# taz.de -- Nordirische Protestantenpartei: Stabiler wird`s nicht
       
       > Der Chef der nordirischen Democratic Unionist Party Jeffrey Donaldson
       > tritt zurück. Gegen ihn wurde Anklage in Zusammenhang mit Sexualdelikten
       > erhoben.
       
 (IMG) Bild: Jeffrey Donaldson ist zurückgetreten, nachdem ihm Vorwürfe historischer Natur vorgeworfen wurden
       
       DUBLIN taz | Nordirland kommt nicht zur Ruhe. [1][Nachdem das
       Regionalparlament in Belfast nach zwei Jahren politischer Blockade im
       Februar wieder die Arbeit aufgenommen hatte], hoffte man auf politische
       Normalität in der britischen Krisenprovinz.
       
       Doch am Freitagmittag trat Jeffrey Donaldson als Chef der Democratic
       Unionist Party (DUP) zurüc. Am Donnerstagabend war er wegen
       „Anschuldigungen historischer Natur“ angeklagt worden. Es geht offenbar um
       Sexualdelikte.
       
       Eine 57-jährige Frau, mutmaßlich seine Frau, wurde ebenfalls wegen Beihilfe
       im Zusammenhang mit den angeblichen Straftaten angeklagt. Beide müssen am
       24. April vor Gericht erscheinen. Donaldson hat in der Nacht zum Freitag
       seine Konten in den sozialen Medien X, Facebook, Instagram und LinkedIn
       gelöscht. Die Gründe dafür sind unklar.
       
       [2][Die DUP hatte im Februar 2022 aus Protest gegen die Regeln des
       Nordirland-Protokolls die Regierung und das Parlament lahmgelegt].
       Donaldson monierte, dass Nordirland nach dem Brexit weiterhin Teil des
       EU-Binnenmarktes und der Zollunion bleiben sollte und dadurch anders
       behandelt würde, als der Rest des Vereinigten Königreichs.
       
       ## Gestärkte Autorität
       
       Der 61-jährige, Nordirlands dienstältester Unterhaus-Abgeordneter, hatte in
       der Vorweihnachtszeit intensive Gespräche mit Nordirlandminister Chris
       Heaton-Harris geführt und war maßgeblich an der Einigung mit der britischen
       Regierung über die Modifizierung der Handelsvereinbarungen nach dem Brexit
       beteiligt. Das resultierte im vergangenen Monat in der Wiederherstellung
       der Institutionen und in der Stärkung seiner Autorität in der Partei.
       
       In einer am Freitag veröffentlichten Erklärung teilte die DUP mit, sie habe
       ein Rücktrittsschreiben von Donaldson erhalten. Die leitenden
       Parteifunktionäre der DUP haben ihn „in Übereinstimmung mit den
       Parteiregeln … bis zum Ergebnis eines Gerichtsverfahrens“ suspendiert. Der
       stellvertretende DUP-Vorsitzende Gavin Robinson wurde zum
       Interims-Parteichef ernannt.
       
       Donaldson, der für seine „politischen Verdienste“ 2016 in den Ritterstand
       erhoben worden war, hatte die Partei seit 2021 geführt. Er war 1997 für die
       gemäßigtere Ulster Unionist Party (UUP) ins Unterhaus gewählt worden. Weil
       die Partei jedoch 1998 das von ihm abgelehnte Belfaster Friedensabkommen
       über die Machtbeteiligung des katholischen Teils der Bevölkerung
       unterzeichnete, verließ er die UUP und ging zur radikaleren DUP.
       
       Der verheiratete Vater von zwei Kindern und Mitglied des streng
       anti-katholischen Oranierordens genießt den Ruf eines unionistischen
       Hardliners. In der Vergangenheit hat er sich wiederholt homophob und
       frauenfeindlich geäußert. Aber er ist auch ein Pragmatiker, was ihm in
       London, Dublin und Washington zähneknirschenden Respekt eingebracht hat.
       
       Sein Ausscheiden wird erhebliche Auswirkungen auf die Stabilität der
       nordirischen Institutionen haben, denn nun wittern die Parteimitglieder,
       die jegliche Kompromisse mit der britischen Regierung und dem
       katholisch-nationalistischen Bevölkerungsteil ablehnen, ihre Chance.
       
       29 Mar 2024
       
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