# taz.de -- Nach dem Putsch in Niger: Keine Einigung auf Intervention
       
       > Bei ihren Gipfeltreffen setzt die Westafrikanische
       > Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas weiter auf Sanktionen. Eine Standby-Truppe
       > soll es dennoch geben.
       
 (IMG) Bild: Anhänger der Putschisten demonstrieren gegen Sanktionen der Ecowas in Niamey am 10. August
       
       COTONOU taz Das Treffen der Staatschefs der Westafrikanischen
       Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) in Nigerias Hauptstadt Abuja zur
       Entwicklung nach dem Putsch in Niger war mit Spannung erwartet worden. Das
       Ergebnis, das Nigerias Präsident und Ecowas-Vorsitzender Bola Tinubu
       bekannt gab, ist jedoch eher die Betonung des Status Quo. In den
       vergangenen Tagen war längst klar geworden, dass die zwölf noch
       stimmberechtigten Staaten kein ernstes Interesse an einer militärischen
       Intervention haben. Deshalb betont Tinubu, man wolle alle Beteiligten in
       Gespräche einbeziehen.
       
       Betont wird allerdings nicht mehr, den am 26. Juli festgesetzten
       Präsidenten Mohamed Bazoum wieder einsetzen zu wollen. Das schien bereits
       nach der Bekanntgabe der Junta, eine [1][Übergangsregierung] gebildet zu
       haben, unmöglich zu werden. Ziel ist nun Bazoums Freilassung. Mit Frau und
       Sohn wird er gefangen gehalten und soll keinen Zugang mehr zu fließendem
       Wasser haben. Auf seine Freilassung pochen neben Ecowas und den Vereinten
       Nationen auch Menschenrechtsorganisationen.
       
       Unterstützung für ihre Haltung bekommt die [2][Ecowas] von US-Außenminister
       Antony Blinken, der seinen Zuspruch twitterte, aber auch von der einstigen
       Kolonialmacht Frankreich, die im Sahel scharf in der Kritik steht.
       
       Einen Teil der Drohkulisse behält die Ecowas trotzdem bei. Von einem
       erneuten Ultimatum mit möglicher militärischer Intervention ist keine Rede
       mehr.
       
       ## Verheerende Auswirkungen
       
       Anna Schmauder, Sahel-Forscherin von der Berliner Denkfabrik Global Public
       Policy Institute: „Eine Mobilisierung der Standbye-Force würde aller
       Voraussicht nach noch einige Zeit in Anspruch nehmen und benötigt
       zusätzlich ein Mandat der Afrikanischen Union. Deren Ultimatum läuft an
       diesen Sonntag ab, doch in ihren bisherigen Mitteilungen liegt der Fokus
       auf einer Freilassung des noch immer festgesetzten Präsidenten Mohamed
       Bazoum. Eine Unterstützung der Ecowas-Intervention ist bislang noch nicht
       bestätigt.“
       
       Eine Standbye-Force der Ecowas sollen die Militärchefs trotzdem zusammen
       stellen. Auch Sanktionen wie Grenzschließungen, Reiseverbote und das
       Einfrieren von Vermögenswerten werden weiter aufrechterhalten.
       
       Genau diese Druckmittel hatten vor dem Gipfel 16 nichtstaatliche
       Organisationen kritisiert. Die Kombination aus Sanktionen und Konflikten im
       bereits geschwächten Staat Niger kann verheerende Auswirkungen für die
       Menschen haben. Nach UNO-Angaben waren bereits vor dem Putsch mehr als 4,3
       Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Steigende Preise und
       knapper werdende Nahrungsmittel verstärken diese Probleme noch.
       
       ## Zwischenlandung in Dakar
       
       Geäußert hat sich der „Nationalrat zur Rettung des Vaterlandes“ (CNSP)
       bisher noch nicht. Bereits vor dem Gipfel hatte die Junta deutlich gemacht,
       sich nicht um die Ecowas und weitere Vermittlungsversuche zu kümmern.
       Vergangene Woche ließ sie eine Delegation aus Nigeria abblitzen. Erst am
       Tag vor dem Ecowas-Gipfel kam es zu einem Gespräch mit dem ehemaligen Emir
       von Kano, Sanusi Lamido Sanusi.
       
       Unterdessen heißt es, dass der Abzug der Bundeswehr aus Mali über Senegal
       laufen kann. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Spiegel wurde mit
       der Regierung vereinbart, dass Transportflugzeuge bei der Rückverlegung aus
       dem Norden Malis in der Hauptstadt Dakar zwischenlanden können. Dort könne
       Material abgeladen oder getankt werden.
       
       Nach dem [3][Ende der Minusma (UN-Mission in Mali)] war ursprünglich
       geplant, den Abzug über Niger zu organisieren. Bazoum hatte betont, dass
       die Minusma wichtig zur Stabilisierung aller Sahel-Länder sei.
       
       Nach dem Militärputsch hatte es Gespräche mit anderen Ländern der Region
       über Alternativen gegeben. Senegals Präsident Macky Sall gilt seit seinem
       Amtsantritt 2012 als wichtiger Ansprechpartner in der Region für
       europäische Staaten. Senegal war der erste Staat, den Olaf Scholz als
       Bundeskanzler besucht hatte.
       
       11 Aug 2023
       
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