# taz.de -- Mehrheit im US-Senat für Demokrat:innen: In Georgia geht die Wahl weiter
       
       > Mit einem Sieg in Georgia können die Demokrat:innen den US-Senat für sich
       > gewinnen. Die Stichwahlen finden erst Anfang Januar 2021 statt.
       
 (IMG) Bild: Ein Grund zum Feiern: Zwar muss in Atlanta noch mal gewählt werden, aber Donald Trump ist weg
       
       BERLIN taz | Die Bürger:innen im US-Bundesstaat Georgia haben vielleicht
       gehofft, dass nach einer Entscheidung im Kampf um das Weiße Haus bei ihnen
       wieder Ruhe einkehrt. Dass die Schilderwälder aus den Vorgärten
       verschwinden, ihre Telefone wegen Robocalls nicht mehr dauerklingeln und in
       Fernsehspots für Kopfschmerztabletten und Cornflakes geworben wird statt
       für Donald Trump oder Joe Biden.
       
       Doch sie haben sich zu früh gefreut: In Georgia geht der Wahlkampf weiter,
       und zwar mit unverminderter Wucht, auch über die Weihnachtszeit und den
       Jahreswechsel – bis zum 5. Januar. Dann erst finden Stichwahlen für die
       zwei Senatssitze von Georgia statt.
       
       Das ganze Land wird darauf schauen. Denn von genau diesen beiden Sitzen
       hängt es ab, ob die Demokraten fortan über eine – wenn auch hauchdünne –
       Mehrheit verfügen in beiden Häusern des Kongresses, also dem
       Repräsentantenhaus und dem Senat. Und so die Macht des republikanischen
       Senatsführers Mitch McConnell brechen und die wesentlichen Gesetzesvorhaben
       Bidens durchsetzen können.
       
       Die Wahlergebnisse für beide Sitze werden höchstwahrscheinlich sehr knapp
       ausfallen. Deswegen ist anzunehmen, dass beide Parteien alle ihnen zur
       Verfügung stehenden Ressourcen aufbieten, um einen Sieg zu erringen. Nötig
       wurden die beiden Stichwahlen durch Besonderheiten im Wahlgesetz von
       Georgia. Es sieht vor, dass ein:e Senatskandidat:in nicht mit einfacher,
       sondern nur mit einer absoluten Mehrheit gewählt werden kann. Wer sie
       verfehlt, wie der amtierende republikanische Senator David Perdue, muss
       gegen den Zweitplatzierten, in diesem Fall den demokratischen
       Herausforderer Jon Ossoff, in eine Stichwahl. Perdue verpasste die
       50-Prozent-Marke nur um einen Viertelprozentpunkt.
       
       ## Zwei sehr unterschiedliche Kandidat:innen
       
       Eigentlich stehen die beiden Senatssitze eines Bundesstaates nie
       gleichzeitig zur Wahl. Doch eine zweite Stichwahl wurde in Georgia nötig.
       Denn die republikanische Senatorin Kelly Loeffler war vor einem Jahr von
       Georgias Gouverneur ernannt worden, den Sitz des zurückgetretenen Senators
       Johnny Isakson zu übernehmen. Sie musste sich jetzt den Wähler:innen
       stellen, um für den Rest der sechsjährigen Amtsperiode bestätigt zu werden.
       Loeffler kam mit mageren 25,2 Prozent jedoch nur auf Platz zwei. An der
       Spitze landete mit 32,9 Prozent der Schwarze demokratische Pastor Raphael
       Warnock. Zwischen diesen beiden fällt am 5. Januar die Entscheidung.
       
       Der Kontrast zwischen den Kandidat:innen könnte schärfer nicht sein: Die
       49-jährige Loeffler ist eine millionenschwere Internetunternehmerin, ihr
       gehört ein Frauen-Basketballteam. Laut dem Wahlportal 538.com [1][hat sie
       im Senat die politischen Anliegen Trumps zu 100 Prozent unterstützt]. Sie
       steht dem liberalen Warnock gegenüber, der in Atlanta in der Ebenezer
       Baptist Church Gottesdienste abhält – also in der gleichen Gemeinde, zu der
       in den 1960er Jahren Martin Luther King Jr. über die Gleichberechtigung der
       Schwarzen, Gewaltlosigkeit und den Glauben an Gottes Gerechtigkeit
       predigte.
       
