# taz.de -- Nationalistische Feier in Moskau: Schlager, Putin, „Russland!“-Rufe
       
       > Mit einer großen Feier begeht Russlands Präsident Putin den Jahrestag der
       > Annexion der Krim. Russische Staatsbedienstete müssen teilnehmen.
       
 (IMG) Bild: Wladimir Putin bei seinem Auftritt im Luschniki-Stadion am 18.März
       
       MOSKAU taz | Es ist eine ideologische Euphorieshow, die sich an diesem
       Freitagnachmittag im Moskauer Luschniki-Stadion vollzieht. Busweise werden
       Menschen mit der russischen Trikolore angekarrt, manche von ihnen müssen
       ihre Teilnahme den Vorgesetzten melden. Mit Unterschrift und Adresse, mit
       Bildern vom Ort des Geschehens. Lehrer*innen, Student*innen, Angestellte
       im öffentlichen Dienst nehmen an der Veranstaltung teil, die in Russland
       unter dem euphemistischen Begriff „Krim-Frühling“ läuft, ein Feiertag. Es
       ist eine staatlich angeordnete Maßnahme. Nicht alle kommen freiwillig,
       manche unterschreiben und laufen schnell wieder weg.
       
       Vor acht Jahren wurde die von Russland annektierte ukrainische Halbinsel
       Krim [1][zum russischen Föderationssubjekt erklärt]. „Eingegliedert“, heißt
       es im Russischen. „Zurückgekehrt in den Heimathafen“, sagen die glühendsten
       Anhänger*innen der völkerrechtswidrigen Einverleibung.
       
       Im Zuge der sogenannten militärischen [2][Spezialoperation], wie Russland
       seinen Feldzug gegen die Ukraine derzeit nennt, instrumentalisiert das
       Regime den Jahrestag, um seine Parolen für Frieden und Menschenrechte
       unters Volk zu bringen. Es macht es auf eine perfide Weise, indem es jeden
       Begriff – Liebe, Frieden, Freundschaft – völlig umwertet.
       
       Die Schlacht um die Ukraine wird als [3][Schlacht gegen den Nazismus]
       verkauft. Untermalt mit dem lateinischen Buchstaben „Z“, der eine Art neue
       Swastika geworden ist. Selbst Kindergartenkinder müssen Tänze in
       Z-Formationen aufführen, sie malen den Buchstaben in den Farben der
       russischen Trikolore auf, sagen Gedichte über die „Heldentaten“ der
       russischen Armee auf. Nicht alle Eltern sehen darin einen Missbrauch ihrer
       Kinder.
       
       ## Plötzlich unterbricht die Übertragung
       
       „Solch eine Einheit hatten wir schon lange nicht“, sagt der russische
       Präsident Wladimir Putin, als er im Luschniki-Stadion auftritt – und
       plötzlich verstummt. Nicht einmal drei Minuten dauert seine Rede, in der er
       nochmals wiederholt, was er in den vergangenen Tagen wie ein Mantra von
       sich gibt. Die „Spezialoperation“ verlaufe „erfolgreich“, „nach Plan“ und
       werde ihre „Ziele“ erreichen.
       
       Die Übertragung – jeder russischer Staatssender zeigt seinen Auftritt –
       unterbricht mitten im Satz, die Regie sendet Bilder patriotischer Schlager
       aus dem vergangenen Jahr. Die Russ*innen am Fernsehen rätseln. Der
       Kremlsprecher Dmitri Peskow klärt wenig später auf: ein Serverproblem.
       
       Der Erste Kanal sendet schließlich Putins Auftritt noch einmal, in dem er
       auf einen heiliggesprochenen Admiral verweist. Keine einzige Schlacht habe
       der Mann verloren. „Alle Gewitter führen zum Ruhme Russlands“ soll er laut
       Putin gesagt haben. „So war es damals, so ist es heute, so wird es immer
       sein.“ Das sagte nicht der Admiral, das sagt Putin. Die Menschen jubeln und
       brüllen: „Russland, Russland!“
       
       18 Mar 2022
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Inna Hartwich
       
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