# taz.de -- Kolumne Nach Geburt: Achtung! Am Ende wird’s ernst
       
       > Jetzt bekommen auch meine Freunde Kinder und ich soll Tipps geben. Auch
       > zur Hebammenwahl und zur Geburtsvorbereitung. Das ist schlecht.
       
 (IMG) Bild: Herztöne messen
       
       Du auch? Du auch? Du auch? Glückwunsch. Glückwunsch. Glückwunsch. Es
       bekommen gerade ziemlich viele befreundete Paare Kinder. Alle Anfang 30.
       Wir sind halt viel weniger individualistisch, als wir uns einreden.
       Gemeinsame Wohnung, gemeinsamer Netflix-Account, gemeinsame Kinder. So
       läuft das.
       
       Da ich diese gottgewollte Ordnung verlassen und ein Kind vor dem
       Netflix-Account erstellt habe, bin ich nun quasi Experte auf dem
       Kinderkriegengebiet. Zumindest für die Baldväter.
       
       Ich fühle mich dann immer wie damals, als ich als Erster im Bekanntenkreis
       einen DSL-Anschluss installiert hatte und anschließend bei allen möglichen
       (meist älteren) Bekannten meiner Eltern antanzen durfte, um das auch bei
       ihnen zu erledigen.
       
       Nur fragen die Jungs mich heute nicht nach Router, Splitter und
       Netzwerkkabeln, sondern nach Elternzeit, Elterngeld, Geburtsvorbereitung
       und Hebamme. Meine Antworten in kurz: nehmen, nehmen, Vorsicht, Vorsicht.
       
       In lang: Der dazugehörige [1][Antrag ist zwar Mist], aber Elternzeit ist
       geil. Dass es auch noch Elterngeld gibt, umso besser. Und: Macht Elternzeit
       auf jeden Fall ohne Partnerin! Dieser Rat ist schnell gegeben und abgehakt.
       
       ## Im Geburtsvorbereitungskurs
       
       Bei den Geburtsvorbereitungskursen und Hebammen ist es komplexer. Da begibt
       man sich – gerade als immer ein wenig abseits stehender Mann – auf
       vermintes Gebiet: Hochesoterisch und antimodern, so kam es mir vor. Unser
       Geburtsvorbereitungskurs schien unter dem Motto „Wider die moderne Medizin“
       zu stehen. Alles Natürliche wurde gepriesen, Hausgeburten galten als
       Besteigung des Geburtsthrons. Kliniken? Ärzte? Betäubungen? Kaiserschnitte?
       Zumindest fragwürdige Erfindungen der Neuzeit. Als ich dann mal kritisch
       anmerkte, dass vielleicht nicht nur oder in erster Linie die Hebammen dafür
       verantwortlich seien, dass in den letzten Jahrzehnten die Mütter- und
       Kindersterblichkeitsraten bei uns deutlich zurückgegangen seien, herrschte
       eine Kälte im Raum, als hätte ich alle Anwesenden zur fröhlichen
       Masernimpfung eingeladen.
       
       Nicht falsch verstehen: Ich bin der festen Überzeugung, dass es dringend
       Hebammen braucht, gerade als Korrektiv gegenüber dem nicht selten kühlen
       und wenig einfühlsamen Klinikpersonal. Hebammen sind bestimmt unterbezahlt,
       müssen zu hohe Versicherungsprämien bezahlen und leisten tolle Arbeit gegen
       die Entmenschlichung der Geburt. Würden sie nur endlich ankommen in der
       Post-DSL-Zeit.
       
       ## Nach der Geburt
       
       Unser Kind war eine Beckenendlage, lag also nicht mit dem Kopf, sondern mit
       dem Po oder den Beinen nach unten. Ich habe keine einzige Hebamme
       getroffen, die uns ernsthaft über die Risiken einer natürlichen Geburt in
       diesem Fall aufgeklärt hätte. Wir wollten eine natürliche Geburt – und alle
       fanden es toll. Leider auch die Ärzte in der Klinik. Als unser Kind geboren
       wurde, hat es nicht selbstständig geatmet und sein Herz hat nicht
       geschlagen. Auch in den zehn Minuten danach nicht. Und auch in den fünf
       Minuten danach nicht.
       
       Das erzähle ich dann den Jungs: Hebammen sind wichtig, aber … Und ich
       wünschte mir, sie hätten mich nach’nem Netzwerkkabel gefragt.
       
       28 May 2016
       
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