# taz.de -- Nato-Sondergipfel in Brüssel: Mehr Waffen für die Ukraine
       
       > US-Präsident Biden verspricht eine „signifikante“ Unterstützung. Eine
       > Entsendung von Truppen schließt das Bündnis weiter aus.
       
 (IMG) Bild: Joe Biden, Emmanuel Macron und Boris Johnson (v. l. n. r.) am Donnerstag in Brüssel
       
       BRÜSSEL taz | Olaf Scholz kam zu spät, Joe Biden redete zu lang: Der
       deutsche Kanzler und der amerikanische Präsident haben die Regie beim
       Nato-Sondergipfel am Donnerstag in Brüssel kräftig durcheinandergewirbelt.
       Am Ende dauerte der Gipfel fast eine Stunde länger als geplant. Doch
       wegweisende, gar kriegsentscheidende Beschlüsse gab es nicht. Scholz blieb
       bei seinem Nein zu einer Flugverbotszone über der Ukraine. Biden betonte,
       wie „stark und geeint“ die Alliierten seien.
       
       Scholz ließ sich beim traditionellen Familienfoto zu Gipfelbeginn durch den
       deutschen Nato-Botschafter Rüdiger König vertreten. Die nächtlichen
       Verhandlungen über das Entlastungspaket für die hohen Energiepreise hatten
       ihn bis zum Morgen in Berlin aufgehalten.
       
       Biden war zwar pünktlich, seine „Air Force One“ war schon am Mittwochabend
       in Brüssel gelandet. Er redete dann aber länger als geplant. Es ging um die
       „russische Aggression“ – und um zusätzliche Hilfen für die Ukraine. Biden
       versprach „signifikante und wachsende“ Unterstützung.
       
       Die größte Neuigkeit: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bleibt länger
       im Amt als geplant. Die 30 Alliierten beschlossen, das Mandat des Norwegers
       bis zum 30. September 2023 zu verlängern. Eigentlich wollte er im Herbst
       zur norwegischen Zentralbank wechseln.
       
       Mitten im Krieg könne man sich keinen Wachwechsel leisten, hieß es im
       Nato-Hauptquartier. Niemand wisse, wie lang sich der Krieg noch hinziehe.
       Deshalb müsse man auf Nummer sicher gehen. Doch welche Rolle spielt die
       Nato überhaupt?
       
       Keine klare Antworten 
       
       Beim Krisengipfel in Brüssel wurde diese Frage immer wieder gestellt, eine
       klare Antwort gab es nicht. Selbst Stoltenberg tat sich schwer. Man werde
       nicht intervenieren, sagte er nach dem Treffen. „Wir werden alles dafür
       tun, dass der Konflikt nicht weiter eskaliert“.
       
       Doch gleichzeitig kündigte er neue Waffenlieferungen an. Bekräftigt wird
       dies im Gipfelbeschluss. „Die Nato-Verbündeten haben ihre Unterstützung
       verstärkt und werden die sich weiterhin verteidigende Ukraine fortwährend
       politisch und praktisch unterstützen“, heißt es darin.
       
       Damit greift die Nato dann doch in den Krieg ein – sogar immer mehr.
       Etliche westliche Staaten, darunter Deutschland und Großbritannien, haben
       der Ukraine viele Tausende neue Panzer- und Flugabwehrraketen versprochen.
       Auch Aufklärung und Logistik werden verstärkt.
       
       Die Gefahr, dass die Nato doch noch in den Krieg gezogen wird, wächst – und
       sei es bloß, weil Russland westliche Waffenlieferungen attackiert. Aus
       Sicht des ukrainischen Staatschefs Wolodimir Selenski tut der Westen
       allerdings noch längst nicht genug.
       
       In einer Videoschalte aus Kiew forderte Selenski mehr Einsatz. Die
       Alliierten sollten der Ukraine ein Prozent ihres Waffenarsenals zur
       Verfügung stellen. Die Nato verfüge über 20.000 Panzer – da seien 200
       Panzer doch nicht zu viel verlangt. Dasselbe gelte für Kampfjets.
       
       Rückendeckung bekam Selenski von Polen und Estland. „Diejenigen Staaten,
       die Panzer und Flugzeuge haben, können auch Panzer und Flugzeuge abgeben“,
       sagte die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas. Doch die Mehrheit der
       Nato-Staaten ist dagegen.
       
       Auch die Entsendung einer bewaffneten „Friedenstruppe“, wie sie vor allem
       Polen fordert, findet kaum Unterstützung. Dies könne zu einem „umfänglichen
       Krieg zwischen der Nato und Russland“ führen, warnte Generalsekretär
       Stoltenberg. In dem Gipfelbeschluss ist davon keine Rede.
       
       Warnungen vor chemischen Waffen 
       
       Herausgestellt wird dagegen die Stärkung der Nato-Ostflanke. Der Gipfel
       beschloss, vier zusätzliche Battle Groups in Bulgarien, Rumänien, der
       Slowakei und Ungarn einzurichten. Außerdem wollen die Alliierten die
       Ostfront zu Russland dauerhaft aufrüsten. Damit wenden sie sich von der
       Nato-Russland-Grundakte ab, die seit 1997 die Stationierung von Truppen
       begrenzt hatte.
       
       Laute Warnungen gab es vor einem Einsatz chemischer oder biologischer
       Waffen durch Russland. Dies werde weitreichende Konsequenzen haben, so
       Stoltenberg. Hinter den Kulissen wurde auch über Atomwaffen gesprochen. Der
       Oberbefehlshaber der Nato-Streitkräfte in Europa hat sogar die alliierten
       Fähigkeiten zur ABC-Abwehr aktiviert.
       
       Dahinter steht die Sorge, dass Russland angesichts mangelnder Kriegserfolge
       versucht sein könnte, doch Massenvernichtungswaffen einzusetzen. [1][Laut
       New York Times haben die USA bereits Notfällepläne für einen Atomangriff
       vorbereitet.]
       
       Auch Frankreich hat die Alarmbereitschaft erhöht. [2][Nach einem Bericht
       von France Inter sind derzeit drei mit Atomwaffen bestückte U-Boote im
       Taucheinsatz.] In normalen Zeiten ist nur ein Kampfschiff unterwegs.
       
       Moskau hatte die Tonart zuletzt verschärft. Russland werde Atomwaffen nur
       im Falle einer „existenziellen Bedrohung“ einsetzen, sagte Kremlsprecher
       Dmitri Peskow am Dienstag bei CNN International. Er schloss einen Atomkrieg
       aber auch nicht völlig aus.
       
       24 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.nytimes.com/2022/03/23/us/politics/biden-russia-nuclear-weapons.html
 (DIR) [2] https://www.franceinter.fr/monde/la-france-renforce-son-niveau-d-alerte-et-deploie-trois-sous-marins-nucleaires-en-mer
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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