# taz.de -- Proteste in Frankreich: „Schande“ für die Polizei
       
       > In Frankreich demonstrieren wieder Tausende gegen die Sicherheitspolitik
       > und gegen Polizeigewalt. Macron nennt Letzteres einen Slogan von extremen
       > Linken.
       
 (IMG) Bild: Hartes Zusammentreffen mit der Polizei bei Protesten gegen Polizeigewalt
       
       PARIS taz | Wie schon eine Woche zuvor haben am Samstag in Paris und in
       fast hundert anderen Städten Frankreichs Zehntausende von Menschen
       [1][gegen die Polizeigewalt und den Gesetzesentwurf] für eine verschärfte
       Ordnungs- und Sicherheitspolitik demonstriert. Zu diesen Kundgebungen, bei
       denen es wie schon am 29. November zu einigen Sachbeschädigungen und
       Zusammenstößen mit der Polizei gekommen ist, hat ein Kollektiv von
       Mediengewerkschaften, Linksparteien, Bürgerrechtsorganisationen und lokalen
       „Gelbwesten“-Gruppen aufgerufen. Ihnen genügt der Teilrückzug der Regierung
       vor einigen Tagen bei Weitem nicht, sie fordern die Staatsführung auf, drei
       besonders umstrittene Artikel der Gesetzesvorlage mit dem Titel „Globale
       Sicherheit“ ganz zu streichen.
       
       Vor allem der Artikel 24 in diesem Gesetzesentwurf, der das seit 1881
       geltende Presserecht revidiert, war spätestens nach einem erneuten Fall von
       Polizeigewalt politisch unhaltbar geworden. Die Veröffentlichung des Films
       einer privaten Überwachungskamera auf Loopsider zeigt, wie in Paris vier
       Polizeibeamte ohne ersichtlichen Grund den schwarzen Musikproduzent Michel
       Zecler beschimpft und krankenhausreif geschlagen hatten.
       
       Dieses Dokument belegt in exemplarischer Weise, dass [2][ohne Filme von
       Augenzeugen] der Tatbestand von unrechtmäßiger polizeilicher Gewalt meist
       kaum zu beweisen ist. Die Staatsführung wurde damit in größte Verlegenheit
       gebracht. Präsident Emmanuel Macron musste gestehen, diese Beamte, gegen
       die ein Strafverfahren läuft, seien eine „Schande“ für die Polizei.
       
       ## Polizeigewalt als „Slogan“
       
       Am Montag hat Premierminister Jean Castex das ursprünglich geplante Verbot,
       Aufnahmen von Polizisten in Aktion mit „offensichtlich schädigender
       Absicht“ zu veröffentlichen, bis auf Weiteres auf's Eis gelegt. Mit diesem
       Rückzieher trug er der Kritik Rechnung, die dieses Filmverbot als eine
       gravierende Einschränkung der Medienarbeit und der Freiheit der
       Bürger:innen betrachtet. Der Gesetzestext war ohnehin derart schlecht und
       unpräzise formuliert, dass ein Veto des obersten Verfassungsgerichts höchst
       wahrscheinlich gewesen wäre. Eine neue Fassung dieses Artikels, der die
       Polizeibeamten vor Anprangerung auf den Netzwerken und handfesten
       Bedrohungen und Aggressionen schützen soll, könnte aber laut Castex schon
       in den kommenden Wochen in eine andere Gesetzesvorlage integriert werden.
       
       In einem Interview mit dem Online-Magazin „Brut“ sagte Macron am Freitag,
       für ihn sei „Polizeigewalt“ vor allem „ein Slogan von Leuten hauptsächlich
       (aus Kreisen) der extremen Linken geworden“. Mehr als ein bloßes Wort sind
       diese Brutalitäten, die den Ordnungstruppen zu Last gelegt werden,
       zweifellos für die Opfer in den Reihen der Demonstrierenden.
       
       Macron verwehrt sich vehement gegen Vorwürfe aus dem Ausland, denen zufolge
       in Frankreich heute die Freiheit gefährdet sei. „Wir sind nicht in Ungarn
       oder der Türkei“, sagte er sichtlich verärgert. In diesem Kontext kündigte
       er an, er wolle für ethnische Diskriminierungen durch Polizist:innen –
       junge Menschen mit dunkler Hautfarbe werden in Frankreich auf der Straße
       sehr viel häufiger kontrolliert als Weiße – eine Meldestelle einrichten.
       Als Replik auf diesen ihrer Meinung nach pauschalen Rassismusverdacht haben
       die Polizeiverbände nun damit gedroht, ihre Kontrollen zum Zeichen ihres
       Protests auszusetzen.
       
       5 Dec 2020
       
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