# taz.de -- Kleinbauern vertrieben, Kaffeeplantage fertig: Blutiges Bundeswirtschaftsministerium
       
       > Ein Kaffeeunternehmen betreibt eine Plantage dort, wo Bauern vertrieben
       > wurden – unvereinbar mit Leitsätzen der OECD. Und das
       > Wirtschaftsministerium deckt das sogar.
       
 (IMG) Bild: Rainer Brüderle: Sein Ministerium empfahl, die Beschwerdeführer sollten auf "öffentliche Angriffe gegen die Neumann Gruppe verzichten".
       
       BERLIN taz | Am 21. August 2001 rückte das ugandische Militär mit
       Bulldozern und schwerem Gerät an, um rund 2.000 Kleinbauern und ihre
       Angehörigen aus ihren Häusern zu vertreiben. Drei Tage später, am 24.
       August, wurde auf demselben Areal die Kaweri Kaffeeplantage von Michael R.
       Neumann, dem Chef der Hamburger Neumann Kaffee Gruppe, und Staatspräsident
       Yoweri Museveni feierlich eingeweiht.
       
       Sieht so verantwortliches Handeln von Unternehmen aus? Die OECD hat eigens
       dafür Leitsätze geschaffen, und gegen die habe die Firma mit der
       Tolerierung der Vertreibung eindeutig verstoßen, argumentiert die
       Menschenrechtsorganisation Fian. Sie legte 2009 Beschwerde bei der
       Nationalen Kontaktstelle im deutschen Wirtschaftsministerium ein, die dort
       Streitfälle lösen soll – im Kontext des auf Freiwilligkeit beruhenden
       Verhaltenskodex.
       
       Doch das klappt nicht immer, wie der Fall zeigt. "Das erste gemeinsame
       Gespräch mit der Neumann Kaffee Gruppe, den Vertriebenen und der nationalen
       Kontaktstelle war zugleich auch das letzte" kritisiert Fian-Referent Martin
       Wolpold-Bosien. "Wir sind überrascht und nicht einverstanden damit, dass
       die Beschwerde eingestellt wurde, bevor ein substanzieller Beitrag zur
       Lösung des Konflikt geleistet wurde."
       
       ## Bundeswirtschaftsministerium wäscht Hände in Unschuld
       
       Eine Einschätzung, die im Berliner Wirtschaftsministerium so nicht geteilt
       wird. Die Kontaktstelle bescheinigt der Neumann Kaffee Gruppe, in dem guten
       Glauben gehandelt zu haben, das Land sei frei von Ansprüchen Dritter. Seit
       nunmehr zehn Jahren betreibt das Unternehmen die Plantage. Eine Lösung des
       Konflikts durch "vertrauliche Vermittlung auf Regierungsebene", wie es die
       OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen vorsehen, hat in diesem Fall
       nicht stattgefunden.
       
       Stattdessen empfahl man der Neumann Kaffee Gruppe und der Organisation der
       Vertriebenen, den Konflikt außergerichtlich beizulegen. Obendrein sollten
       die Beschwerdeführer auf "öffentliche Angriffe gegen die Neumann Gruppe
       verzichten". "Eine unangemessene Empfehlung", so Martin Wolpold- Bosien.
       Der kritisiert, dass die Kontaktstelle in Berlin der Version des
       Unternehmens mehr Bedeutung beigemessen habe.
       
       Eine Kritik, die nicht zum ersten Mal zu hören ist. Bereits 2008 hat der
       UN-Sonderbeauftragte für Wirtschaft und Menschenrechte, John Ruggie,
       Deutschland dafür kritisiert, dass die nationale Kontaktstelle im
       Wirtschaftsministerium in der Stelle angesiedelt ist, die auch für
       Auslandsinvestitionen zuständig ist. Das könne zu Interessenkonflikten
       führen. Zudem wird international kritisiert, dass die OECD-Leitsätze keine
       Sanktionsmöglichkeiten bieten. Sie werden zwar derzeit novelliert, ihren
       empfehlenden Charakter werden sie aber wahrscheinlich beibehalten.
       
       26 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Knut Henkel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ökotopia wird 30: Solidarität in die Tasse
       
       Seit drei Jahrzehnten handelt Ökotopia mit Tee und Kaffee. Einst
       Soli-Projekt für Nicaragua, ist die Firma heute einer der größten
       Biohändler Berlins.
       
 (DIR) Wem gehört der Wald in Borneo?: Nach dem Holzrausch
       
       In Kalimantan setzt die Regierung auf Palmölplantagen - und riskiert damit
       ethnische Auseinandersetzungen. Die Zeiten des illegalen Holzeinschlags
       brachten dort allen viel Geld.
       
 (DIR) Protestkarawane durch Westafrika: Gegen die "Festung Europa"
       
       2.000 Kilometer zieht eine Karawane von Flüchtlingen, Bauern und Landlosen
       zum Weltsozialforum, um Europas Abschottungspolitik anzuprangern. Die taz
       ist mit dabei.
       
 (DIR) "Land Grabbing": Ein Gebiet so groß wie Westeuropa
       
       Seit dem Jahr 2007 steigen die Lebensmittelpreise an. Seither hat auch das
       "land grabbing" zugenommen. Auf solchen Ländereien wird oft für
       ausländische Märkte produziert.