# taz.de -- Gericht bestätigt Milieuschutzgebiet: Niederlage für Immobilienlobby
       
       > Mit der Klage gegen ein Milieuschutzgebiet in Charlottenburg ist ein
       > Eigentümer gescheitert. Ein Gutachten der Immobilienlobby konnte nicht
       > helfen.
       
 (IMG) Bild: Hoffnungsschimmer für Mieter*innen: Milieuschutzgebiete
       
       BERLIN taz | Ein Immobilieneigentümer, der sich gegen das Instrument des
       Milieuschutzgebietes zur Wehr gesetzt hatte, ist vor dem Verwaltungsgericht
       gescheitert. Geklagt hatte er gegen das Bezirksamt
       Charlottenburg-Wilmersdorf, das ihm die Umwandlung bisheriger Miet- in
       Eigentumswohnungen in einem Mehrfamilienhaus in der Schillerstraße 84
       untersagt hatte. An der erst im Juni erfolgten Ausweisung des
       Milieuschutzgebietes Karl-August-Platz hatte das Gericht nichts zu
       bemängeln – und stärkte damit das Instrument insgesamt.
       
       Soziale Erhaltungsgebiete, also Kieze, die unter Milieuschutz gestellt
       sind, haben das Ziel den Verlust von günstigem Wohnraum und damit
       Verdrängungseffekte zu vermeiden, etwa in dem Sanierungen oder
       Nutzungsänderungen genehmigungspflichtig werden. Allerdings kann das damit
       zusammenhängende [1][Umwandlungsverbot] [2][umgangen werden], wenn sich
       Vermieter*innen verpflichten, die umgewandelten Wohnungen sieben Jahre
       lang nur an die Mieter*innen zu verkaufen und sie weitere fünf Jahre vor
       Eigenbedarfskündigung zu schützen.
       
       Um seine Wohnungen schneller verwerten zu können, versuchte der Kläger das
       Mittel des Milieuschutzes grundsätzlich infrage zu stellen. Dabei berief er
       sich auf eine Studie des Wirtschaftsinstituts Empirica, mit der
       Immobilieneigentümer zum Generalangriff auf die Milieuschutzgebiete samt
       ihrer Umwandlungsverordnungen blasen wollten. Die Studie aus dem August
       vergangenen Jahres hatte den untersuchten 51 Gutachten in Berlin und
       Hamburg, die der Aufstellung von Milieuschutzgebieten vorausgehen,
       methodische und inhaltliche Schwächen vorgeworfen.
       
       Auftraggeber der Untersuchung war der in Berlin ansässige Verein zur
       Förderung von Wohneigentum. Dessen Vorsitzender Jacopo Mingazzini war
       Geschäftsführer der von ihm gegründeten Accentro GmbH, eine Subfirma des
       börsennotierten Konzerns Accentro Real Estate, in dessen Vorstand er auch
       saß. Accentro ist auf die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen
       spezialisiert und gilt als einer der aggressivsten Verdränger auf dem
       Berliner Wohnungsmark. Mingazzini ist stellvertretender
       Vorstandsvorsitzender der Liberalen Immobilienrunde der FDP.
       
       ## Sicherheit für Mieter*innen
       
       Der Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Oliver Schruoffeneger (Grüne)
       freute sich über das Urteil: „Das Gericht hat damit klargestellt, dass die
       kleinteiligen Kritikpunkte wie sie von Empirica dargestellt und im
       politischen Raum übernommen wurden, nichts an der grundsätzlichen
       Richtigkeit der bezirklichen Milieuschutzausweisungen ändern.“ Das Urteil
       schaffe Sicherheit für die mehr als 50.000 Mieter*innen, die in
       bedenklichen Milieuschutzgebieten leben und stärke den Bezirk darin,
       weitere Gebiete auszuweisen, hieß es in einer Mitteilung.
       
       Laut Niklas Schenker, Fraktionschef der Linken, hätten sich CDU und FDP in
       der Bezirksverordnetenversammlung das Gutachten „zu Eigen gemacht“ und
       ebenfalls gegen neue Milieuschutzgebiete argumentiert. „Die Angriffe der
       Immobilienlobby auf den Mieterschutz sind ins Leere gelaufen“, sagte
       Schenker. Er forderte weitere Milieuschutzgebiete, da der Bezirk berlinweit
       hinterher hinke.
       
       Bereits im März war eine Eigentümerin eines Grundstücks im
       Milieuschutzgebiet Schöneberger Süden mit einer Normenkontrollklage gegen
       die Erhaltungsverordnung vor dem Oberverwaltungsgericht gescheitert. Auch
       dort hatte das Gutachten eine Rolle gespielt und die Richter*innen nicht
       überzeugt. Der Berliner Mieterverein sprach schon damals von einer
       Niederlage für den Verein zur Förderung von Wohneigentum in Berlin.
       
       7 Jul 2021
       
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