# taz.de -- Extinction Rebellion in Den Haag: Die letzte Blockade
       
       > Die Gruppe Extinction Rebellion besetzt in Den Haag seit einer Woche
       > täglich einen Autobahn-Zubringer. Der Streit um fossile Subventionen
       > nimmt zu.
       
 (IMG) Bild: Die Polizei von Den Haag versucht die Klimaaktivisten von Extinction Rebellion mit Wasserwerfern von der A12 zu vertreiben
       
       [1][Seit Samstag vor einer Woche] vollzieht sich wenige Minuten vom
       niederländischen Parlament entfernt täglich ein besonderes Ritual:
       Pünktlich um 12 Uhr mittags setzen sich Klimaaktivist:innen auf eine
       sechsspurige Straße, singen und klatschen. Mal sind es Hunderte, mal
       Tausende, die den Verkehr zum Erliegen bringen. Bald darauf werden sie von
       Wasserwerfern von der Straße vertrieben oder von Polizist:innen
       weggetragen, zum Fußballstadion am Stadtrand gefahren und nach etwa zwei
       Stunden freigelassen. Am nächsten Tag wiederholt sich das Ganze. „Wir
       können das noch sehr lange durchhalten“, sagt XR-Sprecherin Yolande Schuurs
       der taz.
       
       Seit vergangenem Sommer hatte die Gruppe siebenmal zu Blockaden an
       einzelnen Tagen aufgerufen. Dies soll nun die letzte Blockade werden: „Wir
       werden ab dem 9. September die A12 permanent blockieren, bis die fossilen
       Subventionen abgeschafft sind“, lautete die Ankündigung.
       
       Über fossile Subventionen wird in den Niederlanden seit Jahren kontrovers
       diskutiert. Profiteure der zahlreichen Erleichterungen sind Schiff- und
       Luftverkehr, außerdem Kohlekraftwerke und Raffinerien. Rob Jetten, der
       liberale Minister für Wirtschaft und Klima der [2][nur noch kommissarisch
       tätigen Mitte-rechts-Regierung], will die Subventionen zwar schnell, aber
       „nicht von einem Tag auf den anderen“ abbauen, um Energiesicherheit und
       Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Im Wahlkampf – das neue Parlament wird am
       22. November gewählt – wird das Thema wie andere klimapolitische Aspekte
       eine zentrale Rolle spielen.
       
       Für Brisanz sorgt dabei, dass Jettens Ministerium den Umfang der
       Subventionen lange viel zu niedrig bezifferte: mit jährlich viereinhalb
       Milliarden Euro. Alman Metten, ein ehemaliger sozialdemokratischer
       EU-Abgeordneter, berechnete auf Basis öffentlich zugänglicher Daten
       allerdings 17,3 Milliarden Euro. Und ein von Umweltorganisationen
       erstellter Bericht geht sogar von 37,5 Milliarden Euro aus, die für fossile
       Subventionen ausgegeben werden.
       
       Doch auch dieser Betrag scheint noch zu niedrig. Kürzlich wurden Dokumente
       des Ministeriums geleakt, nach denen sich die Summe auf 39,7 bis 46,4
       Milliarden Euro beläuft. „Indem man diese Subventionen schnell abbaut,
       könnten die Niederlande mit einem Mal die Klimaziele erreichen“, heißt es
       auf der Website der Umweltorganisation Milieudefensie.
       
       Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass der Zulauf für die
       XR-Demonstrationen zugenommen hat. „Als wir am 9. September mit den
       Blockaden begannen, hatten sich doppelt so viele Teilnehmer:innen
       angemeldet wie bei der Aktion im März“ – trotz der hohen Temperaturen,
       bemerkt der Aktivist Wim van Bodegom, ein langjähriges Mitglied der Partei
       GroenLinks, der schon gegen Atomwaffen demonstrierte. Doch auch [3][die
       ständigen Wetterextreme dieses Sommers] halten das Thema bedrückend
       aktuell. Hinzu kommt, dass in den Niederlanden in den vergangenen Jahren
       eine Reihe spektakulärer Klima-Prozesse stattfanden, bei denen Regierung
       und Industrie verurteilt wurden.
       
       XR-Sprecherin Schuur erklärt, dass gerade auch die steigende Repression den
       Blockaden Zuwachs bescherte. Zwar habe diese nicht das gleiche Ausmaß wie
       in Deutschland oder Frankreich, doch die Verurteilung von acht
       Aktivist:innen wegen Aufwiegelung dieses Jahr habe eine breite
       Solidarität unter NGOs und Zivilgesellschaft bewirkt. „Jedes Mal sitzen
       mehr Leute auf der Straße.“ Die vorläufige Bilanz der Blockaden vom
       Wochenende: mehr als 4.700 Verhaftungen.
       
       18 Sep 2023
       
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