# taz.de -- Niger nach dem Putsch: Die Junta schafft Fakten
       
       > Die Putschisten in Niger benennen weitere Regierungsmitglieder.
       > Westafrika hofft weiter, dass es doch noch zu einer friedlichen Lösung
       > kommt.
       
 (IMG) Bild: Inszenierter Jubel mit General Abdourahmane Tchiani (2. v. rechts) in einem Stadion am 6. August
       
       COTONOU taz | Was für ein Timing: Passend zum Sondergipfel der
       [1][Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas] am
       Donnerstagnachmittag in Nigerias Hauptstadt Abuja hat in der nigrischen
       Hauptstadt Niamey General Abdourahmane Tchiani die Liste mit den
       Kabinettsmitgliedern für eine Übergangsregierung bekannt geben.
       
       Abdourahmane Amadou, der bisher als Sprecher des Nationalrats zur Rettung
       des Vaterlandes (CNSP) fungierte und im Staatsfernsehen die Dekrete der
       Junta verlas, wird beispielsweise Minister für Sport. Anfang der Woche
       [2][war bereits Lamine Zeine Ali Mahamane zum Premierminister ernannt
       worden]. Er war in den Nullerjahren Finanz- und Wirtschaftsminister. Neben
       Militärs sind auch Zivilist:innen vertreten.
       
       Mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung macht die Junta zumindest nach außen
       deutlich, dass sie offenbar weiterhin kein Interesse an Verhandlungen mit
       der Ecowas hat und noch weniger ein Interesse daran, den vor zwei Wochen
       abgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum wieder ins Amt zu heben.
       
       Er wird weiterhin von den Putschisten festgehalten. Nach Informationen des
       Fernsehsenders CNN sei er mittlerweile in völliger Isolation und würde
       gezwungen, ungekochte Nudeln und Reis zu essen. UN-Generalsekretär António
       Guterres äußerte sich besorgt über Bazoums Gesundheit und Sicherheit und
       forderte dessen sofortige Freilassung.
       
       ## Vom Rebell zum Tourismusminister
       
       Diese Forderung kam auch aus den Reihen eines neu gegründeten
       Widerstandsrats, dem Rhissa Ag Boula vorsteht. Er führte von 1991 bis 1995
       eine Tuareg-Rebellion an, wurde später Tourismusminister, lebte einige Zeit
       im französischen Exil und war zuletzt Staatsminister unter Bazoum.
       
       Dem Magazin Jeune Afrique sagte er, man sei keine bewaffnete Bewegung, habe
       aber mehrere ehemalige Mitglieder der Rebellion. „Diese Organisation ist in
       erster Linie eine Unterstützung der Ecowas und aller, die sich für die
       Wiederherstellung der Demokratie einsetzen. Wir werden alle Initiativen in
       dieser Richtung unterstützen.“
       
       Eine Lösung am Verhandlungstisch zu finden, scheint allerdings schwierig.
       Einen Tag vor dem Ecowas-Treffen hatte Tchiani erstmals eine Delegation
       persönlich empfangen, nachdem in der vergangenen Woche Gesprächsversuche
       gescheitert waren.
       
       Zu der Abordnung jetzt gehörte der ehemalige Emir von Kano und frühere
       Gouverneur der nigerianischen Zentralbank Sanusi Lamido Sanusi. Nach dem
       Treffen mit Tchiani sagte er gegenüber Medienvertreter:innen knapp,
       man sei in der Hoffnung gekommen, dass „unsere Ankunft den Weg für echte
       Gespräche zwischen den Regierungschefs von Niger und Nigeria ebnen wird“.
       Auch würde er eine Botschaft an Nigerias Präsidenten und dem Vorsitzenden
       der Ecowas, Bola Tinubu, übermitteln, ohne auf Details einzugehen.
       
       ## Nigeria hat die größte Armee
       
       Bei einer militärischen Intervention, mit der die Staatengemeinschaft
       gedroht hatte, würde Nigeria federführend sein, weil es über die größte und
       am besten ausgebildete Armee verfügt. Tinubu war in den vergangenen Tagen
       aber zunehmend für das Vorhaben kritisiert worden.
       
       Die Nachbarländer Mali und Burkina Faso, die sich bereits in der
       vergangenen Woche mit Niger solidarisierten und nach Putschen selbst keine
       gewählten Regierungen mehr haben, fordern in einem Schreiben, dass die
       Vereinten Nationen intervenieren sollten.
       
       10 Aug 2023
       
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 (DIR) Katrin Gänsler
       
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