# taz.de -- Junta ernennt Premierminister: Alter Technokrat für neues Niger
       
       > Die Putschisten haben einen Ex-Finanzminister ausgegraben und zum
       > Premierminister ernannt. Dadurch erhoffen sie sich einen zivilen
       > Anstrich.
       
 (IMG) Bild: Ehemaliger Finanzminister Ali Lamine Zeine wird von der Militärjunta als neuen Ministerpräsident von Niger ernannt
       
       BERLIN taz | Nach dem ergebnislosen Verstreichen des westafrikanischen
       Ultimatums an Nigers Putschisten, die Macht wieder an den gewählten
       Präsidenten zurückzugeben, macht sich die neue nigrische Militärjunta an
       die Konsolidierung ihrer Macht. Der zum Präsidenten ausgerufene General
       Abdourahmane Tchiani ernannte am späten Montag einen altbekannten
       Technokraten zum neuen Premierminister: Ali Lamine Zeine, bisher
       Repräsentant der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) im Nachbarland
       Tschad.
       
       Zeine war von 2003 bis 2010 Wirtschafts- und Finanzminister Nigers – damals
       noch unter Präsident Mamadou Tandja. Dem hatte er zuvor als
       Kabinettsdirektor gedient. Als der autoritäre Tandja 2010 einem
       Militärputsch zum Opfer fiel, kam Zeine in Haft, als einer der engsten
       Vertrauten des gestürzten Präsidenten. Erst nach vier Wochen war er wieder
       frei.
       
       Als Minister hatte Zeine für gute Beziehungen Nigers zu internationalen
       Geldgebern gesorgt. 2009 machte er von sich reden, indem er für die
       Inhaftierung eines Journalisten sorgte, der ihm Unregelmäßigkeiten bei
       staatlichen Vertragsvergaben im Gesundheitsbereich vorgeworfen hatte.
       
       Zeines Aufstieg zum höchsten zivilen Regierungsposten macht deutlich, dass
       sich die Putschisten einen zivilen Anstrich geben wollen – und zwar den von
       Nigers eher konservativer ehemaliger Einheitspartei MNSD (Nationale
       Bewegung für eine Gesellschaft der Entwicklung), die mit einer
       Unterbrechung in den 1990er-Jahren Niger bis zu Tandjas Sturz 2010
       regierte. Die MNSD wurde danach zunehmend bedeutungslos, während ab
       [1][Nigers demokratischem Neustart 2011] ihre ehemalige Hauptgegnerin, die
       sozialdemokratische PNDS (Nigrische Partei für Demokratie und Sozialismus)
       unter den Präsidenten Mahamadou Issoufou und Mohamed Bazoum regierte.
       
       ## Junta lädt internationale Delegation aus
       
       Ob Zeines Berufung die Kritiker des Militärputsches besänftigt, ist zu
       bezweifeln. Nach wie vor erkennt die internationale Staatengemeinschaft den
       gestürzten Bazoum als Nigers legitimen Präsidenten an. Die Westafrikanische
       Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) hat [2][nach dem Verstreichen ihres
       Ultimatums am Sonntagabend] zwar kein neues gesetzt, will aber am
       Donnerstag über weitere Schritte beraten – im Bewusstsein, dass Ende dieser
       Woche ein identisches Ultimatum der Afrikanischen Union (AU) an die
       Putschisten abläuft.
       
       Nigers Junta will derweil dem internationalen Druck keineswegs nachgeben.
       Eine gemeinsame Delegation von USA, Ecowas und AU, die am Dienstag Niger zu
       Gesprächen besuchen wollte, wurde kurzfristig von der Junta ausgeladen:
       Angesichts der „Wut der Bevölkerung“ über die Ecowas-Sanktionen gegen Niger
       seien die „nötige Gelassenheit und Sicherheit“ zum Empfang dieser
       Abgesandten nicht gegeben, teilte Nigers Außenministerium am Dienstag
       gegenüber der Ecowas-Vertretung in Niamey mit.
       
       Am Vortag war die hochrangige US-Diplomatin Victoria Nuland in Niamey
       genauso abgeblitzt wie vor ihr eine [3][von Nigeria geführte
       Ecowas-Delegation] am vergangenen Donnerstag. Wie diese traf Nuland weder
       Tchiani noch Bazoum, sondern wurde zweitrangig abgespeist, in diesem Fall
       mit dem Juntamitglied Brigadegeneral Moussa Salaou Barmou.
       
       Nuland berichtete, sie habe in dem zweistündigen Gespräch, das „äußerst
       offen und manchmal ziemlich schwierig“ gewesen sein, „Optionen“ dargelegt,
       wie der Staatsstreich rückgängig gemacht werden könne, und dabei die „guten
       Dienste“ der USA angeboten. Sie würde jedoch „nicht sagen, dass dieses
       Angebot in irgendeiner Weise berücksichtigt wurde“.
       
       8 Aug 2023
       
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