# taz.de -- Landstrom für Kreuzfahrtschiffe: Hamburgs viel zu lange Leitung
       
       > Im Hamburger Hafen soll künftig die Mehrheit der Kreuzfahrtschiffe mit
       > Landstrom versorgt werden. Die Linke hält das für Greenwashing.
       
 (IMG) Bild: Kreuzfahrtschiffe wie die MSC Virtuosa sollen im Hamburger Hafen mit Ökostrom versorgt werden – einigen ist das zu teuer
       
       HAMBURG taz | Die Hamburger Wirtschaftssenatorin nennt es „ein deutliches
       Zeichen für mehr Umweltschutz“, die Linke geißelt den Plan als
       „Greenwashing“: Die Mehrheit der Kreuzfahrtschiffe, die in diesem Jahr den
       Hamburger Hafen anlaufen, sollen per Landstrom versorgt werden.
       
       Nun kann man einwenden, dass die [1][Kreuzfahrt als schwimmende Kleinstadt
       so viel CO2 ausstößt, dass Greenwashing schon im Ansatz scheitert].
       Andererseits verbringen die Schiffe mehr als die Hälfte der Zeit in Häfen –
       da macht es einen Unterschied, wie sie währenddessen die Energie für all
       die Schwimmbäder, Kinos oder auch Eislaufbahnen erzeugen. Entweder mit den
       bordeigenen Motoren mit Schweröl, Schiffsdiesel oder Gas und entsprechend
       hohem CO2-Ausstoß – oder aber mit Landstrom, der in Hamburg aus
       regenerativen Quellen stammen soll.
       
       Dass Landstrom-Versorgung sinnvoll ist – so weit ist man sich auch in
       Hamburg einig. Doch die Linke glaubt nicht, dass der Senat die Weichen so
       stellt, dass dieses Ziel erreicht werden wird. Denn einerseits, so
       argumentiert deren umweltpolitischer Sprecher in der Bürgerschaft, Stephan
       Jersch, seien gar nicht alle Schiffe landstromtauglich. Und selbst unter
       denen, die diese Voraussetzung erfüllen, seien nicht alle zertifiziert und
       damit für die [2][Landstromversorgung] freigegeben.
       
       „Die Zahlen belegen eindeutig, dass die Vorstellung des Senats weit von der
       Realität entfernt ist, sodass hier von einer Täuschung gesprochen werden
       kann“, schreibt Jersch. „Das ist Greenwashing par excellence – zugunsten
       der Kreuzfahrtindustrie.“ 2024 sollen laut Senat 180 Schiffsanläufe mit
       Landstrom versorgt werden – laut Jersch sind darunter nur 46 Anläufe von
       Schiffen, bei denen das möglich ist.
       
       ## Mehr politischer Druck gefordert
       
       Warum nutzt die Kreuzfahrtbranche, die schon im kommenden Jahren für 70
       Prozent ihrer Emissionen Zertifikate kaufen muss, das Landstromangebot so
       wenig? Die Antwort ist einfach: Der Landstrom ist teurer. Um wie viel, ist
       unbekannt, denn die Reedereien machen keine Angaben dazu. Der Hamburger
       Senat, so beschreibt es zumindest die Linke, will den Reedereien und der
       einträglichen Tourismusbranche nicht auf die Füße treten.
       
       In der Senatsantwort auf eine Anfrage der Linken nach Vereinbarungen zur
       Landstromnutzung heißt es wenig informativ: „Der Hafen Hamburg unterhält
       einen regelhaften Austausch mit den Kreuzfahrtreedereien.“ Vereinbarungen
       mit den Reedereien, die noch nicht über landstromfähige Schiffe verfügen,
       soll es „bis spätestens 2030 geben“.
       
       Glaubt man den Kritiker:innen, wäre mehr Druck notwendig. „Ohne
       politische Vorgaben stellt der Preisunterschied einen wirtschaftlichen
       Nachteil dar, sodass Reedereien trotz der Nachteile für die Luftqualität
       weiterhin Strom an Bord erzeugen, statt erneuerbaren Landstrom zu nutzen“,
       schreibt Christian Kopp, Referent für [3][Verkehrspolitik beim Nabu].
       Gerade in Hamburg, wo der Hafen so nahe bei der Innenstadt liegt, sei „ein
       Blick auf die Luftqualität“ wichtig.
       
       Genau das ist es, was auch die Hamburger Linke fordert. Tatsächlich hatte
       Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) im April 2023 in einem Interview mit
       dem Hamburger Abendblatt eine ganz andere Entschiedenheit gezeigt: Man
       wolle nicht auf die für 2030 geltende EU-Regelung zur Landstrompflicht in
       allen wichtigen Häfen warten. Er kündigte Gespräche mit Rotterdam,
       Amsterdam und Genua an – doch bislang sind keine Ergebnisse bekannt. In der
       Senatsantwort heißt es lediglich: „Der Erste Bürgermeister hat persönliche
       Gespräche geführt.“
       
       Immerhin kann sich der Senat darauf berufen, dass die Zahl der
       Landstromversorgungen zwischen 2017 und 2023 von 9 auf 35 gestiegen ist.
       Eine neue Landstromanlage am Terminal in Steinwerder, die in diesem Jahr in
       Betrieb gehen soll, wird laut Mitteilung der Wirtschaftsbehörde „den Anteil
       der Landstrom-Versorgungen an allen Anläufen erheblich erhöhen“. Eine
       Anfrage der taz, wie die Behörde mit nicht landstromfähigen Schiffen
       umgehen will, wurde bis Redaktionsschluss nicht beantwortet.
       
       23 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Klimasuender-Kreuzfahrtschiffe/!5875950
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