# taz.de -- Forderungen von Umweltschützern: Ampelkoalition soll Tiere schützen
       
       > Bauern müssten Geld für bessere Ställe bekommen, raten Umweltschützer
       > SPD, Grünen und FDP. Ähnlich äußert sich der Bauernverband.
       
 (IMG) Bild: Schweine liegen in der Bucht eines „Tierwohl“-Schweinestalls in Baden-Württemberg
       
       BERLIN taz | Ökoverbände fordern von den künftigen Ampelkoalitionären, die
       Landwirtschaft zu mehr Umwelt- und Tierschutz zu drängen. Die Ergebnisse
       der Kommission unter dem ehemaligen Bundesagrarminister Jochen Borchert zum
       Umbau der Tierhaltung müssten umgesetzt werden, schreiben Naturschutzbund,
       BUND, WWF, Naturschutzring, Verbraucherzentrale Bundesverband,
       Tierschutzbund, Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft und die
       Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft in einem Brief an die
       Arbeitsgruppe Landwirtschaft und Ernährung bei den Koalitionsverhandlungen.
       
       Die [1][Borchert-Kommission] hat empfohlen, dass künftig alle Ställe
       mindestens der Stufe 2 der im Handel üblichen „Haltungsform“-Kennzeichnung
       entsprechen. Sie verlangt etwa in der Schweinemast 10 Prozent mehr Platz
       als gesetzlich vorgeschrieben.
       
       Nötig sei ein „sinnvolles Finanzierungssystem“, so die Verbände weiter. Für
       den Umbau der Ställe sollen die Landwirte laut Borchert-Kommission eine
       Tierwohlabgabe erhalten, die pro Kilogramm Fleisch berechnet wird. Außerdem
       sprechen sich die Umweltschützer für eine verbindliche
       Haltungskennzeichnung aus. Zudem müssten die Vorschriften für die
       Tierhaltung „schrittweise“ verschärft werden. Das Emissions- und Baurecht
       solle geändert werden, „um einen tiergerechten Umbau der Tierhaltung zu
       ermöglichen.“
       
       Zusätzlich verlangen die Organisationen, die Zahl der Tiere pro Fläche und
       pro Bestand zu begrenzen. Denn auch für den Klimaschutz sei es wichtig, die
       Viehzahlen zu senken, so das Schreiben. 13 Prozent der Treibhausgase in
       Deutschland kommen laut Umweltbundesamt aus der Landwirtschaft, die meisten
       davon aus der Tierhaltung.
       
       Pflanzliche Lebensmittel dagegen wollen die Organisationen verbilligen, „um
       Verbraucher:innen kurzfristig zu entlasten“ und eine gesunde
       Lebensmittelauswahl zu fördern. Dafür „sollte die Mehrwertsteuer für Obst,
       Gemüse und Hülsenfrüchte auf den niedrigstmöglichen Satz gesenkt werden“.
       
       ## Mehr Umweltschutz für Agrarsubventionen
       
       Die neue Bundesregierung soll nach dem Willen der Naturschützer auch für
       die EU-Agrarsubventionen mehr Umweltleistungen verlangen. Der Anteil der
       wichtigsten Subventionsart, der Direktzahlungen, für die ab 2023 geplanten
       „Öko-Regelungen“ soll bis 2027 auf 30 Prozent steigen und nicht wie von der
       amtierenden Regierung vorgesehen bei [2][25 Prozent] verharren. Dieses Geld
       werden Bauern nur erhalten, wenn sie zum Beispiel [3][besonders viele
       Brachen] haben oder weniger chemisch-synthetische Pestizide einsetzen.
       
       Zudem wollen die Umweltschützer, dass 2027 25 statt nur 15 Prozent der
       Direktzahlungen in die zweite Säule des EU-Agrarbudgets umgeschichtet
       werden, die zum Beispiel die Extraprämien für Ökobauern finanziert.
       
       Weiterhin verlangen die Verbände eine Stickstoffüberschuss-Abgabe für
       Landwirte, die zu viel düngen. Die Umweltschützer fordern auch einen Plan,
       damit Deutschland das EU-Ziel erreicht, bis 2030 den Einsatz von Pestiziden
       zu halbieren. Die Zulassung von „Glyphosat und weiteren gefährlichen
       Stoffen“ müsse Deutschland ablehnen. Die Landwirtschaft trägt auch mit
       Pestiziden und zu viel Dünger dazu bei, dass immer mehr Pflanzen- und
       Tierarten aussterben.
       
       Die Organisationen wenden sich gegen Bestrebungen der EU-Kommission, die
       Regeln für Pflanzen der neuen Gentechnik zu lockern. Produkte von Methoden
       wie der Genschere Crispr/Cas müssten weiterhin auf ihre Risiken überprüft
       und gekennzeichnet werden, so die Umweltschützer.
       
       ## Bauernverband will laxere Regeln für Gentechnik
       
       Damit widersprechen sie dem Bauernverband und mehreren anderen
       Organisationen der Branche. Diese fordern in einem Brief an die
       Vorsitzenden von SPD, Grünen und FDP „differenzierte Regelungen“, um die
       neue Gentechnik nutzen zu können.
       
       Statt „pauschaler Reduktionsziele“ für Pestizide wollen sie die auf Technik
       basierende „Präzisionslandwirtschaft“ gefördert wissen. Die Verbände wollen
       auch einen vom Bund initiierten Naturschutz-Fonds „zur Umsetzung und
       Förderung von praxistauglichen und wirtschaftlich tragfähigen
       Naturschutzmaßnahmen“.
       
       Einig sind sich Agrar- und Umweltverbände aber in einem: Auch der
       Bauernverband spricht sich dafür aus, die Borchert-Empfehlungen für die
       Tierhaltung zügig zu verwirklichen.
       
       4 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Tiere/Nutztiere/200211-empfehlung-kompetenznetzwerk-nutztierhaltung.html
 (DIR) [2] /Regierungseinigung-zu-Agrarsubventionen/!5760857
 (DIR) [3] https://www.topagrar.com/management-und-politik/news/oeko-regelungen-so-viel-geld-gibt-es-fuer-die-neuen-gap-massnahmen-12708065.html
       
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 (DIR) Jost Maurin
       
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