# taz.de -- Neuer Sprecher im US-Repräsentantenhaus: Trumployalist gewählt
       
       > Wochenlang hatte das US-Repräsentantenhaus keinen Sprecher. Jetzt
       > übernimmt Mike Johnson. Er unterstützt Trump und leugnet Bidens Wahlsieg.
       
 (IMG) Bild: Mike Johnson dürfte vielen in Europa unbekannt sein. Nun ist er Sprecher des US-Repräsentantenhauses
       
       WASHINGTON taz | Nach mehr als drei Wochen hat das US-Repräsentantenhaus
       endlich einen neuen Vorsitzenden. Die [1][republikanische Mehrheit stimmte
       am Mittwoch] geschlossen für den Abgeordneten und loyalen
       Trump-Unterstützer Mike Johnson aus Louisiana. Der 51-Jährige erhielt
       bereits im ersten Wahlgang die benötigten Stimmen, um das verwaiste
       Sprecheramt zu übernehmen.
       
       “Wir wollen unsere Verbündeten in aller Welt wissen lassen, dass diese
       legislative Kammer wieder bereit ist, ihre Arbeit aufzunehmen“, sagte
       Johnson kurz nach seinem Wahlerfolg.
       
       Und die Zeit drängt. Mit zwei Kriegen und einem drohenden
       Regierungs-Shutdown hat der US-Kongress in den kommenden Wochen alle Hände
       voll zu tun. Johnson gewann die Wahl zum Sprecher mit 220 Stimmen, nicht
       ein einziger Republikaner stimmte gegen ihn. Die Demokraten wählten wie
       gewohnt ihren eigenen Parteivorsitzenden Hakeem Jeffries, der am Ende auf
       209 Stimmen kam, elf Stimmen weniger, als Johnson erhielt.
       
       Johnson, der seit 2016 ein Abgeordnetenmandat innehat, ist für viele
       Außenstehende ein Unbekannter. Er gehört zwar zum Führungsteam der
       Republikaner, doch außer seiner Rolle als einer von Trumps Verteidigern im
       ersten von zwei Amtsenthebungsverfahren im Jahr 2020 sowie seinem Versuch,
       den Sieg bei den Präsidentschaftswahlen von Demokrat Joe Biden anzufechten,
       hat Johnson bislang kaum auf sich aufmerksam gemacht.
       
       ## Konservativ, religiös, Trump-loyal
       
       Er gilt als [2][sozialkonservativ und äußerst religiös]. Er hat wenige
       Feinde innerhalb der Partei und einen sehr wichtigen Unterstützer –
       Ex-Präsident Donald Trump. Johnson war der vierte Kandidat, der von den
       Republikanern für das Sprecheramt nominiert wurden. Die ersten drei
       Kandidaten schafften es nicht, die verschiedenen Lager innerhalb der
       Fraktion hinter sich zu vereinen.
       
       “Ich glaube, er wird ein großartiger Sprecher sein“, sagte Trump am
       Mittwoch. Gegen den Ex-Präsidenten und aktuellen Favoriten auf die erneute
       Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Republikaner laufen
       gegenwärtig mehrere Gerichtsverfahren.
       
       Präsident Biden gratulierte Johnson zu seinem Wahlsieg und erklärte, dass
       es an der Zeit sei, zügig und verantwortungsvoll zu handeln, um einen
       Staatshaushalt zu verabschieden und weitere Hilfsleistungen für die Ukraine
       und Israel zu bewilligen.
       
       “Trotz der Tatsache, dass wir in wichtigen Sachverhalten unterschiedlicher
       Meinung sind, sollte es unser gemeinsames Anliegen sein, wenn immer
       möglich, einen gemeinsamen Nenner zu finden“, sagte Biden in einer
       Stellungnahme.
       
       ## Im Schatten des drohenden Shutdowns
       
       Biden bat den Kongress in der vergangenen Woche darum, ein Hilfspaket in
       Höhe von 105 Milliarden Dollar zu verabschieden. Darin enthalten sind
       [3][Hilfsleistungen zur Unterstützung der Ukraine] und Israels sowie zur
       Sicherung der US-Südgrenze mit Mexiko.
       
       Hinzu kommt, dass bis spätestens 17. November zwölf individuelle
       Haushaltsgesetze verabschiedet werden müssen, um die US-Regierung am Lauf
       zu halten. Sollte es den Abgeordneten im Repräsentantenhaus und Senat nicht
       gelingen, diese Frist einzuhalten, würde dies zur Schließung von
       bundesstaatlichen Behörden und zur Aussetzung von Sozialleistungen führen.
       Außerdem müssten Millionen Angehörige der US-Streitkräfte während eines
       “Shutdowns“ auf ihr Gehalt verzichten.
       
       Da die Republikaner nur eine geringe Mehrheit im Repräsentantenhaus
       besitzen und Gesetze bekanntlich auch vom Senat verabschiedet werden
       müssen, um in Kraft zu treten, wird auch Johnson Kompromisse mit Demokraten
       eingehen müssen.
       
       Demokraten erklärten, dass sie mit Johnson und Republikanern, wenn möglich,
       zusammenarbeiten wollen. Gleichzeitig kritisieren sie jedoch Johnsons
       Standpunkt in sozialen Fragen wie Abtreibungsrecht oder das Recht auf
       gleichgeschlechtliche Ehe. Auch sein anhaltendes Leugnen von Bidens
       Wahlsieg stellt für die Demokraten ein Problem dar.
       
       Mit Johnsons Wahl als Sprecher kann der US-Kongress [4][nach Wochen des
       Stillstands] endlich wieder seine Arbeit aufnehmen. Wie leistungsfähig das
       Repräsentantenhaus unter dessen Führung jedoch sein wird, bleibt
       abzuwarten.
       
       26 Oct 2023
       
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