# taz.de -- Initiative „Land schafft Verbindung“: Großagrarier führt Bauernprotest an
       
       > Dirk Andresen ist an einem überdurchschnittlich großen Agrarunternehmen
       > beteiligt. Dennoch glaubt er, für alle Bauern sprechen zu können.
       
 (IMG) Bild: Davon hat Bauernführer Andresen jede Menge: Ferkel in einer Schweinezuchtanlage
       
       BERLIN taz | Der bekannteste Sprecher der Bauernprotest-Bewegung „Land
       schafft Verbindung Deutschland“, Dirk Andresen, hat eine
       überdurchschnittlich große Sauenhaltung. Laut dem beauftragten
       Ingenieurbüro, Baukonzept Neubrandenburg, wurde die Anlage der Andresens im
       vorpommerschen Siedenbollentin im Jahr 2008 für [1][1.250 Sauen] umgebaut.
       Das ist mehr als fünfmal so viel wie der durchschnittliche Sauenbestand in
       Deutschland, der nach Angaben des staatlichen
       Thünen-Agrarforschungsinstituts [2][nur 244] Tiere beträgt. Die größeren
       ostdeutschen Betriebe verdrängen zunehmend mittelständisch-bäuerliche vor
       allem im Westen.
       
       Auch die landwirtschaftliche Fläche ist groß: Die Andresen Siedenbollentin
       GmbH & Co. KG erhielt laut [3][Bundesanstalt für Landwirtschaft und
       Ernährung] im Jahr 2018 Direktzahlungen von der EU für 1.325 Hektar. Der
       Durchschnittsbetrieb in Deutschland hat nur [4][rund 60 Hektar].
       
       Andresen wollte der taz nicht mitteilen, wie groß die Anlage in
       Mecklenburg-Vorpommern ist. „Das ist der Betrieb meines Vaters“, begründete
       Andresen das. Deshalb wisse er nicht, zum Beispiel wie viele Sauen dort
       gehalten werden. Es seien „auf jeden Fall nicht 1.800 Sauen, eher 1.500“.
       Damit bestätigte er zumindest, dass die Anlage bei weitem
       überdurchschnittlich groß ist. Auf erneute Nachfrage räumte er ein, dass er
       an dem Betrieb beteiligt ist, was auch auf der [5][Internetseite von „Land
       schafft Verbindung“] steht.
       
       Auf die Frage, ob Andresen überhaupt für den durchschnittlichen Landwirt
       sprechen kann, antwortete er, dass in Ostdeutschland die Betriebe aus
       historischen Gründen größer seien: „Die Probleme der neuen Bundesländer
       sollen sich natürlich auch in ‚Land schafft Verbindung‘ wiederfinden.“ Sein
       Ko-Sprecher, der Bayer Sebastian Dickow, ergänzte: „Wir stehen ja für die
       Landwirtschaft als Ganzes und da gehören auch größere Betriebe dazu.“
       
       ## Überdüngung: Forscher widersprechen Bauernführern
       
       „Mit der Betriebsgröße ist eine bestimmte Interessenlage verbunden“, sagte
       dagegen Ulrich Jasper, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft
       bäuerliche Landwirtschaft, zur taz. Wenn mehr Bauern wüssten, wie groß
       Andresens Betrieb ist, würden sich viele nicht von ihm vertreten lassen,
       meint er.
       
       Tausende Landwirte der Bewegung wollen am Freitag erneut gegen
       Umweltvorschriften für ihre Branche demonstrieren. Veranstaltungen mit
       Traktoren würden zum Beispiel am Rande der Agrarmesse „Grüne Woche“ in
       Berlin sowie in Bayern, Niedersachsen, Bremen und Hessen stattfinden,
       kündigten die Organisatoren an.
       
       Sie wenden sich vor allem gegen einen Entwurf des Bundesagrarministeriums
       für eine Reform der Düngeverordnung. Er soll besonders die Düngung mit
       Stickstoff einschränken. Denn die potenziell gesundheitsschädliche
       Stickstoffverbindung Nitrat belastet das Grundwasser, aus dem das meiste
       Trinkwasser gewonnen wird. In der Umwelt trägt zu viel Dünger zum
       Aussterben von Pflanzen- und Tierarten sowie zum Klimawandel bei.
       
       Der durchschnittliche Bauer würde aber gar nicht überdüngen, sagte
       Sebastian Dickow, Sprecher der Bewegung, der taz. In den jüngsten
       [6][Stickstoffflächenbilanzen für Deutschland] hatte die Universität Gießen
       jedoch festgestellt, dass die Landwirtschaft ihren Feldern von 2008 bis
       2017 pro Hektar im Schnitt 77 Kilogramm mehr Stickstoffdünger zugeführt
       hat, als die Pflanzen aufgenommen haben, Tendenz: steigend.
       
       „Die haben nicht den Rückgang der Tierhaltung berücksichtigt“,
       argumentierte Dickow. Der Überschuss sei deshalb geringer. „Das ist
       völliger Quatsch“, antwortete der Agrarwissenschaftler Martin Bach,
       Ko-Autor der Gießener Studie. „Das steckt natürlich da drin.“ Für die
       Bilanzen würden Daten vom Statistischen Bundesamt zu Flächennutzung,
       Erträgen, Mineraldüngung und Viehhaltung genutzt. „Die Methodik ist
       langjährig eingeführt und erprobt“, so Bach.
       
       Bauernsprecher Dickow ergänzte, der Überschuss in den Gießener Bilanzen
       enthalte zudem Stickstoff, der gar nicht ins Grundwasser ausgewaschen
       werden könne. „Was nicht auswaschungsgefährdet ist, geht in die Luft“,
       schrieb dazu der Kieler Agrarprofessor Friedhelm Taube der taz. Dort
       belasten Stickstoff-Verbindungen das Klima, über den Niederschlag gelangen
       sie wieder in den Boden. 30 bis 40 Prozent der Flächenbilanzüberschüsse
       landeten kurzfristig im Sickerwasser oder mittelfristig im Grundwasser, so
       Taube. „Ein Teil geht in die Luft“, sagte auch Bach. „Längerfristig bauen
       sich in unseren Acker- oder Grünlandböden keine Stickstoffreservoirs auf.“
       
       17 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.baukonzept-nb.de/schwerpunkte/strassen-und-wege/details/news/detail/News/sauenanlage-siedenbollentin/
 (DIR) [2] https://www.thuenen.de/media/ti-themenfelder/Nutztierhaltung_und_Aquakultur/Haltungsverfahren_in_Deutschland/Schweinehaltung/Steckbrief_Schweine2019.pdf
 (DIR) [3] https://agrarfischereizahlungen.de/Suche
 (DIR) [4] https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Jahrbuch/jb-land-forstwirtschaft.pdf?__blob=publicationFile
 (DIR) [5] https://landschafftverbindung.de/orgateams/lsv-deutschland/
 (DIR) [6] /Belastung-der-Umwelt/!5644468/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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