# taz.de -- Globaler Klimastreik am Freitag: Proteste von Kapstadt bis Wien
       
       > Überall auf der Welt protestieren Menschen für mehr Klimagerechtigkeit.
       > In Berlin kommt auch Greta Thunberg auf die Demo.
       
 (IMG) Bild: Auch in Prag gehen Aktivist:innen gegen den Klimawandel auf die Straße
       
       BERLIN dpa/taz | Unter dem Motto „Uproot the system“ (etwa: stell das
       System auf den Kopf) sind im Laufe des Freitags weltweit Menschen für einen
       ehrgeizigeren Klimaschutz auf die Straße gegangen. Allein in Deutschland
       laufen in mehr als 470 deutschen Städten Proteste als Teil des globalen
       Klimastreiks. Die Aktivist:innen von Fridays for Future (FFF) halten
       die Klimaziele aller Parteien für zu wenig ehrgeizig, um die Erderwärmung
       bis Ende des Jahrhunderts auf 1,5 Grad zu begrenzen. In Berlin begann der
       Klimastreik um 12 Uhr, zehntausende folgten dem Aufruf. Greta Thunberg soll
       später eine Rede halten. In Hamburg unterstützt Sänger Jan Delay den
       Protest.
       
       „Keine halbherzigen Kompromisse mehr – Die Klimakrise erfordert eine
       Politikwende“, verlangt der Umweltverband BUND. Zur Debatte über Kosten des
       Klimaschutzes erklärt der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt: „Wenn wir jetzt
       nicht handeln, sind die Kosten viel höher.“
       
       FFF-Aktivistin Luisa Neubauer fordert von der kommenden Bundesregierung
       einen Klimaschutz, der radikaler sein müsse „als jemals zuvor angedacht“.
       Sie sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Freitag: „Man wird nach
       der Wahl versuchen Ausreden zu suchen, warum man konsequenten Klimaschutz
       doch nicht umsetzen kann.“ Dabei wisse man längst, dass breite Mehrheiten
       hinter dem Klimaschutz stünden: „Die Politik ignoriert die
       wissenschaftlichen Warnungen auch im Jahr 2021, aber uns auf der Straße
       kann sie nicht ignorieren.“
       
       Bei dem seit 26 Tagen andauernden Hungerstreik am Reichstag versammelten
       sich spontan immer wieder Passant:innen und unterstützen die
       Streikenden. „Danke für all die Solidarität über die letzten Wochen!“,
       schreiben die Organisator:innen auf Twitter. Kurz vor den
       Demonstrationen hat eine Sprecherin von FFF den Hungerstreik verteidigt.
       „Ich finde es vor allem erstmal erschütternd, dass junge Menschen in
       Anbetracht des politischen Versagens, das wir im Bereich der Klimakrise
       erleben, das Gefühl haben, zu diesem Mittel greifen zu müssen“, sagt die
       FFF-Sprecherin Carla Reemtsma. FFF selbst ruft allerdings nicht zum
       Hungerstreik auf. Zum globalen Klimastreik schreibt sie auf Twitter: „Wir
       werden die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen nicht hinnehmen!“
       
       ## Verzweifelt wegen des Hochwassers
       
       In Köln treffen sich Aktivist:innen unter anderem an den Uniwiesen.
       „Ich komme aus Erftstadt“, sagt Jonathan May auf die Frage, warum er an der
       Klimademo in Köln teilnimmt. Das nordrhein-westfalische Erftstadt traf das
       Hochwasser vor sechs Wochen hart. Mays Elternhaus wurde schwer beschädigt.
       Er sei bisher „kein krasser Demogänger gewesen, sagt May. Aber die
       Hochwasserkatastrophe haben ihn „wütend und verzweifelt“ gemacht.
       
       Corinna Mayer geht am Sonntag zur Wahl. Die 21-Jährige deutet an, dass sie
       dieses Mal nicht die Grünen wählen will und dass es mit Annalena Baerbock
       zu tun haben könnte. Ihr Klimaanliegen hat May mit schwarzem Filzer auf
       braune Pappe geschriebenen: „Help more Bees; Plant more Trees; Clean the
       Seas“.
       
