# taz.de -- Falsche Lebensläufe in der AfD: Fürs EU-Parlament reicht’s
       
       > Wegen falscher Angaben in Lebensläufen gibt es Maßnahmen gegen zwei
       > Europa-Kandidat*innen der AfD. Doch an der Basis rumort es weiter.
       
 (IMG) Bild: Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl Maximilian Krah
       
       BERLIN taz | Die Kandidatenliste zur Europawahl der AfD sorgt weiter für
       interne Verwerfungen. Das liegt nicht nur am parteiintern umstrittenen
       Spitzenkandidaten Maximilian Krah, der sich nicht zuletzt durch [1][Nähe zu
       Diktaturen] und ein [2][fragwürdiges Verhältnis zur Menschenwürde]
       auszeichnet, sondern auch weiterhin an [3][falschen Angaben in den
       Lebensläufen] zweier Kandidat*innen.
       
       Der AfD-Bundesvorstand hätte die Hochstapler-Affäre um falsche Lebensläufe
       der beiden Kandidaten fürs EU-Parlament, Arno Bausemer und Mary
       Khan-Hohloch, am liebsten mit einer am Montag verhängten zweijährigen
       Ämtersperre abgeräumt. Doch an der Basis rumort es weiter, weil die beiden
       ihren aussichtsreichen Listenplatz behalten dürfen.
       
       Zudem schmerzen die Ordnungsmaßnahmen nicht allzu sehr: Khan-Hohloch
       bekleidet gar kein Parteiamt und Bausemer, der lediglich
       Landesschatzmeister in Sachsen-Anhalt ist, wird den Verlust seiner Position
       verkraften können angesichts seines gut bezahlten Mandats in Brüssel. Mit
       Listenplatz 10 ist sein Einzug ins EU-Parlament sehr wahrscheinlich.
       
       Bausemer hatte bei seiner Bewerbung auf einen EU-Listenplatz zahlreiche
       Falschangaben zu angeblichen Qualifikationen gemacht, verfügt aber über
       keinen Berufsabschluss. Khan-Hohloch (Platz 14) hatte sich mit einem
       Studium beworben, das zu dem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war. Auf
       Anfrage wollten sich die Co-Sprecher nicht weiter dazu äußern. Mit dem
       Beschluss sei alles gesagt, hieß es von Chrupalla.
       
       ## Brandenburg will Parteiausschlussverfahren
       
       Nun, weite Teile der Basis haben offensichtlich doch noch einiges dazu zu
       sagen: Die Angelegenheit verstößt gleich in mehrfacher Hinsicht gegen das
       Selbstverständnis der AfD, deren Mitglieder immer wieder postulieren, dass
       Mandatsträger mindestens über fünf Jahre Berufserfahrung verfügen sollen.
       Die Hochstapler-Affäre beschädigt die Glaubwürdigkeit innerhalb der eigenen
       Anhängerschaft, die trotz Spendenaffären, Skandalen und zahlreicher
       Intrigen tatsächlich glaubten, dass die AfD eine integre Partei sei.
       
       Bausemers Landesverband Sachsen-Anhalt begrüßte die Entscheidung des
       Bundesvorstands. In Brandenburg hingegen, wo Khan-Hohloch Mitglied ist,
       brodelt es. Dort gibt es schon länger erbitterte Grabenkämpfe zwischen den
       gleichermaßen rechtsextremen Lagern um die Landesvorsitzende Birgit Bessin
       einerseits und dem um den Fraktionsvorsitzenden im Potsdamer Landtag,
       Christoph Berndt andererseits.
       
       Zu letzterem gehört auch Bundesvorstand Dennis Hohloch – der zu allem
       Überfluss auch noch mit der EU-Kandidatin Khan-Hohloch verheiratet ist und
       sich mit ihrer Kandidatur den Vorwurf der „Vetternwirtschaft“ gefallen
       lassen muss.
       
       So soll der Landesvorstand Brandenburg um das Bessin-Lager ebenfalls einen
       Beschluss gefasst haben, in dem er Khan-Hohloch dazu bis zum Ende der Woche
       aufruft, eine „Ehrerklärung“ abzugeben, „dass sie im Falle ihrer Wahl in
       das EU-Parlament“ das Mandat nicht annehmen wird. Tue sie das nicht, werde
       der Landesvorstand einen Antrag auf Parteiausschluss beim Schiedsgericht
       stellen.
       
       ## Nicht erledigt
       
       Auf taz-Anfrage wollte die Landesvorsitzende Bessin nichts dazu sagen – den
       Beschluss entsprechend auch nicht dementieren. Dieser geistert bereits seit
       Montag durch die sozialen Medien. Insbesondere stehen Khan-Hohlochs Ehemann
       aus dem Bundesvorstand Dennis Hohloch und Alice Weidel in der Kritik, die
       Khan-Hohloch als ehemalige Mitarbeiterin protegiert hatte.
       
       Fest steht: Die Affäre wird den Bundesvorstand noch weiter beschäftigen.
       Zumal auch der Bundestagsabgeordnete Jürgen Braun wegen der Angelegenheit
       eine Sondersitzung des Parteikonvents einberufen hat, der sich noch einmal
       detailliert mit den Lebensläufen von Bausemer und Khan-Hohloch beschäftigen
       soll.
       
       Die Stimmung an Teilen der Basis konnte man wiederum in den sozialen Medien
       nachlesen. So schrieb ein in der Regel vor allem in rechtsextremen
       Netzwerken gut vernetzter Account, der auch den Beschluss aus Brandenburg
       öffentlich machte, nach der verhängten Ämtersperre recht unverblümt: „Der
       Lüge, der Verarschung und der Gier sind Tür und Tor geöffnet. Die
       entsprechenden Leute wissen jetzt, sie können erzählen, was sie wollen.
       Wenn sie die richtigen Connections haben, gibt es maximal einen Klaps auf
       die Finger. Man kann gar nicht so viel fressen, wie man kotzen, möchte.“
       
       4 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100247784/afd-maximilian-krah-das-geld-aus-china-und-die-geheimdienste.html
 (DIR) [2] https://bsky.app/profile/jun.de/post/3kaozsd24yu2u
 (DIR) [3] /Hochstapler-Affaere-in-der-AfD/!5958229
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gareth Joswig
       
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       antreten.