# taz.de -- Mutmaßliche Finanzspritze aus Libyen: Verfahren gegen Nicolas Sarkozy
       
       > Frankreichs früherer Präsident soll Gaddafi-Spenden für die Finanzierung
       > seines Wahlkampfes angenommen haben. Er selbst streitet das weiter ab.
       
 (IMG) Bild: Muss sich jetzt einem Ermittlungsverfahren stellen: Nicolas Sarkozy
       
       PARIS taz | Am Ende [1][ihrer zweitägigen Befragung in Polizeigewahrsam]
       haben drei französische Untersuchungsrichter am Mittwochabend gegen den
       früheren Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy ein gerichtliches
       Ermittlungsverfahren eröffnet. Das ist der logische Schritt der Prozedur,
       die auf eine offizielle Anklage wegen illegaler Wahlfinanzierung, passiver
       Bestechung und Unterschlagung öffentlicher Gelder hinauslaufen dürfte.
       
       Die drei Untersuchungsrichter gelangten zu dem Schluss, dass sie über
       genügend Belastungsmaterial verfügen, um den Verdacht auf eine heimliche
       und gesetzeswidrige Finanzierung von Sarkozys Wahlkampagne im Jahr 2007 für
       begründet zu halten. Es ist bereits die zweite Justizaffäre, in der Sarkozy
       mit einem Prozess rechnen muss.
       
       Auch ein leidenschaftliches und langes Plädoyer in eigener Sache am Ende
       half ihm dieses Mal nichts. In der Zeitung Le Figaro ließ der Ex-Präsident
       ein paar Zitate publizieren. Seit 2011 werde ihm wegen dieser Geschichte um
       angebliche Wahlspenden des ehemaligen libyschen Machthabers Muammar
       al-Gaddafi „das Leben zur Hölle gemacht“, beklagt er sich. Er leugnet, Geld
       von diesem erhalten zu haben. Wer das behaupte, lüge. Hinter den haltlosen
       Anschuldigungen stünden „Gaddafi und sein Clan“.
       
       Unwahr sei vor allem, was der französisch-libanesische Vermittler Ziad
       Takieddine sage. Der hatte ausgesagt, er habe persönlich bei drei Reisen
       fünf Millionen Euro aus Tripolis zur finanziellen Unterstützung von
       Sarkozys Wahlkampagne transportiert. Es ist nicht so lange her, da war
       Takieddine, der von der Justiz in dieser Affäre ebenfalls belangt wird, für
       Sarkozy eine vertrauenswürdiger Mitarbeiter. Er war zwischen 2005 und 2007
       wesentlich bei der spektakulären Annäherung zwischen Frankreich und Libyen
       beteiligt und hatte die damalige Freundschaft zwischen Sarkozy und Gaddafi
       eingefädelt. Nun ist dieser Exvertraute sein schlimmster Feind. Zum Unglück
       für den Ex-„Blingbling“-Präsidenten ist Takieddine nicht der Einzige, der
       gegen ihn aussagt.
       
       Weil die bloße Unschuldsbeteuerung den Ermittlern nicht genügt hat, um ihn
       womöglich laufen zu lassen, brachte Sarkozy auch noch seine eigene
       Intelligenz ins Spiel: „Glauben Sie, ich wäre so blöd und verrückt,
       ausgerechnet denjenigen (Diktator) anzugreifen, der mich finanziert haben
       soll, falls ich mir auch nur das Geringste vorzuwerfen hätte?“ Dass er
       zuerst Geld vom Diktator genommen und vier Jahre später einen Krieg zu
       dessen Sturz angezettelt habe, scheint für ihn eine absurde Vorstellung zu
       sein. Nicht so anscheinend für die Ermittler, für die politische
       Widersprüche und wechselnde Interessen keine Rolle spielen. Auch einige von
       Sarkozys Anwälten angeführte Ungereimtheiten in der Chronologie der
       belastenden Aussagen ließen bei ihnen kaum ernsthafte Zweifel aufkommen.
       
       Sarkozy durfte am Mittwochabend die Büros der Antikorruptionsbrigade in
       Nanterre bei Paris zwar verlassen, er muss sich aber einer polizeilichen
       Kontrolle unterziehen, deren Einzelheiten nicht bekannt sind. Das könnte
       indes bedeuten, dass er beispielsweise bestimmte ebenfalls involvierte
       Personen – wie seine Ex-Innenminister und Parteifreunde Brice Hortefeux und
       Claude Guéant – nicht sehen oder auch das Land nicht verlassen darf. Dass
       sich so ein Ex-Staatschef in dieser Weise der Justiz zur Verfügung halten
       muss, gab es noch nie in Frankreich. Das Verfahren vor einer
       Gerichtsverhandlung kann lange dauern. Aus anderen Ermittlungen gegen
       Sarkozy weiß man, dass seine Anwälte alle Einspruchs- und
       Beschwerdemöglichkeiten nutzen dürften.
       
       22 Mar 2018
       
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