# taz.de -- Naturkatastrophen in Haiti: Nach dem Beben kommt der Regen
       
       > Nur vier Tage nach dem Erdbeben mit mehr als 1.400 Toten drohen in Haiti
       > Überschwemmungen. Derweil werden die Hilfsmaßnahmen durch Bandengewalt
       > erschwert.
       
 (IMG) Bild: Nach dem Erdbeben kommt der Regen: Flüchtlingscamp Les Cayes in Haiti
       
       LES CAYES dpa | Nach dem [1][Erdbeben] in Haiti mit mehr als 1.400 Toten
       haben starke Regenfälle die Menschen in der betroffenen Region im Südwesten
       des Karibikstaates in neue Nöte gestürzt. In einer Notunterkunft im Ort Les
       Cayes auf der vom Erdbeben schwer getroffenen Halbinsel Tiburon im
       Südwesten Haitis stand das Wasser infolge des Unwetters „Grace“
       knöchelhoch, wie auf Fotos vom Montagabend (Ortszeit) zu sehen war.
       
       Völlig durchnässte Überlebende des Bebens vom Samstag suchten das Camp auf,
       ihr Hab und Gut teils in Säcken auf dem Kopf tragend, wie andere Bilder
       zeigten. Viele obdachlos gewordene Menschen übernachteten bisher im Freien.
       
       Das für die Regenfälle verantwortliche Tiefdruckgebiet „Grace“ sei
       mittlerweile wieder zu einem Tropensturm erstarkt, teilte das
       US-Hurrikanzentrum in seinem Lagebericht vom Dienstagmorgen (Ortszeit) mit.
       „Grace“ erreiche Windgeschwindigkeiten von bis zu 65 Kilometern pro Stunde,
       in den Böen teils höher, hieß es.
       
       Das Hurrikanzentrum warnte vor Überschwemmungen und Erdrutschen in Teilen
       der Insel Hispaniola, auf der Haiti und die Dominikanische Republik liegen.
       Als Folge des Regens könnte das Wasser örtlich bis zu 25 Zentimer Höhe
       erreichen, in Einzelfällen sogar bis zu 38 Zentimeter.
       
       ## Tropensturm ist auf dem Weg Richtung Mexiko
       
       Berichte über neue Schäden oder Verletzte als Folge des Unwetters gab es
       zunächst nicht. Der Tropensturm werde noch im Laufe des Dienstags an
       Jamaika und den Cayman-Inseln in Richtung der mexikanischen
       Yucatán-Halbinsel vorbeiziehen, teilte das Hurrikanzentrum mit.
       
       Die Zahl der bestätigten Todesopfer des Erdbebens der Stärke 7,2 stieg
       mittlerweile auf 1.419, wie die Zivilschutzbehörde am Montag mitgeteilt
       hatte. Rund 6.900 Menschen wurden bei der Katastrophe verletzt – und viele
       werden noch in den Trümmern der zerstörten Gebäude im Süden des Landes
       vermutet.
       
       Das Beben hatte sich am Samstagmorgen (Ortszeit) nahe der Gemeinde
       Saint-Louis-du-Sud östlich von Les Cayes in einer Tiefe von rund zehn
       Kilometern ereignet. Mindestens 13.700 Häuser wurden nach Angaben der
       Zivilschutzbehörde zerstört, ebenso viele beschädigt. Mehr als 30.000
       Familien seien betroffen. Laut Caritas International werden vor allem
       Nahrung, Trinkwasser, Zelte und medizinische Erstversorgung benötigt.
       
       Die haitianische Menschenrechtsorganisation RNDDH kritisierte den Umgang
       der Regierung mit der Katastrophe als „totales Chaos“. „Sie sind völlig
       sich selbst überlassen“, hieß es hinsichtlich der Erdbebenopfer. Einige
       suchten auf eigene Faust nach Zelten zum Schutz vor dem Unwetter. Vor
       personell unterbesetzten und schlecht ausgestatteten Krankenhäusern
       warteten verzweifelte Verletzte.
       
       ## Bandengewalt könnte Lieferung von Hilfsgütern erschweren
       
       Interims-Premierminister Ariel Henry kündigte bei Twitter schnellere Arbeit
       an. „Wir werden unsere Energien verzehnfachen, um die größtmögliche Zahl
       von Opfern zu erreichen und ihnen zu helfen“, schrieb er. Für eine bessere
       Koordination der Maßnahmen werde die Präsenz der Regierung vor Ort erhöht.
       Henry ordnete auch drei Tage Staatstrauer in dem leidgeplagten Land an.
       
       Sorgen bereitete außerdem, dass durch Bandengewalt die Fernstraße, die die
       Hauptstadt Port-au-Prince mit Haitis Süden verbindet, häufig unpassierbar
       wird – das könnte die Lieferung von Hilfsgütern erschweren. Banden kämpfen
       miteinander um Kontrolle über Gebiete in Port-au-Prince. Die Gewalt trieb
       allein im Juni nach UN-Zahlen rund 15.000 Menschen in die Flucht.
       
       Haiti war auch nach dem verheerenden Erdbeben von 2010 mit mehr als 220.000
       Toten schlecht auf eine ähnliche Katastrophe vorbereitet. Von dem Geld, das
       damals für den Wiederaufbau aus dem Ausland zugesagt worden war, sahen die
       meisten Haitianer wenig – ein großer Teil verschwand infolge von
       Verschwendung und Korruption.
       
       Das ohnehin schwer unterfinanzierte Gesundheitssystem ist durch die sich
       zuletzt verschlimmernde Pandemie überstrapaziert. Bis es Mitte Juli eine
       Spende aus den USA erhielt, hatte das Land als einziges in Amerika noch
       keinen Corona-Impfstoff.
       
       Auch hier spielt die Bandengewalt eine Rolle: Eine Notfallklinik der
       Organisation Ärzte ohne Grenzen in Port-au-Prince wurde geschlossen,
       nachdem auf sie geschossen worden war. Hinzu kommt [2][eine tiefe
       politische Krise, die sich nach der Ermordung des Staatspräsidenten Jovenel
       Moïse] durch eine Kommandotruppe in seiner Residenz am 7. Juli verschärft
       hatte.
       
       17 Aug 2021
       
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