# taz.de -- Grundsatzrede zeigt Stoßrichtung Chinas: Das Weltbild des Xi Jinping
       
       > Eine „Verwestlichung“ lehnt Chinas Staatschef in einer vor
       > Selbstbewusstsein nur so strotzenden Grundsatzrede ab. Und über allem
       > steht die Partei.
       
 (IMG) Bild: Kernbotschaft mit Selbstbewusstsein: Der chinesische Staatschef Xi Jinping
       
       PEKING taz | Es ist ein gar nicht so leichtes Unterfangen, sich durch die
       Reden des chinesischen Staatschefs zu wälzen: Zum einen liegt dies an der
       sperrigen Rhetorik, andererseits sind die ideologischen Chiffren des
       Parteivorsitzenden oft nur mühsam zu dekodieren. Doch wenn der 69-Jährige
       seine erste Grundsatzrede seit Langem hält, hat die Weltöffentlichkeit
       guten Grund, einmal genauer zuzuhören. Schließlich skizziert Xi – nur einen
       Monat, ehe er beim Nationalen Volkskongress seine dritte Amtszeit beginnen
       wird – die politische Stoßrichtung Chinas der nächsten Jahre.
       
       Xis Kernbotschaft am Dienstag strotzt vor Selbstbewusstsein: China habe
       „den Mythos entlarvt, dass Modernisierung gleich Verwestlichung“ bedeute.
       Mehr noch: Der chinesische Weg diene den [1][Entwicklungsländern des
       Globalen Südens] als Vorbild. Seit einigen Jahren bereits versucht die
       Volksrepublik ihr autokratisches Regierungsmodell ins Ausland zu
       expandieren. Dabei lässt sich in der Argumentation der Staatsführung ein
       deutlicher Paradigmenwechsel beobachten: Lehnte Peking früher noch Begriffe
       wie „Demokratie“ und „Menschenrechte“ als eurozentristisch ab, hat man
       diese mittlerweile für sich selbst vereinnahmt.
       
       So behauptet die chinesische Führung schlicht, dass man die bessere,
       „ganzheitliche Demokratie“ repräsentiere. Dabei wird insbesondere das Recht
       auf wirtschaftliche Entfaltung hervorgehoben, schließlich hätte kein
       anderes Land der Welt in solch kurzer Zeit so viele Menschen aus der Armut
       gehoben wie China.
       
       Die Chuzpe, die Xi Jinping an den Tag legt, wirkt angesichts der
       derzeitigen Nachrichtenlage befremdlich. Erst am Wochenende hat die
       sogenannte [2][Spionageballon-Affäre] dafür gesorgt, dass US-Außenminister
       Antony Blinken seinen lang erwarteten Peking-Besuch platzen ließ. Auch wenn
       Xi für diese außenpolitische Blamage kaum direkt verantwortlich zu machen
       ist, hat er ein System geprägt, in dem die Hierarchien und die ideologische
       Kontrolle immer strikter wurden – und Kritik nur mehr schwer formuliert
       werden kann. Ein Beispiel ist die „Null-Covid-Politik“.
       
       Xi Jinping ist davon überzeugt, dass Chinas Staatsbeamte weiter daran
       arbeiten müssen, einen „effizienteren“ Weg als den Kapitalismus zu finden.
       Was auf dem Papier nobel klingt, schaut in der Realität weniger rosig aus:
       Zuletzt hat Xi Jinpings Wirtschaftspolitik mit zur [3][rekordhohen
       Jugendarbeitslosi]gkeit beigetragen, nachdem beispielsweise die führenden
       Tech-Unternehmen des Landes massiv reguliert wurden.
       
       Für Xi Jinping steht ohnehin ein Ziel über allen anderen – der
       Machtanspruch der Kommunistischen Partei: Nur durch diese könne das Land
       eine „glänzende Zukunft haben“. Ohne die Partei jedoch würde das Land seine
       „Seele verlieren“.
       
       8 Feb 2023
       
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