# taz.de -- Nach erneutem Putsch in Mali: Militär übernimmt Staatsspitze
       
       > In Mali hat das Verfassungsgericht Oberst Assimi Goïta als
       > Übergangspräsidenten bestätigt. Den Regierungschef soll die
       > Protestbewegung M5-RFP stellen.
       
 (IMG) Bild: August 2020: Oberst Assimi Goïta bei einem Treffen mit der ECOWAS
       
       COTONOU taz | Die seit Donnerstag kursierenden Gerüchte sind bestätigt:
       Nach der [1][Verhaftung und Absetzung] von Übergangspräsident Bah Ndaw und
       Premierminister Moctar Ouane steht nun [2][Oberst Assimi Goïta], bisheriger
       Vizepräsident, an der Staatsspitze. Das Verfassungsgericht ernannte ihn zum
       Präsidenten der Übergangsregierung. Ndaw und Ouane, die nach ihrer
       Entlassung selbst zurückgetreten waren, sind mittlerweile aus der Haft
       entlassen.
       
       Premierminister soll Choguel Maïga werden, Sprecher und strategischer
       Präsident der Protestbewegung M5-RFP. Das gilt als Zeichen für einen
       zivilen Anstrich der Übergangsregierung. Der Zusammenschluss von
       Vertreter*innen der Opposition, Zivilgesellschaft sowie
       Anhänger*innen des [3][einflussreichen Imams Mahmoud Dicko]
       organisierte im vergangenen Jahr zahlreiche Demonstrationen gegen Malis
       zivilen Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta und ebnete den Weg für den
       [4][Putsch am 18. August 2020]. Anschließend erhoffte sich M5-RFP, die
       Übergangsregierung entscheidend mitzugestalten. Doch Ansprüche auf
       Mitsprache und Posten hatten die Militärs stets ignoriert.
       
       Im Januar kritisierte Maïga [5][in einem Interview mit der taz] den
       Übergangsrat noch scharf und sagte, Mali habe ein verkapptes Militärregime.
       „Der Übergangsrat ist illegitim und repräsentiert die Bevölkerung nicht.“
       Jetzt hat die Bewegung keine Probleme mehr, äußerst eng mit der Armee
       zusammen zu arbeiten. Kein*e Malier*in solle während des Übergangs
       zurückgelassen werden, hieß es am Freitag von ihr. Kritik kommt jedoch
       prompt: Auch M5-RFP ist keine gewählte Organisation. Imam Dicko gelang es
       zwar, erfolgreich zu Demonstrationen aufzurufen. Wie groß der
       Unterstützerkreis ist, ist jedoch nicht klar.
       
       Zeitgleich ist am Freitag in Nigerias Hauptstadt Abuja deutlich geworden,
       worüber bisher spekuliert wurde: Die Armee war mit der vor gut zwei Wochen
       bekannt gegebenen Entscheidung Ndaws, das Übergangskabinett zu entlassen
       und ein neues einzuberufen, nicht einverstanden.
       
       ## USA wollen Malis Sicherheitskräfte nicht länger unterstützen
       
       In Abuja hatten sich Nigerias Präsident Muhammadu Buhari sowie Ex-Präsident
       Goodluck Jonathan getroffen. Letzterer vermittelt seit einem Jahr im Namen
       der Westafrikanischen Wirtschaftsorganisation ECOWAS in der Malikrise und
       war ab Dienstag in Bamako. Laut Jonathan soll sich Goïta beklagt haben,
       dass er über Entscheidungen nicht informiert worden sei und mit der
       Nichtbenennung des bisherigen Verteidigungs- sowie Sicherheitsministers
       wichtige Vertraute verloren habe.
       
       Damit isoliert sich die Militärjunta immer stärker. Bereits am Dienstag
       wurde ihr Verhalten scharf kritisiert. Die USA kündigten an, die
       Unterstützung für Malis Sicherheitskräfte auszusetzen. Zahlreiche bi- und
       internationale Missionen sollen den Staat seit 2013 vor dem weiteren
       Zusammenbruch bewahren.
       
       Der Außenbeauftragte der Europäischen Union, Josep Borrell, sagte jedoch,
       dass die europäische Ausbildungsmission für die malische Armee (EUTM)
       weiterläuft. Sie sei ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung des Terrorismus,
       der nicht nur Mali, sondern allen Sahel-Ländern nutze. Buhari bezeichnete
       das Verhalten der Militärs als „sehr enttäuschend“. 70 Prozent des
       Territoriums sei unter der Kontrolle von Aufständischen. Man habe erwartet,
       dass sich die Verantwortlichen zusammenschließen. Stattdessen würde es nun
       einen Kampf darum geben, wer auf dem restlichen Staatsgebiet die
       Vormachtstellung habe.
       
       Als bevorzugtes Szenario der ECOWAS gilt weiterhin die Rückkehr zur
       Übergangsregierung mit Ndaw an der Spitze. Möglich sei auch, dass ein
       anderer Zivilist vorübergehend Präsident wird. Letzte Option ist es, Goïta
       zu akzeptieren und darauf zu pochen, dass die Wahlen wie geplant Ende
       Februar stattfinden. Darüber soll am Sonntag während eines Sondergipfels in
       der ghanaischen Hauptstadt Accra gesprochen werden.
       
       29 May 2021
       
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 (DIR) Katrin Gänsler
       
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