       Die Uniwiese ist einer von drei Punkten, an denen in der Kölner Innenstadt
       die Klimademos starten, um sich am Neumarkt zu vereinigen und dann
       gemeinsam über die Deutzer Brücke zur Abschlusskundgebung zu ziehen. Um 15
       Uhr will SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz auf dem Heumarkt wahlkämpfen. Da
       dürfte die Klimademo schon weg sein.
       
       ## Verstärkung aus Mexiko
       
       In Wien gab es schon am Donnerstag Proteste. „Au statt Stau“, „Lobau
       bleibt“, sind die Slogans, mit denen eine Gruppe von Greenpeace-Leuten am
       Donnerstag den Vorraum des Büros von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig
       (SPÖ) besetzte. 24 Stunden später war der Stadtvater der Aufforderung, eine
       Schnellstraße durch das Naturschutzgebiet Lobau abzusagen, noch nicht
       nachgekommen. „Er verweigert das Gespräch“, hieß es bei Greenpeace.
       
       Währenddessen sammelten sich am Praterstern mehrere hundert mehrheitlich
       jugendliche Demonstrierende. Die Versammlung gipfelte am Nachmittag mit
       einer Kundgebung am Heldenplatz. Eine Delegation der mexikanischen
       Zapatistas verstärkte sie. Vor zehn Tagen sind sie in Wien angekommen und
       inzwischen über halb Europa ausgeschwärmt, um über ihr Autonomieprojekt im
       Bundesstaat Chiapas zu berichten.
       
       Der 24. September ist auch ein Tag des weltweiten Protestes gegen den Krieg
       niederer Intensität in Chiapas unter dem Motto „Keine Angriffe mehr auf
       zapatistische Gemeinden“. Die Menschenrechtsorganisation Südwind fordert
       von reichen Industrienationen mehr Unterstützung für die von der Klimakrise
       besonders hart getroffenen ärmeren Weltregionen. „In Bezug auf
       Klimagerechtigkeit ist Österreich ein echtes Negativbeispiel und hinkt in
       allen Belangen hinterher“, sagt Geschäftsführer Konrad Rehling. Auch in den
       österreichischen Landeshauptstädten zogen Klimastreikende durch die
       Straßen.
       
       Im südafrikanischen Kapstadt demonstriert ein Bündnis der „Climate Justice
       Coalition“ gegen die Energiepolitik der Regierung. Es fordert eine Abkehr
       von der Kohle und mehr Investitionen in erneuerbare Energien. „Die
       Klimakrise wird die Coronakrise wie eine Teeparty aussehen lassen“, sagt
       Extinction-Rebellion-Aktivistin (XR) Sunny Morgan. Der südafrikanische
       Energieminister Gwede Mantashe solle zurücktreten. Schon Donnerstag
       ketteten sich XR-Aktivist:innen an ein Büro des Energieministeriums (DMRE).
       Außerdem inszenierten sie Leichen, die die Folgen der Kohlepolitik
       symbolisieren sollen.
       
       ## Lockdown in Australien
       
       In Australien demonstriert dieses Jahr niemand, da das Land wegen des
       Coronavirus noch im Lockdown ist. „Es ist frustrierend, nicht streiken zu
       können, wenn wir heute eigentlich auf der Straße sein sollten“, sagt
       FFF-Sydney-Aktivistin Patsy Islam-Parsons der taz. Sie wünschte allen, die
       streiken können, viel Erfolg. Denn schließlich warte die Klimakrise nicht.
       2019 und 2020 weiteten sich Buschbrände in Australien auf 126.000
       Quadratkilometer aus, mehr als drei Milliarden Tiere starben. Auch andere
       Erdteile spüren die Klimakrise jetzt schon.
       
       Auf den Philippinen versammelten sich Demonstrierende in der Hauptstadt
       Manila. „Sea is rising, so are we“, schrieben sie auf ihren Plakaten. Die
       Proteste vereinten junge Leute, Städter:innen und auch Fischerleute. Die
       Philippinen sind unmittelbar bedroht, sollten der Meeresspiegel weiter
       ansteigen.
       
       24 Sep 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nathanael Häfner
       
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