# taz.de -- Gender Equality bei Olympia: Mixed über die Wellen
       
       > Alica Stuhlemmer und Paul Kohlhoff segeln vor Enishima vorne mit. Ihr
       > Wettbewerb ist ein Beitrag zur Gleichstellung der Geschlechter bei
       > Olympia.
       
 (IMG) Bild: Gemischte Koordination: Alicia Stuhlemmer und Paul Kohlhoff auf ihrem Katamaran
       
       Es ist einiges los an diesem Donnerstag auf dem Meer vor Enoshima. Da muss
       das Presseboot schon aufpassen, dass es zwischen dem
       Frauen-Windsurfwettbewerb und den Frauen auf den 470er Jollen den richtigen
       Weg findet. Der Wind ist mäßig, das Wasser, dass einem ins Gesicht spritzt
       badewannenwarm.
       
       Weiter draußen peitschen bereits die Segler:innen des einzigen
       Mixed-Wettbewerbs durch die Wellen. Die Nacra 17-Foiling ist die schnellste
       Bootsklasse bei diesen Spielen. Und die Deutschen Alica Stuhlemmer und Paul
       Kohlhoff bestätigen zu Beginn gleich die guten Ergebnisse des Vortages, an
       dem sie sogar eines der drei Rennen gewinnen konnten. An diesem Tag müssen
       sie anfangs mit Unberechenbarkeiten klarkommen. „Für 12 Uhr war stärkerer
       Wind angesagt und wir sind um 11.45 Uhr gestartet. Da geht es dann auch um
       Masteinstellungen. Aber wir haben das ganz gut hinbekommen.“ Bei den ersten
       beiden Rennen belegen sie jeweils den dritten Platz.
       
       Akrobatisch sieht es aus, wie die beiden teils in extremer Schräglage das
       Boot ausbalancieren. Die Nacra 17-Katamarane sind gerade einmal 132
       Kilogramm schwer. Und die Foiles, die gebogenen Schwerter unter den
       Rümpfen, geben dem Boot bei entsprechender Geschwindigkeit Auftrieb und
       dienen ihm als Tragflächen, sodass es über das Wasser geradezu zu fliegen
       scheint. Auch das deutsche Gespann erreicht im sechsten und letzten Rennen
       Geschwindigkeiten bis zu 23 Knoten (knapp 43 km/h).
       
       Da sind kleinste Fehler im Boothandling folgenschwer. Der Katamaran
       kentert. Eine halbe Minute, schätzt Kohlhoff, habe das Wiederaufrichten
       gebraucht. Das ist schnell, lässt die beiden aber aus der Spitzengruppe auf
       Platz 14 abrutschen, am Ende können sie sich immerhin noch drei Plätze
       vorarbeiten. „Wir haben eine hohe Welle unterschätzt und nicht genug
       abgebremst davor. Ein paar Punkte hat das gekostet. Die tun weh.“
       
       Weil das Team in der Gesamtwertung zur Halbzeit auf dem dritten Platz, hat
       Kohlhoff an dem bisherigen Auftritt allerdings wenig zu bemäkeln. „Ein paar
       kleine Aussetzer, aber insgesamt sind wir ganz zufrieden.“ Der 26-Jährige
       war bereits bei der Premiere des ersten Segel-Mixed-Wettbewerbs [1][2016 in
       Rio] mit der damaligen Partnerin Carolina Werner dabei. Am Ende landeten
       sie auf dem 13. Platz.
       
       ## Keinen Bock auf Typen
       
       Dieses Mal gehören die beiden Deutschen nachweislich zum Favoritenkreis,
       was sich bei Kohlhoff auch auf die Laune niederschlägt. „Es macht
       Riesenspaß. Ich würde mit niemand anderem segeln wollen, definitiv. Ich bin
       sehr, sehr glücklich dass wir diesen Weg zusammen seit 2017 bestreiten.“
       Kohlhoff ist ein leidenschaftlicher Fan des Mixed-Wettbewerbes. „Ich hätte
       gar keinen Bock mit einem Typen zu segeln.“
       
       Was die [2][Mixed-Konstalltion] so besonders macht? „Ich glaube, dass man
       mit Menschlichkeit viel erreichen kann zwischen den Geschlechtern.“ Es sei
       etwas Besonderes, wenn man die richtige Person findet, weil es im deutschen
       Segelsport noch nur einen kleinen Pool an „sehr ehrgeizigen, talentierten
       und arbeitsfreudigen Frauen“ gebe.
       
       Alica Stuhlemmer betrachtet die Frage weniger emotional. „Es macht
       eigentlich keinen Unterschied, ob ich mit einem Mann oder einer Frau segle,
       die Konstellation muss stimmen. Und das ist bei uns so.“ Interessant ist
       beim Nacra 17-Wettbewerb, dass es keine festen Rollenzuschreibungen gibt.
       Es gibt Steuermänner und Steuerfrauen, Vorschoter und Vorschoterinnen. Mal
       sei es besser, dass vorne jemand Schwereres stehe, mal sei es besser,
       hinten, erklärt Stuhlemmer. Bei den Sommerspielen 2024 in Paris wird es mit
       der 470er Klasse einen weiteren Mixed-Wettbewerb im Segeln geben.
       
       Überhaupt hat das IOC scheinbar einen Narren an gemischten Teams gefressen.
       Eine Verdoppelung der Mixed-Wettbewerbe hat es im Vergleich zu den Spielen
       2016 gegeben. Durch gleichzeitige Streichungen von Männerwettbewerben hat
       man unter anderem das Ziel der Gleichstellung in Tokio fast erreicht. Der
       Frauenanteil beträgt 49 Prozent.
       
       Gemischt geht es neuerdings im Judo, Bogenschießen, Tischtennis-Doppel, in
       der Leichtathletik (4x400 Meter) und im Schwimmen (4x100 Meter Lagen) zu.
       Dazukommen drei neue Mixed-Wettbewerbe bei den Sportschützen. Nicht immer
       sind alle glücklich darüber. Die Kitesurfer:innen, die 2024 mitmachen
       dürfen, waren dagegen, weil gute Athlet:innen ohne entsprechendes
       leistungsstarkes Teammitglied keine Olympiachance haben.
       
       Alica Stuhlemmer und Paul Kohlhoff haben das Glück, sich gefunden zu haben.
       Und nach dem Ruhetag am Freitag werden die beiden alles dafür tun, damit
       sie sich am Dienstag nach Coronaprotokoll selbst eine Medaille umhängen
       können.
       
       29 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
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