# taz.de -- Innenminister kündigt Beobachtung an: AfD-Nachwuchs im Visier
       
       > Verfassungsschutz in Bremen und Niedersachsen beobachtet die Junge
       > Alternative. Die überlegt, die beiden Landesverbände aufzulösen.
       
 (IMG) Bild: Ihn will die Junge Alternative aus dem Verband ausschließen: Lars Steinke
       
       HANNOVER taz | „Schwarz-rot-gold ist bunt genug!“, schrieb die Junge
       Alternative (JA) Niedersachsen während der Fußballweltmeisterschaft [1][auf
       ihrer Facebookseite]. Die Jugendorganisation der AfD macht damit deutlich,
       wie sie die deutsche Gesellschaft gern hätte. Den Nationalsozialismus nennt
       die JA in dem sozialen Netzwerk die „ominösen 12 Jahre deutscher
       Geschichte“.
       
       Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) zitiert außerdem
       ein Statement, in dem die Jugendorganisation befürchtet, dass „im Zuge der
       Masseneinwanderung“ auch der „tatsächlich menschenfressende Kannibalismus“
       nach Europa komme. Pistorius will die JA in Niedersachsen vom
       Verfassungsschutz beobachten lassen. Bremen überwacht seinen
       JA-Landesverband bereits seit vergangener Woche.
       
       „Man kann und darf nicht länger wegschauen, nicht länger beschwichtigen und
       relativieren“, sagte Pistorius – und löste damit etwas Überraschendes aus.
       Kurz nach seiner Pressekonferenz veröffentlichte der Bundesverband der
       Jungen Alternative eine Mitteilung. Der Bundesvorsitzende Damian Lohr
       kündigt darin einen außerordentlichen Bundeskongress an. Der einzige
       Tagesordnungpunkt: „die Abgliederung der JA-Landesverbände Bremen und
       Niedersachsen aus der Jungen Alternative, was einer Auflösung dieser
       Landesverbände gleichkäme“. Grund sei der Schutz der Gesamtorganisation.
       
       Bei einer eilig anberaumten Pressekonferenz der niedersächsischen AfD mit
       Christopher Jahn vom JA-Bundesvorstand hört sich das wieder zögerlicher an:
       Man werde die Vorwürfe des Innenministers prüfen, so Jahn. Aufgelöst würden
       die Landesverbände nur, wenn sich herausstelle, dass es ein strukturelles
       Problem gebe. „Ich verwahre mich dagegen, dass wir unter den
       Pauschalverdacht gestellt werden, wir wären rechtsradikal“, sagt Jahn.
       
       ## Einen schmeißen sie raus
       
       Die AfD-Landesvorsitzende Dana Guth springt ihrem Parteinachwuchs bei: „Aus
       einzelnen Posts zu sagen, einen ganze Jugendorganisation wäre
       verfassungsfeindlich und müsse beobachtet werden, ist maßlos überzogen.“
       Die zitierten Facebook-Posts könnten Ordnungsmaßnahmen für die AfD- und
       JA-Mitglieder zur Folge haben, kündigt Guth an. „Bis hin zum
       Parteiausschlussverfahren.“
       
       Gegen Lars Steinke läuft so ein Verfahren bereits. Auf der Webseite der
       rund 180 Mitglieder starken JA Niedersachsen wird er [2][noch als
       Landesvorsitzender] aufgeführt. Vor wenigen Wochen hatte der Göttinger
       Student einen bundesweiten Skandal ausgelöst: Den gescheiterten Attentäter
       des 20. Juli, Claus Schenk Graf von Stauffenberg, hatte er in einem
       internen Post als „Verräter“ bezeichnet.
       
       Schon die Wahl Steinkes zum Landeschef im Jahr 2017 hatte im
       JA-Landesverband für Diskussionen gesorgt. Der Lüneburger
       JA-Bezirksvorsitzende [3][Mario Olssen war aus Protest] sogar
       zurückgetreten. In seiner Rücktrittserklärung hatte er geschrieben, dass
       mit der Personalentscheidung auch eine Richtungsentscheidung für den
       Verband getroffen worden sei.
       
       Zwölf weitere Mitglieder hatten die Partei nach dem fünften Landeskongress
       der JA verlassen, bei dem sich Steinke, damals Bezirksvorsitzender in
       Braunschweig, mit zwei Stimmen Vorsprung gegen einen Mitstreiter
       durchsetzte. Seine Braunschweiger Bezirksgruppe war schon mehrfach
       einschlägig aufgefallen: Ein Mitglied hatte vor Kameras den Hitlergruß
       gezeigt. Zudem verhängte die JA im vergangenen Jahr gegen 20 Mitglieder
       Ordnungsmaßnahmen.
       
       Olssen begründete das damals damit, dass in einer JA-Whatsapp-Gruppe
       Aussagen gepostet wurden wie: „Wir sollten Tierversuche stoppen und
       Flüchtlinge dafür nehmen“ oder „Wir sollten endlich über eine Endlösung für
       die Musels in Deutschland nachdenken“.
       
       In der JA haben sich radikalere Kräfte als Olssen durchgesetzt. Die
       Präsidentin des niedersächsischen Verfassungsschutzes Maren Brandenburger
       (SPD) sprach gestern davon, dass es in der JA Niedersachsen „personelle und
       ideologische Überschneidungen“ mit der Identitären Bewegung und dem
       organisierten Rechtsextremismus gebe. Das seien „nicht nur Einzelstimmen,
       sondern maßgebliche Führungspersonen“.
       
       Der Verfassungsschutz kann die JA nun mit nachrichtendienstlichen Mitteln
       überwachen. Das gilt jedoch nicht für die AfD. Die trete in Niedersachsen
       leiser auf als etwa in den ostdeutschen Bundesländern, sagt Minister
       Pistorius. „Die Frage ist aber, wohin steuert sie?“
       
       3 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.facebook.com/jungealternativends/
 (DIR) [2] https://www.ja-nds.de/landesverband/landesvorstand/
 (DIR) [3] /Rechte-Partei-in-der-Krise/!5423377
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrea Maestro
 (DIR) Andreas Speit
       
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