# taz.de -- Luftangriffe des türkischen Militärs: Ziele Syrien und Irak angegriffen
       
       > Die Türkei hat den Beginn eines neuen Militäreinsatzes in Nordsyrien und
       > im Irak verkündet. Die Regionen würden als Terror-Stützpunkte genutzt.
       
 (IMG) Bild: Mindestens zwölf Menschen sollen in der Nacht bei Luftangriffen getötet worden sein
       
       ISTANBUL taz | Die türkische Luftwaffe hat in der Nacht auf Sonntag in
       einer sogenannten Operation „Klauenschwert“ mehrere Ziele in Nordsyrien und
       im Nordirak angegriffen. Laut einer Mitteilung des
       Verteidigungsministeriums sind die Angriffe als Vergeltung für den
       [1][Terroranschlag in Istanbul am Sonntag vor einer Woche] gedacht.
       
       „Die Terror-Angreifer werden zur Rechenschaft gezogen“, twitterte das
       türkische Militär; jetzt sei „Rechenschaftszeit“. Offiziell rechtfertigt
       die türkische Regierung sich mit Verweis auf Artikel 51 der UN-Charta, in
       der das Selbstverteidigungsrecht eines Landes geregelt ist.
       
       Nach offiziellen Angaben waren die Ziele der Angriffe Stellungen der
       syrischen Kurdenmiliz YPG rund um die Stadt Kobane und Bunker und Höhlen
       der PKK im Sindschargebirge im Nordirak. Türkische Medien berichten, dass
       die Luftangriffe in zwei Wellen mit jeweils zehn Kampfbombern vom
       Luftwaffenstützpunkt Diyarbakir ausgingen.
       
       Hauptziel sei es gewesen, dass Hauptquartier der YPG in Kobane zu
       vernichten. Im Anschluss an das Bombenattentat in der Istanbuler
       Fußgängerzone am letzten Sonntag, hatte die Polizei berichtet, die
       mutmaßliche Attentäterin hätte ihre Anweisungen „aus Kobane“ erhalten.
       
       Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle in London sind bei den
       Angriffen mindestens 12 Menschen getötet worden. Nach Angaben der YPG
       wurden zwei Dörfer bei Kobane bombardiert. Auch ein Posten der syrischen
       Armee soll getroffen worden sein.
       
       Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar rühmte dagegen nach dem
       Angriff die präzise Trefferquote auf „terroristische Stellungen“. In
       martialischer Rhetorik betonte er, dass bei allen terroristischen Angriffen
       auf die Türkei auch die Drahtzieher zur Rechenschaft gezogen würden.
       
       ## Angriffe in Syrien offenbar beendet
       
       Mit den Luftangriffen scheint der Angriff in Nordsyrien zumindest vorerst
       beendet zu sein. Es gibt im Moment keinen Hinweis, dass ein Einmarsch von
       Bodentruppen vorbereitet wird. Das Hauptziel der Luftangriffe war Kobane,
       eine syrische Stadt unmittelbar an der türkischen Grenze, die durch ihren
       erfolgreichen Kampf gegen den IS im Winter 2014/15 bekannt geworden ist.
       
       Die Stadt gehört zu den Orten, die schon länger im Visier der türkischen
       Militärplaner ist. Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der den jüngsten
       Angriffsbefehl unmittelbar nach seiner Rückkehr vom [2][G20-Gipfel auf
       Bali] gab, [3][hatte schon im Sommer angekündigt, die Türkei wolle die YPG
       aus einer 30 Kilometer tiefen Sicherheitszone entlang der türkischen Grenze
       vertreiben]. Kobane ist die größte Stadt innerhalb dieser Zone. Gegen einen
       türkischen Einmarsch hatten sowohl Russland als auch die USA Einspruch
       erhoben, sodass Erdoğan dieses Projekt zunächst auf Eis legte.
       
       Den jetzigen „Vergeltungsangriff“ hatte Erdoğan offenbar bereits auf Bali
       US-Präsident Joe Biden angekündigt. Einen Tag vor dem Angriff waren
       jedenfalls US-Bürger aufgefordert worden, Nordsyrien und den Nordirak zu
       meiden. In einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am
       Freitag hatte Erdoğan den Angriff vermutlich ebenfalls angekündigt.
       
       ## Verdächtige in Bulgarien festgenommen
       
       Bei Ermittlungen im Anschluss an das Attentat in Istanbul waren im Laufe
       der Woche insgesamt 51 Personen festgenommen worden, zuletzt auch noch
       einige Verdächtige in Bulgarien. Nach den Haftprüfungsterminen am Freitag
       ordnete ein Richter für insgesamt 17 Personen U-Haft an.
       
       Türkische Medien berichten, dass noch nach einem Mann gefahndet werde, der
       der Attentäterin angeblich direkte Anweisungen gegeben habe, wo sie die
       Bombe platzieren soll. Angeblich habe die festgenommene Frau nicht gewusst,
       dass in dem Paket, das sie in der Fußgängerzone abstellte, eine Bombe
       gewesen sei.
       
       20 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Bombenanschlag-in-Istanbul/!5894692
 (DIR) [2] /Multiple-Krisen/!5893456
 (DIR) [3] /Terroranschlag-in-Istanbul/!5892100
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Wittenfeld
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Türkei Syrien
 (DIR) Syrien
 (DIR) Türkei
 (DIR) Luftangriffe
 (DIR) GNS
 (DIR) Schwerpunkt Kobanê
 (DIR) Türkei
 (DIR) Türkei Syrien
 (DIR) Kurdistan
 (DIR) Präsidentschaftswahl in der Türkei
 (DIR) Türkei
 (DIR) Istanbul
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Türkische Offensive in Syrien und Irak: 471 Ziele angegriffen
       
       Die Türkei setzt ihre Angriffe auf kurdische Stellungen in Syrien und Irak
       fort. Dabei seien „254 Terroristen“ getötet worden, so der
       Verteidigungsminister.
       
 (DIR) Türkisch-kurdischer Grenzkrieg: Mehrere Tote auf beiden Seiten
       
       Die Türkei und die syrische YPG-Miliz beschießen sich. Dabei bombardiert
       eine türkische Drohne einen Stützpunkt der US-geführten Anti-IS-Koalition.
       
 (DIR) Proteste nach türkischen Bombardements: Für Rojava auf die Straße
       
       Hunderte Menschen gehen nach den türkischen Angriffen auf Rojava in Berlin
       spontan auf die Straße. Die Stimmung ist kämpferisch.
       
 (DIR) Terroranschlag in Istanbul: Ankara weiß sofort Bescheid
       
       Mitten in Istanbul explodiert eine Bombe, sechs Menschen sterben. Dann
       verkündet das Staatsfernsehen, wer schuldig sei. Die PKK weist Vorwürfe
       zurück.
       
 (DIR) Terroranschlag in Istanbul: Besser Kurden als Dschihadisten
       
       Stecken wirklich kurdische Kräfte hinter dem Anschlag in Istanbul? Fest
       steht: Eine Eskalation käme dem türkischen Präsidenten nicht ungelegen.
       
 (DIR) Bombenanschlag in Istanbul: Ankara macht PKK verantwortlich
       
       Sechs Menschen sind bei einer Explosion in Istanbul ums Leben gekommen. Die
       türkische Regierung beschuldigt militante Kurden, hinter dem Anschlag zu
       stecken.