# taz.de -- Kommunalwahlen in NRW: Den Ernst der Lage nicht begriffen
       
       > Die SPD hat ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren. Die
       > Verantwortung dafür liegt nicht nur vor Ort.
       
 (IMG) Bild: Norbert-Walter Borjans spricht von einer Trendwende und die SPD befindet sich weiterhin in der Krise
       
       Es gibt Wahlergebnisse, die lassen sich nicht schönreden. Die SPD versucht
       es trotzdem. Die Partei hat bei den Kommunalwahlen an Rhein und Ruhr am
       Sonntag [1][ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren]. Trotzdem
       behauptet ihr Vorsitzender Norbert Walter-Borjans, eine „erkennbare
       Trendwende“ zu sehen – weil es bei der Europawahl im vergangenen Jahr ja
       noch schlechter aussah.
       
       Ein ziemlich billiger Taschenspielertrick: Wenn die SPD einen Ausweg aus
       ihrer tiefen Krise finden will, sollte sie auf solche Selbstbetrügereien
       verzichten. Dass niemand aus der Führungsspitze bislang auch nur den
       Anschein erweckt, nach den tieferen Ursachen des Desasters zu suchen, lässt
       nichts Gutes erwarten.
       
       Nordrhein-Westfalen war lange Zeit das Kraftzentrum der deutschen
       Sozialdemokratie. Das Ruhrgebiet galt als ihre uneinnehmbare Bastion; auch
       in den Großstädten im Rheinland war sie eine starke Macht. Davon ist kaum
       mehr etwas geblieben. Die SPD hat vielerorts abgewirtschaftet, wirkt leer
       und verbraucht.
       
       Die Folge: Die CDU ist in weite Ferne davongeschwebt, und die Grünen haben
       einen grandiosen Wahlerfolg eingefahren – vor allem auf Kosten der SPD. Die
       Ökoliberalen, die bei der Landtagswahl 2017 noch mit der Fünfprozenthürde
       kämpften, bewegen sich nun auf Augenhöhe mit den Sozialdemokrat:innen.
       
       Bei allen Besonderheiten von Kommunalwahlen werden die Ergebnisse vom
       Sonntag dramatische Auswirkungen auf Bundesebene haben. Denn der SPD ist
       ausgerechnet in ihrem Stammland die lokale Verankerung verlorengegangen,
       die sie braucht, um bei der kommenden Bundestagswahl ein respektables
       Ergebnis einzufahren.
       
       Es ist noch nicht so lange her, da wäre es unvorstellbar gewesen, dass die
       SPD in Aachen, Paderborn oder Mülheim an der Ruhr nur auf dem dritten Platz
       rangiert. Nur um Haaresbreite blieb ihr dieses Schicksal in Köln erspart –
       bei großem Rückstand auf die Grünen. In Dortmund, Duisburg oder Oberhausen,
       wo sie über Jahrzehnte mit absoluten Mehrheiten regierte, kommt die Partei
       jetzt gerade mal auf knapp über 30 Prozent. In Essen, Bielefeld oder
       Wuppertal, der Heimat von Friedrich Engels und Johannes Rau, liegt sie
       sogar darunter. Und in Bonn, Düsseldorf oder Münster schafft die SPD nicht
       einmal mehr die 20-Prozent-Marke.
       
       Für den Niedergang gibt es in jedem einzelnen Fall vor allem lokale
       Erklärungen. Aber der Gesamttrend ist zu eindeutig, um die Verantwortung
       alleine auf die kommunale Ebene zu schieben. Walter-Borjans, Saskia Esken
       und Kevin Kühnert sollten sich Gedanken darüber machen, ob es wirklich so
       eine kluge Idee war, Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten gekürt zu haben. Es
       wird eng für die SPD. Auch wenn sie den Ernst der Lage nicht zu begreifen
       scheint.
       
       14 Sep 2020
       
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