# taz.de -- Geplante Justizreform in Israel: Zehntausende protestieren erneut
       
       > In Tel Aviv wurden mehrere Demonstrierende verhaftet. Trotz Protesten
       > plant die Regierung Netanjahus eine Verabschiedung der zentralen Punkte
       > bis Anfang April.
       
 (IMG) Bild: Demonstranten halten israelische Flaggen bei Protesten in Tel Aviv gegen die vom israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu umstrittene Justizreform
       
       TEL AVIV AFP | Im Streit um [1][die geplante Justizreform] der
       rechts-religiösen Regierung in Israel sind erneut zehntausende Menschen auf
       die Straße gegangen. Allein in Tel Aviv demonstrierten laut Medienberichten
       am Samstagabend mehr als 100.000 Menschen und schwenkten die weiß-blaue
       israelische Flagge. „Ich demonstriere, weil die Maßnahmen, die die neue
       Regierung ergreifen will, eine reale und unmittelbare Bedrohung für die
       israelische Demokratie bedeuten“, sagte der Unternehmer Ran Shahor der
       Nachrichtenagentur AFP.
       
       In Haifa beteiligten sich nach Medienangaben rund 50.000 Menschen an den
       Protesten, in Beer Sheva 10.000. Auch in anderen Orten kam es zu
       Demonstrationen. Die Proteste lösten sich weitestgehend ohne größere
       Vorfälle aus. In Tel Aviv verhaftete die Polizei drei Demonstrierende, die
       den Verkehr auf der Umgehungsstraße der Stadt blockierten.
       
       Gegen die von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu angestrebte Justizreform
       [2][gibt es seit zehn Wochen heftige Proteste]. Nach Ansicht der
       Demonstranten gefährdet das geplante Gesetz die Gewaltenteilung und damit
       die Demokratie im Land.
       
       Das neue Gesetz würde es dem Parlament unter anderem erlauben,
       Entscheidungen des Obersten Gerichts mit einer einfachen Mehrheit
       aufzuheben. Es würde damit dessen Befugnis zur rechtlichen Überprüfung von
       Gesetzen fast vollständig abschaffen. Zudem soll es der Regierung die
       Kontrolle über die Ernennung der Obersten Richter übertragen. Derzeit
       stimmt darüber ein Gremium aus Politikern, Richtern und Mitgliedern der
       Anwaltskammern ab.
       
       ## Zügige Verabschiedung geplant
       
       Ungeachtet der Forderungen nach Nachbesserungen am dem Gesetzestext setzt
       die [3][am weitesten rechts stehende Regierungskoalition der Geschichte
       Israels], an der ultraorthodoxe und rechtsextreme Parteien beteiligt sind,
       offenbar auf eine zügige Verabschiedung. Von Sonntag bis Mittwoch sind
       täglich Debatten zu Teilen der Justizreform im Parlament angesetzt.
       Justizminister Jariv Levin strebt eine Verabschiedung zentraler Punkte der
       Reform vor Beginn der Parlamentspause Anfang April an.
       
       Der israelische Präsident Isaac Herzog hatte sich gegen die Justizreform
       gestellt und die Regierung aufgefordert, das Projekt zu stoppen. Herzog
       sprach von einer „Gefahr für die Grundfesten unserer Demokratie“. Auch
       Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte sich beunruhigt über den
       „geplanten Umbau des Rechtsstaats“ in Israel gezeigt.
       
       12 Mar 2023
       
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