# taz.de -- Parlamentswahlen auf Zypern: Rechte gewinnen Stimmen
       
       > Als Folge der Krise: In der griechisch dominierten Republik verlieren
       > alle großen Parteien zugunsten der rechtsradikalen ELAM.
       
 (IMG) Bild: Stimmabgabe auf Zypern
       
       BERLIN taz | Bei den Parlamentswahlen in der griechisch dominierten
       Republik Zypern haben die Rechtsradikalen ihren Stimmenanteil mehr als
       verdoppeln können und erreichen jetzt 6,8 Prozent der Stimmen. Demgegenüber
       mussten alle drei großen Parteien deutliche Einbußen einstecken.
       
       Sowohl die linke AKEL-Partei als auch die konservative Demokratische
       Sammlung und die nationalistische Demokratische Partei (DIKO) verloren bei
       der Wahl am Sonntag jeweils rund drei Prozent der Stimmen. Allerdings
       erreichen sie zusammen immer noch rund 60 Prozent der Wähler. Als Gewinner
       der Wahl, wenn auch mit Verlusten, gilt die DISY des Präsidenten Nikos
       Anastasiades, die 27,8 Prozent erreichte. Die [1][postkommunistische AKEL]
       kam nur noch auf rund 22 Prozent und hat damit innerhalb zweier
       Wahlperioden etwa zehn Prozent ihrer Anhänger verloren.
       
       AKEL-Parteichef Andros Kyprianou gab die Niederlage am Sonntagabend
       unumwunden zu. Man werde aber weiter für die Rechte der Arbeiter, gegen
       Korruption und für die Wiedervereinigung Zyperns kämpfen, sagte er.
       
       An der Wahl konnten sich nur die griechischstämmigen Bewohner der Insel
       beteiligen, die im Süden Zyperns wohnen. Die im Norden, in der
       international nicht anerkannten „Türkischen Republik Nordzypern“ lebenden
       Insel-Türken waren nicht beteiligt. Zypern ist seit einem [2][Militärputsch
       und der sich anschließenden Invasion türkischer Truppen] im Jahr 1974
       faktisch geteilt.
       
       ## Krisen sorgen für Vertrauensschwund
       
       Der Erfolg der offen rechtsradikalen ELAM, die enge Beziehung zu der
       faschistischen griechischen [3][„Goldenen Morgenröte“] unterhält, kam nicht
       unerwartet, ebenso wie das gute Abschneiden mehrerer kleinerer
       populistischer Parteien. Denn Zypern befindet sich derzeit in einer gleich
       dreifachen politischen und wirtschaftlichen Krise, die es den Großparteien
       erschwert, ihre angestammte Wählerschaft zu halten.
       
       Die Bemühungen zur Wiedervereinigung befinden sich seit der Wahl des
       [4][Erdoğan-Günstlings Ersin Tatar zum Präsidenten Nordzyperns] in einer
       Sackgasse. Tatar lehnt die bisherige Grundlage aller Verhandlungen, die
       Gründung eines gemeinsamen Bundesstaats, ab und pocht auf eine
       Zweistaatenlösung. Dies widerspricht bisherigen UN-Resolutionen und
       erscheint der großen Mehrheit der Zyperngriechen als nicht akzeptabel.
       Entsprechend besteht in der Frage, wie man nun zu Fortschritten kommen
       will, eine gewisse Ratlosigkeit.
       
       Zudem haben Korruptionsvorwürfen in der Republik Zypern einen
       Vertrauensschwund gegenüber den großen Parteien ausgelöst. Dabei geht es
       unter anderem um den Verkauf der zypriotischen Staatsbürgerschaft an
       wohlhabende Ausländer, die damit auch gleich ein Eintrittsbillet für die EU
       erhielten. In den Handel mit den „goldenen Reisepässen“ waren höchste
       Parlamentskreise verwickelt.
       
       Schließlich leidet Zypern besonders unter der Coronapandemie. Vor wenigen
       Wochen waren die Inzidenzzahlen auf mehr als 500 Fälle auf 100.000
       Einwohner geklettert und Zypern galt als Hochinzidenzgebiet. Erst jüngst
       flachte die Zahl der Infektionen wieder ab. Die Pandemie hat enorme
       Auswirkungen auf den für die Volkswirtschaft wichtigen Tourismus, viele
       Arbeitsplätze gingen verloren.
       
       Auf die Politik haben die Parlamentswahlen vergleichsweise geringe
       Auswirkungen. Auf Zypern besteht ein Präsidialsystem mit einem direkt
       gewählten Staatsoberhaupt.
       
       31 May 2021
       
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 (DIR) Klaus Hillenbrand
       
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