# taz.de -- Gerhard Schröder bei russischem Empfang: Familientreffen in Putins Botschaft
       
       > Propaganda-Gehilfen unter sich: Die AfD-Politiker Chrupalla und Gauland
       > feierten mit Altkanzler Schröder den „Tag des Sieges“ in der russischen
       > Botschaft.
       
 (IMG) Bild: Gerhard Schröder, ehemaliger Bundeskanzler und Putin-Freund
       
       BERLIN taz | Das Who-is-who der deutschen Putin-Versteher hat sich am 9.
       Mai bei einem Empfang der Russischen Botschaft in Berlin getroffen.
       Darunter: Alt-Kanzler Gerhard Schröder, dessen Frau So-yeon Schröder-Kim,
       Ex-DDR-Generalsekretär Egon Krenz, der Verleger der [1][Berliner Zeitung
       Holger Friedrich], der Linken-Abgeordnete Klaus Ernst sowie AfD-Chef Tino
       Chrupalla und AfD-Ehrenvorsitzender Alexander Gauland. Sie waren am „Tag
       des Sieges“ über Nazi-Deutschland einer Einladung von Botschafter Sergej
       Netschajew gefolgt.
       
       Die Veranstaltung sollte auch gegenwärtiger Propaganda dienlich sein. Der
       Botschafter [2][kritisierte das Verbot russischer Flaggen] und nationaler
       Symbole am Gedenktag, das [3][Berlin aufgrund des russischen
       Angriffskrieges gegen die Ukraine erlassen hat]. Netschajew sagte, der
       „Nazismus“ dürfe keine einzige Chance aufs Wiederaufleben bekommen, auch
       nicht „in Form von Russophobie“. Russland rechtfertigt den Überfall auf die
       Ukraine mit der [4][Lüge eines angeblichen Nazi-Regimes in Kiew]. Westliche
       Botschafter und andere Politiker*innen nahmen aus Protest gegen
       Russlands Krieg nicht am Empfang teil.
       
       Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass sich Politiker der Linken und
       der AfD für russische Propaganda einspannen lassen. Chrupalla bestätigte
       der taz seine Teilnahme. Er schenkte dem Botschafter nach eigenem Bekunden
       „eine Tasse mit preußischem Adler. Für Frieden und Aussöhnung!“. Ihm sei
       wichtig gewesen, die „deutsche Sicht auf Geschichte und Gegenwart
       selbstbewusst darzulegen“, so Chrupalla zur taz. Möglicherweise ja die von
       Gauland, der bekanntlich den Faschismus nur für einen „Vogelschiss in über
       1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“ hält.
       
       Für seinen guten Draht nach Moskau wurde AfD-Chef Chrupalla auch
       innerparteilich immer wieder scharf angegriffen, der Russlandkurs der
       Partei ist Gegenstand vieler Auseinandersetzungen.
       
       ## Auch Höcke steht für einen freundlichen Russlandkurs
       
       [5][Zuletzt gab es deutliche Kritik], als er gemeinsam mit dem russischen
       Botschafter an der Gedenkstätte Seelower Höhen am Jahrestag von Stalingrad
       gedacht hatte und die russische Botschaft auch das propagandistisch
       ausgeschlachtet hatte. Chrupalla distanzierte sich danach von einer
       Pressemitteilung der Botschaft. Gauland besuchte schon [6][2014 „für
       strategische Beratung“ die Russische Botschaft]. Beide AfD-Politiker
       reisten [7][in der Vergangenheit nach Russland].
       
       Das ZDF berichtet mittlerweile aus [8][internen Chatverläufen der
       Bundestagsfraktion], dass viele AfD-Abgeordnete Rechenschaft von Chrupalla
       und Gauland fordern. Sogar Rufe nach einer Sonderfraktionssitzung seien
       laut geworden. Vize-Fraktionsvorsitzender Norbert Kleinwächter schrieb
       demnach im internen Chat: „Jeder, Freund wie Feind, würde Tinos Rücktritt
       von allen Ämtern begrüßen. Ich fordere ihn nicht, hielte ihn aber für einen
       Segen für unsere Partei und Fraktion.“ Die Nachricht kursierte bereits auf
       Facebook und Twitter.
       
       Während sich die Abgeordneten über Chrupalla und Gauland offenkundig die
       Köpfe heißreden, fielen laut ZDF darüber hinaus auch offen
       geschichtsrevisionistische und rassistische Aussagen. So bezeichneten
       Abgeordnete im Chat den 8. Mai als „Tag der Schande“ und nannten die Rote
       Armee „barbarische Mongolenstürme“. So hatte auch NS-Propagandaminister
       Joseph Goebbels die Rote Armee genannt.
       
       Für einen freundlichen Russlandkurs hingegen steht auch Björn Höcke,
       Chef-Revisionist des völkisch-nationalistischen AfD-Flügels, der eine
       erinnerungspolitische Wende um 180 Grad fordert. Auch der hatte anlässlich
       des Jahrestags der Befreiung vom Nationalsozialismus am 8. Mai in Weimar
       gesprochen. Der Historiker und Leiter der in der Nähe befindlichen
       KZ-Gedenkstätte Buchenwald, Jens-Christian Wagner, wertete das als
       [9][„geschichtspolitische Provokation“]. Höcke sei ein „notorischer
       Antisemit, Rassist und Geschichtsrevisionist“.
       
       Der Thüringer AfD-Chef nannte dann bei seiner Rede vor rund 500
       Anhänger*innen Antifaschisten die neuen Faschisten und sprach davon,
       Widerstand gegen „eine digitale Diktatur im Namen von Antifaschismus,
       Buntismus und Weltklimarettung“ leisten zu wollen. Begleitet wurde Höcke
       vom Lärm der über 1.000 Gegendemonstrant*innen.
       
       Update, 11. 5. 2023: Text wurde ergänzt.
       
       10 May 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/gebauerspon/status/1656288512369410049
 (DIR) [2] https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/jahrestag-des-sieges-ueber-die-nazis-empfang-in-der-russischen-botschaft-li.346797
 (DIR) [3] https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2023/05/ovg-verbot-russische-fahnen-gedenktage-berlin.html
 (DIR) [4] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/russland-propaganda-105.html
 (DIR) [5] /AfD-und-Russland/!5911068
 (DIR) [6] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-sucht-rat-aus-russland-strategiesitzung-in-der-botschaft-a-1006983.html
 (DIR) [7] /Die-AfD-und-der-Krieg-in-der-Ukraine/!5844230
 (DIR) [8] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/afd-chatgruppe-russland-100.html
 (DIR) [9] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/hoecke-kz-buchenwald-weimar-erinnerung-100.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gareth Joswig
       
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