# taz.de -- Nach dem Tod von Kay Bernstein: Hertha trauert im Olympiastadion
       
       > Es wird kein gewöhnliches Spiel von Hertha am Sonntag gegen Fortuna
       > Düsseldorf. Nach dem Tod von Präsident Bernstein stehen alle Zeichen auf
       > Trauer.
       
 (IMG) Bild: Kay Bernstein geht nach einem Hertha-Spiel zur Kurve, aus der er ursprünglich kommt
       
       BERLIN taz | Es wird kein gewöhnliches Fußballspiel sein, wenn Zweitligist
       [1][Hertha BSC] am Sonntag im Berliner Olympiastadion auf die Fortuna aus
       Düsseldorf trifft. Auch eine mögliche Aufholjagd des Tabellensiebten von
       der Spree gegen den Vierten vom Rhein wird für die Zuschauerinnen und
       Zuschauer wohl nicht das Wichtigste sein. Stattdessen wird das
       Olympiastadion ganz im Zeichen der Trauer um den verstorbenen
       Hertha-Präsidenten Kay Bernstein stehen.
       
       Schon die Beileidsbekundungen für Bernstein, der in der Nacht zum Dienstag
       im Alter von nur 43 Jahren starb, zeigen, dass er kein Präsident war wie
       jeder andere. [2][Berlins Grünen-Fraktionschef Werner Graf] schrieb: „Kay
       hat Hertha, Kay hat Berlin viel gegeben. Dafür sind wir ihm von Herzen
       dankbar.“ [3][Dirk Zingler, Präsident des FC Union], kondolierte mit den
       Worten: „Kay Bernstein hat in seiner leider viel zu kurzen Amtszeit bei
       Hertha BSC bereits prägende Spuren hinterlassen.“
       
       Was sowohl Graf als auch Zingler ansprechen, ist der so genannte „Berliner
       Weg“, mit dem der seit Juni 2022 amtierende Bernstein seine Präsidentschaft
       überschrieben hat. Demut statt Großkotzigkeit, Spieler aus der eigenen
       Akademie statt teurer Einkäufe und vor allem eine Konsolidierung des
       Vereins, der trotz der 374 Millionen Euro, die Ex-Finanzier Lars Windhorst
       in Hertha gesteckt hat, wieder vor dem finanziellen Abgrund stand und
       steht.
       
       Eigentlich sind Weichenstellungen wie diese keine Sache von
       Clubpräsidenten. Doch Bernstein wollte kein Frühstücksdirektor sein, er
       wollte Hertha von unten neu erfinden. Dass er dabei auf einem guten Weg
       war, zeigen nicht nur die offiziellen Beileidsbekundungen. Auch unter den
       Fans sitzt der Schock tief.
       
       ## Kay aus der Kurve
       
       Kay Bernstein war einer von ihnen, Mitgründer der Ultragruppe Harlekins,
       Vorsänger in der Ostkurve, selbst als Präsident trug er fast immer seine
       Hertha-Jacke. Kein Unnahbarer also, eher einer zum Anfassen. Vielleicht war
       es diese Mischung aus Ultra-Vergangenheit und menschlicher Nähe, die im
       Juni 2022 die Überraschung perfekt gemacht hatte. Nicht der vom
       Hertha-Establishment favorisierte Ex-CDU-Politiker Frank Steffel wurde bei
       der Mitgliederversammlung zum Nachfolger von Werner Gegenbauer als
       Hertha-Präsident gewählt, sondern „Kay aus der Kurve“, wie die Zeit
       schrieb.
       
       Für viele Fans war es die erste positive Nachricht seit langem. Hertha war
       in den Schlagzeilen, nicht wie so oft als Skandalverein, sondern als erster
       Bundesligist mit einem ehemaligen Ultra an der Spitze. Dass der sich bald
       an der Quadratur des Kreises versuchen musste, zum Beispiel bei den
       Verhandlungen zum Einstieg des Finanzinvestors 777, haben viele Anhänger
       kritisch gesehen, aber nicht mit Bernstein gebrochen. Nie hat er einen Hehl
       daraus gemacht, was er von der Kommerzialisierung des Profifußballs hält.
       Als Präsident aber ging es ihm darum, Lösungen zu finden, den Weg des
       Machbaren zu suchen. Auch das war der Berliner Weg.
       
       Bernsteins Vize und derzeitiger Interimspräsident Fabian Drescher will
       diesen Weg weitergehen. „Dein Wunsch war es, unseren Verein zu einen und zu
       stärken, um daraus unsere Kraft zu ziehen“, schrieb der 41-jähriger
       Rechtsanwalt auf X. „Jetzt, wo du nicht mehr da bist, werden wir noch enger
       zusammenrücken, um deine Visionen für Hertha BSC zu verwirklichen.“ Bis zur
       regulären Vorstandswahl im Herbst will Drescher Interimspräsident bleiben.
       Eine vorgezogene Neuwahl im Mai scheint damit vom Tisch.
       
       Wenn sich am Sonntag ein geplanter [4][Trauerzug vom Theodor-Heuss-Platz
       zum Olympiastadion] in Bewegung setzt und anschließend die Ostkurve ganz in
       Schwarz gekleidet sein wird, wird Hertha wieder in den Schlagzeilen sein.
       Noch nie haben Fans um ihren Präsidenten so getrauert wie um Kay Bernstein.
       
       Wieder eine positive Botschaft, die von Hertha ausgeht. Danach beginnt der
       Alltag ohne Bernstein, unter anderem mit dem Einreichen der Anträge für die
       Lizenz. Der Berliner Weg ist kein Selbstläufer.
       
       19 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.herthabsc.com/de
 (DIR) [2] https://gruene-fraktion.berlin/pressemitteilungen/werner-graf-zum-tod-von-hertha-praesident-kay-bernstein/
 (DIR) [3] https://www.fc-union-berlin.de/de/union-live/news/verein/Union-trauert-mit-Hertha-BSC-um-Kay-Bernstein-3323K/
 (DIR) [4] https://hb98.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uwe Rada
       
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       ändern.