# taz.de -- Kriegsdienstverweigerer in der Ukraine: Die Freiheit, ‚Nein‘ zu sagen
       
       > Die Ukraine will ihre Freiheit verteidigen. Aber sie beschneidet diese
       > Freiheit, wenn sie auch Pazifisten an die Front zwingt.
       
 (IMG) Bild: Ukrainische Soldaten an der Front in Saporischschja im Juni 2023
       
       Die Ukraine hat jedes Recht, den Angriff Russlands abzuwehren. Sie hat das
       Recht, andere Länder um Waffen zu bitten und Soldaten an die Front zu
       schicken. Aber hat sie auch das Recht, jeden Einzelnen, genauer gesagt
       jeden Mann, zum Frontdienst zu verdammen?
       
       Juristisch ist die Sache klar. Laut ukrainischem Gesetz dürfen Männer seit
       Kriegsbeginn nicht einmal mehr das Land verlassen. Der Pazifist Juri
       Scheljaschenko stellt genau diese Rechtslage moralisch infrage. Deswegen
       wird er nun drangsaliert. Sein Haus wurde durchsucht. [1][Ihm droht Haft
       wegen „Störung der Mobilisierung“.]
       
       Klar. Es ist nachvollziehbar, dass der Führung der Ukraine ein [2][Pazifist
       wie Scheljaschenko] ein Dorn im Auge ist. Schon weil er das Bild einer
       durchweg geschlossenen Haltung der Ukraine infrage stellt. Weil er
       Waffenlieferungen an sein Land als Beitrag zur Eskalation kritisiert. Und
       man kann zu dem Schluss kommen, dass diese antimilitaristische Haltung
       angesichts der massiven Angriffe aus Russland naiv ist. Dass es nur eine
       schöne Utopie ist, wie Scheljaschenko darauf zu hoffen, dass die
       Russ:innen zu Tausenden desertieren, wenn sie nur sehen, dass es in der
       Ukraine eine entsprechende antimilitaristische Friedensbewegung gäbe.
       
       Aber beim Krieg bleibt immer das Dilemma: Er setzt voraus, dass Menschen
       Menschen töten. Auf beiden Seiten. Und eigentlich ist es ein
       zivilisatorischer Fortschritt zu wissen, dass das gegen höchste Werte
       verstößt.
       
       Doch selbst für das keineswegs nur christliche Gebot „Du sollst nicht
       töten“ kann man Ausnahmen definieren. Man kann diese Ausnahmen sogar so gut
       begründen, [3][dass sie schweren Herzens auch für jene nachvollziehbar
       sind, für die Gewaltfreiheit sonst ein unantastbares Gut ist.] Aber kein
       Krieg kann so gerecht sein, [4][dass jeder Einzelne das Recht verliert,
       sich ihm zu verweigern].
       
       Wer, um die Freiheit seines Landes zu verteidigen, die Freiheit seiner
       Bürger:innen beschneidet, verliert vor allem eins: die Freiheit. Klingt
       pathetisch? Mag sein. Aber so ist es, wenn man an moralischen Werten
       festhält.
       
       8 Aug 2023
       
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 (DIR) Gereon Asmuth
       
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