafür, dass mit Wirecard-Aktien
       handelnde Mitarbeiter einen möglichen Informationsvorsprung zum privaten
       Vorteil genutzt haben. „Wir hatten ein Compliance-System, das den
       gesetzlichen Vorgaben entsprach, aber nicht mehr zeitgemäß ist und deshalb
       zu Recht verändert wird“, sagte Bafin-Chef Felix Hufeld der
       „Wirtschaftswoche“. „Kann ich aber den 85 Mitarbeitern einen Vorwurf
       machen, die Wirecard-Aktien gehandelt haben? Nein, denn bisher gibt es
       keinerlei Hinweise darauf, dass sie Insiderwissen genutzt haben“, sagte er.
       
       Die Bafin prüft derzeit private Börsengeschäfte ihrer Mitarbeiter, bei
       denen der Kurs der Wirecard AG eine Rolle spielte, also zum Beispiel Kauf
       oder Verkauf von Aktien des Unternehmens. Künftig soll Bafin-Beschäftigten
       der Handel mit Einzelwerten der von der Behörde beaufsichtigten Unternehmen
       untersagt werden. Der Finanzaufsicht sind mittlerweile fast 500 private
       Geschäfte ihrer Mitarbeiter mit Bezug zum Skandalunternehmen Wirecard
       bekannt, wie jüngst aus einer Auskunft des Bundesfinanzministeriums an den
       FDP-Abgeordneten Frank Schäffler hervorging.
       
       27 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Wirecard-Untersuchungsausschuss/!5725709
 (DIR) [2] /Untersuchungsausschuss-zu-Wirecard-Pleite/!5706609
 (DIR) [3] /Finanzforscherin-ueber-Wirecard-Skandal/!5695455
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Wirecard
 (DIR) Bafin
 (DIR) Bundestag
 (DIR) Wirecard
 (DIR) Wirecard
 (DIR) Wirecard
 (DIR) Wirecard
 (DIR) Wirecard
 (DIR) Wirecard
 (DIR) Wirecard
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Neuer Bafin-Chef nach Wirecard-Skandal: Rücktritt von Hufeld
       
       Bafin-Chef Felix Hufeld verlässt die Bundesanstalt für
       Finanzdienstleistungsaufsicht. Bundesfinanzminister Olaf Scholz will eine
       Neuaufstellung der Behörde.
       
 (DIR) Lehre aus Wirecard-Skandal: Finanzaufsicht darf schärfer prüfen
       
       Finanzminister Olaf Scholz bringt ein Gesetz für eine bessere
       Bilanzkontrolle durchs Kabinett. KritikerInnen fordern noch weitergehende
       Reformen.
       
 (DIR) Die Wirecard-Aktien des Apas-Chefs: Alles Privatsache, klar!
       
       Der Chef der Wirtschaftsprüferaufsicht Apas zockte mit Wirecard-Aktien. Und
       das noch während seine Behörde Ermittlungen gegen Wirecard anschob.
       
 (DIR) FT-Journalist bekommt Reporterpreis: Olaf Scholz ehrt Enthüller
       
       Pikantes Lob: Der Finanzminister ist beim Reporterpreis Laudator für den
       Financial Times-Journalisten, der den Wirecard-Skandal aufdeckte.
       
 (DIR) Wirecard-Untersuchungsausschuss: House of Wirecard
       
       Im Wirecard-Skandal tut die Bafin so, als wäre sie nicht zuständig. Der
       U-Ausschuss muss klären: Hat der Staat die Firma mit Samthandschuhen
       angefasst?
       
 (DIR) Untersuchungsausschuss zu Wirecard: Der Ex-Chef mauert
       
       Lange hatte sich Markus Braun, Ex-Chef des Pleitekonzerns Wirecard,
       gesträubt, vor dem Ausschuss des Bundestags zu erscheinen. Nun kam er doch
       – und sagte wenig.
       
 (DIR) Aufarbeitung des Wirecard-Skandals: Dubioser Aktienhandel
       
       Im Finanzausschuss des Bundestages kommen immer neue Details zum
       Bilanzskandal und zur Bankenaufsicht Bafin heraus.