       King verzichtete damals auf den Kampf um politische Ämter und wollte lieber
       weiter eine soziale Bewegung anführen. [2][Warnock hingegen sagte im Januar
       der New York Times:] „Ja, es mag für einige Leute ein außerordentlicher
       Schritt sein, wenn ein Geistlicher auch jenseits der Kanzel wirken will und
       sich dem harten Geschäft der Politik aussetzt. Aber ich gehe das Risiko
       ein, weil die Zeiten es in meinen Augen erfordern. Die Seele unserer
       Demokratie ist in Gefahr.“
       
       Seinen Erfolg am 3. November verdankt Warnock im Übrigen der Unterstützung
       vieler Schwarzer Profisportler, die für ihn Geld sammelten, nachdem
       Loeffler ihren Basketballerinnen untersagen wollte, mit „Black Lives
       Matter“-Trikots aufs Spielfeld zu laufen.
       
       Anders als in den Nachbarstaaten South Carolina oder Alabama kann die
       Demokratische Partei in Georgia durchaus Siege einfahren. Bis 2003 stellte
       sie regelmäßig den Gouverneur. Der aus Georgia stammende Jimmy Carter
       gewann hier zweimal bei Präsidentschaftswahlen, auch Bill Clinton erhielt
       1992 eine Mehrheit. Die Schwarze Demokratin Stacey Abrams, Sprecherin des
       Repräsentantenhauses von Georgia, verlor 2018 das Rennen um den
       Gouverneurssitz nur um Haaresbreite.
       
       30 Prozent der knapp 11 Millionen Einwohner:innen des Bundesstaats sind
       Schwarze. Besonders die Metropolregion Atlanta mit ihren 6 Millionen
       Einwohner:innen, in der große Unternehmen wie Coca-Cola, Delta Airlines
       und CNN ihren Sitz haben, bringt den Demokraten immer wieder viele Stimmen.
       
       9 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://projects.fivethirtyeight.com/congress-trump-score/kelly-loeffler/
 (DIR) [2] https://www.nytimes.com/2020/11/01/us/politics/raphael-warnock-ga.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Schaaf
       
       ## TAGS
       
 (DIR) US-Wahl 2024
 (DIR) US-Senat
 (DIR) Georgia
 (DIR) US-Wahl 2024
 (DIR) US-Wahl 2024
 (DIR) US-Wahl 2024
 (DIR) US-Wahl 2024
 (DIR) US-Wahl 2024
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Nach den US-Wahlen: Immer noch Georgia
       
       In Georgia entscheidet sich am 5. Januar, wer künftig im US-Senat das Sagen
       hat – und damit auch, was Joe Biden als Präsident durchsetzen können wird.
       
 (DIR) Merkel gratuliert Joe Biden zum Wahlsieg: Ziemlich erleichtert
       
       Die Bundeskanzlerin äußert sich erstmals persönlich zum Ausgang der
       US-Präsidentschaftswahl. Sie betont zugleich mehr europäische
       Eigenverantwortung.
       
 (DIR) Trumps Anfechtung des Ergebnisses: Die US-Wahlen sind vorbei. Oder?
       
       Eine Neuauszählung der Stimmzettel würde am Ergebnis wohl nichts ändern.
       Aber ohne eine Einigung könnten Parlamente selbst Wahlleute benennen.
       
 (DIR) Medien bei US-Wahlen: Fox News braucht Trump nicht mehr
       
       Noch-Präsident Trump bekommt bei Lügen nicht mehr volle Rückendeckung
       seiner Lieblingsmedien. Dennoch nehmen sie Bidens Wahlsieg nicht einfach
       hin.
       
 (DIR) Siegesrede von Joe Biden nach US-Wahl: Sie wollen Amerika heilen
       
       In seiner Siegesrede verkündet Joe Biden, er wolle „ein Präsident für alle
       Amerikaner sein“. Amtsinhaber Trump erkennt seine Niederlage nicht an.