# taz.de -- Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke: Durchaus eine geschickte Lösung
       
       > Laufzeitverlängerung nur, wenn es gar nicht anders geht: Habecks
       > Stresstest-Schlussfolgerung stellt niemanden wirklich zufrieden. Trotzdem
       > ist sie klug.
       
 (IMG) Bild: Robert Habeck versucht, mit seinem AKW-Kompromiss der Sündenbock-Rolle zu entkommen
       
       Es war keine angenehme Ausgangsposition für Robert Habeck: Auf der einen
       Seite lauerten die oppositionelle Union und [1][der Koalitionspartner FDP]
       darauf, dem grünen Wirtschaftsminister die Verantwortung für sämtliche
       Versorgungsengpässe im Winter geben zu können, wenn er eine
       Laufzeitverlängerung für die deutschen Atomkraftwerke ablehnt. Auf der
       anderen Seite drohte ein massiver Konflikt mit Umweltverbänden und Teilen
       der eigenen Parteibasis, wenn er die AKWs länger als bis zum Jahresende am
       Netz lässt.
       
       Und der verschärfte Stresstest, der klären sollte, ob eine
       Laufzeitverlängerung erforderlich ist, um Versorgungsprobleme im nächsten
       Winter zu verhindern, war dabei keine wirkliche Hilfe. Der hat zum einen
       gezeigt, dass in Süddeutschland der Strom im Winter kurzzeitig tatsächlich
       knapp werden kann, wenn viele ungünstige Annahmen – AKW-Ausfälle in
       Frankreich, Niedrigwasser, Gasmangel und stark steigender Stromverbrauch –
       zusammenkommen. Zum anderen wurde deutlich, dass ein Weiterbetrieb der
       beiden süddeutschen Reaktoren daran nur sehr wenig ändern würde – aber ein
       bisschen was eben schon.
       
       [2][Habeck hat sich in dieser Situation für einen Kompromiss entschieden]:
       Er will abwarten, ob das Extremszenario aus dem Stresstest tatsächlich
       eintritt. Nur dann sollen Isar 2 und Neckarwestheim II weiterlaufen dürfen,
       und auch das nur maximal bis zum Ende der Heizperiode im April.
       Anderenfalls ist auch dort wie geplant zum Jahresende Schluss.
       
       Wirklich zufrieden ist mit dieser Lösung niemand: Atomkraftgegner sehen
       schon die Möglichkeit einer streng befristeten Laufzeitverlängerung als
       bösen Verrat an. Union und FDP sind dagegen empört, dass die AKWs nicht auf
       jeden Fall am Netz bleiben. Zudem verursacht der Plan Kosten und Aufwand,
       selbst wenn am Ende gar kein zusätzlicher Strom erzeugt wird.
       
       ## Die Entscheidung ist der beste Ausweg
       
       Trotzdem ist die Entscheidung vermutich der beste Ausweg aus dem Dilemma.
       Habeck zeigt, dass er bereit ist, wichtige Positionen seiner Partei zu
       räumen, wenn es wirklich nötig ist – aber eben nur dann.
       
       Natürlich werden Populisten aller Art trotzdem versuchen, den Grünen die
       Schuld für [3][sämtliche Energie-Probleme der nächsten Monate]
       zuzuschieben. Doch das fällt ihnen nun zumindest nicht mehr ganz so leicht.
       
       Und die Anti-Atom-Bewegung ist allein wegen der unwahrscheinlichen
       Möglichkeit etwas längerer Laufzeiten empört. Doch auch dafür gibt es wenig
       Grund. Denn während Habeck einen Weiterbetrieb der AKWs für wenige Monate
       zumindest für möglich hält, hat er zugleich klar gemacht: Nach Ende des
       nächsten Winters ist Atomkraft in Deutschland definitiv Geschichte.
       
       6 Sep 2022
       
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 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
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