# taz.de -- Nahost-Friedensaktivistin ermordet: Weil Rache keine Strategie ist
       
       > Die Aktivistin Vivian Silver setzte sich lange für Frieden zwischen
       > Israelis und Palästinensern ein. Auch sie hat die Hamas nun auf dem
       > Gewissen.
       
 (IMG) Bild: „Lebenslange Fürsprecherin für den Frieden“: Aktivistin Vivian Silver (1949-2023)
       
       BERLIN taz/dpa | „Sie sind jetzt im Haus“, schreibt Vivian Silver am
       Vormittag des 7. Oktober ihrem Sohn. Die 74-jährige Friedensaktivistin
       befindet sich zu dem Zeitpunkt zu Hause, im Kibbuz Be’eri nahe der Grenze
       zum Gazastreifen. „Ich bin bei dir“, antwortet Yonatan Ziegen seiner
       Mutter. Kurz darauf bricht der Kontakt zwischen den beiden ab. Für den Sohn
       beginnen viele Wochen der Ungewissheit, ohne Lebenszeichen seiner Mutter.
       Ist sie noch am Leben, [1][entführt von den Hamas-Terroristen]? Ziegen
       klammert sich lange an diese Hoffnung – bis jetzt.
       
       Am Montag teilte Israels Generalkonsul in Toronto mit, dass die
       kanadisch-israelische Aktivistin Vivian Silver nicht mehr lebt. Sie wurde
       von der Hamas im Kibbuz Be’eri ermordet. Israelische Medien meldeten unter
       Berufung auf Angehörige der Frau, sie sei bereits am Tag des Angriffs in
       Israel ermordet worden. Forensikern gelang es erst jetzt, ihre Leiche zu
       identifizieren.
       
       Mit dem Tod Silvers stirbt eine Hoffnungsträgerin mehr auf ein friedliches
       Zusammenleben von Israelis und Palästinensern. Seit Jahren setzte sich die
       Aktivistin mit dem grauen Haar, der Brille und dem milden Lächeln für
       Frieden zwischen den beiden Seiten ein. Sie startete Hilfsprogramme für
       Bewohner des Gazastreifens und half ihnen, in Israel medizinisch behandelt
       zu werden.
       
       ## Eine „niederschmetternde“ Nachricht
       
       „Meine Mutter hat in ihrer Freizeit Patienten aus Gaza ins Krankenhaus nach
       Jerusalem oder Tel Aviv gefahren“, erzählte [2][ihr Sohn Yonatan jüngst der
       taz]. Kurz nach dem Gazakrieg 2014 gründete sie die Friedensbewegung Women
       Wage Peace (Frauen schaffen Frieden) mit, die inzwischen mehr als 45.000
       Mitglieder hat. Für ihre Arbeit erhielt Silver zahlreiche Auszeichnungen.
       
       Entsprechend groß ist das Entsetzen über ihren Tod. „Kanada trauert“,
       schrieb Ottawas Außenministerin Mélanie Joly und würdigte Silver als
       „lebenslange Fürsprecherin für den Frieden“. Steffen Seibert, der deutsche
       Botschafter in Israel, nannte die Nachricht über ihre Ermordung
       „niederschmetternd“. Sein Mitgefühl gelte „ihrer Familie und ihren vielen
       Freunden, Juden und Palästinensern“.
       
       Auf die Welt gekommen war Vivian Silver im Jahr 1949 im kanadischen
       Winnipeg, wo sie auch aufwuchs. 1974 zog sie mit ihrem Mann und ihren
       beiden Söhnen nach Israel. Seither war sie im Kibbuz Be’eri zu Hause. Hier
       wie in anderen Kibbuzsiedlungen unweit des Gazastreifens leben viele, die
       zur Friedensbewegung gehören. Der Hamas-Terror hinterließ auch hier viele
       Tote: Beim Angriff im Oktober auf Be’eri verloren neben Silver mehr als 100
       Bewohner ihr Leben.
       
       „Rache ist keine Strategie“, so sagte ihr 35-jähriger Sohn Yonatan der taz,
       sei das Motto von Vivian Silver gewesen. Trotz des Krieges, trotz des
       Schmerzes über den Verlust will Ziegen, der selbst drei Kinder hat, diesen
       Gedanken seiner Mutter lebendig halten.
       
       14 Nov 2023
       
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 (DIR) Daniel Godeck
       
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