# taz.de -- GDL fordert 35-Stunden-Woche: Warum eigentlich nicht?
       
       > Die Bahnangestellten der GDL legen für die 35-Stunden-Woche halb
       > Deutschland lahm. Weniger Arbeit, gleicher Lohn – eigentlich keine
       > schlechte Idee.
       
 (IMG) Bild: Erfurt, 10. Januar: Lokführer Lukas Böhme und andere streiken vor dem Hauptbahnhof
       
       Fünfunddreißig Stunden wollen die nur noch arbeiten! Faule Zugführerinnen,
       faule Zugbegleiter*innen, faule Bordgastronomen und Mitarbeitende in den
       Werken. Schämen sollten die sich! Die GDL fordert im Schichtdienst eine
       Beschränkung der Arbeitszeit auf wöchentlich 35 Stunden – und das, ganz
       schön frech, bei vollem Lohnausgleich. [1][Und ein Wochenende wollen sie
       noch obendrauf.]
       
       Dabei arbeiten andere doch viel mehr: Die protestierenden Landwirt*innen,
       hört man diese Woche, arbeiten mindestens 70 Stunden die Woche. Elon Musk
       gleich 80. Vorstände und Manager, das weiß jedes Kind, hören mit dem
       Arbeiten nicht mal im Schlaf auf.
       
       Hier werden allerdings Leute in einen Topf geworfen, die eine Menge trennt:
       Elon Musk ist der reichste Mensch der Welt. Landwirte, und damit sind
       explizit nicht die häufig ausgebeuteten Landarbeiter*innen gemeint,
       [2][sind Unternehmer, Grundbesitzer und Hofeigentümer]. Sie können sich die
       Kaffeepause als Arbeitszeit deklarieren und das neue Auto als
       Betriebsausgabe. Auch wenn das für sie sicherlich eine ganze Menge
       Verantwortung bedeutet: Am Ende gehört ihnen der ganze Hof, mitsamt aller
       Produktionsmittel, der Immobilien und dem teuren Grund und Boden.
       
       Die Führungsetagen, so auch bei der Bahn, werden wiederum mit guten
       Gehältern und Bonuszahlungen an Unternehmensgewinnen beteiligt. Wer
       allerdings, so wie die Streikenden bei der Bahn, nichts von den Profiten
       sieht, darf auch mal forsch weniger Arbeit bei gleichem Lohn fordern. Wenn
       die Unternehmen in ein paar Jahren noch Nachwuchs wollen, müssen sie jetzt
       die Arbeitsbedingungen verbessern. Sie müssen mehr ausbilden, sich für
       Einwanderung starkmachen und auch die Arbeitszeiten verringern.
       
       Ob das auf lange Sicht funktioniert? Können Arbeitnehmer*innen bei
       gleichem Lohn weniger arbeiten, ohne dass die Wirtschaft leidet?
       Gegenfrage: Warum eigentlich nicht? Die von Arbeitgeberverbänden laut
       geäußerten Befürchtungen vor dem Abschwung haben sich auch in der
       Vergangenheit nicht erfüllt: Mehr Sozialleistungen führen nicht dazu, dass
       Arbeitnehmer*innen die Füße hochlegen. Im Gegenteil: Trotz Bürgergeld
       sind mehr Menschen als je zuvor in Arbeit, und weniger als je zuvor sind
       arbeitslos.
       
       Klar kostet die Arbeitszeitreduzierung was. Vielleicht kann die Bahn
       [3][bei den Vorstandsboni] eine Scheibe abschneiden, anstatt die Kosten
       direkt wieder an die Verbraucher*innen weiterzugeben. Dafür müsste sich
       aber vielleicht auch mal ein gewisser Verkehrsminister aus dem
       Straßengraben trauen.
       
       11 Jan 2024
       
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