# taz.de -- Racial Profiling bei der Polizei: Nie eine Studie geplant
       
       > Die von Horst Seehofer abgesagte Untersuchung war laut einem
       > Medienbericht gar nicht geplant. Kritik an der Absage der Studie kommt
       > auch aus der CDU.
       
 (IMG) Bild: Kennt Racial Profiling nicht: Älterer, weißer Mann, der auch noch lächelt
       
       FRANKFURT/MAIN/BERLIN afp/dpa/taz | Bundesinnenminister Horst Seehofer
       (CSU) hat laut einem Zeitungsbericht eine Studie zum sogenannten Racial
       Profiling bei der Polizei offenbar nie geplant. Seehofer habe den
       Innenausschuss des Bundestags informiert, dass er eine solche Studie nie
       habe veranlassen wollen, [1][berichtete die „Frankfurter Allgemeine
       Sonntagszeitung“] unter Berufung auf mehrere Innenpolitiker der großen
       Koalition. Er versuche gerade herauszubekommen, wie es in seinem
       Ministerium zu einer solchen Ankündigung habe kommen können.
       
       Mitte Juni hatte das Ministerium die Studie angekündigt. [2][Am vergangenen
       Wochenende hatte Seehofer sie dann überraschend abgeblasen] und dafür
       [3][heftige Kritik geerntet].
       
       Der Begriff „Racial Profiling“ beschreibt Fälle, bei denen Beamte Menschen
       allein aufgrund von äußeren Merkmalen wie der Hautfarbe kontrollieren.
       „Schon der Titel einer solchen angeblichen Studie wäre doch tendenziös und
       gleicht einer Vorverurteilung der Polizei“, sagte der CDU-Innenexperte
       Armin Schuster der „FAS“. „Dass von unseren Polizisten systematisches
       Racial Profiling betrieben würde, ist eine groteske polittheoretische
       Wahrnehmung auf der linken Seite.“
       
       Schuster regte in der „FAS“ an, eine Studie aufzulegen, die „aus Sicht der
       Bürger repräsentativ untersuchen würde, wie sie die Qualität der
       Polizeiarbeit einschätzen und wie zufrieden sie mit der deutschen Polizei
       sind“. Würden dabei strukturelle Missstände, offengelegt, „böte das dann
       Gelegenheit, zielgerichtet vorzugehen“.
       
       Die Vorsitzende des Innenausschusses, Andrea Lindholz (CSU), sagte der
       „FAS“, erst einmal solle abgewartet werden, was der Verfassungsschutz mit
       seiner neuen Zentralstelle zur Aufklärung rechtsextremistischer Umtriebe im
       öffentlichen Dienst herausfinde: „Wenn wir das auf dem Tisch haben, kann es
       durchaus sinnvoll sein, so eine Studie in Auftrag zu geben. Aber bestimmt
       nicht jetzt in dieser aufgeheizten Atmosphäre.“
       
       ## Röttgen plädiert für die Studie
       
       Norbert Röttgen, Kandidat für den CDU-Vorsitz, hat Bundesinnenminister
       Horst Seehofer (CSU) hingegen nahegelegt, eine unabhängige Studie über
       Rassismus in der Polizei in Auftrag zu geben. „Eine solche
       Rassismus-Studie, die Erfahrungsberichte von Betroffenen einbezieht, kann
       ja nur zwei Ergebnisse haben: Entweder gibt es bei der Polizei etwas über
       Einzelfälle hinaus. Dann besteht Handlungsbedarf. Oder das ist nicht der
       Fall, dann stärkt die Studie das Vertrauen in die Polizei“, sagte Röttgen
       den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
       
       „Unsere Polizei verdient Vertrauen, nichts ist vergleichbar mit dem
       institutionalisierten Rassismus in den USA“, betonte Röttgen. „Aber auch
       wir haben Grund, Rassismus aufzuspüren und Veränderung einzuleiten. Das
       gilt für die Gesellschaft wie für staatliche Organe.“ Auch in Deutschland
       gebe es Rassismus.
       
       Der SPD-Innenpolitiker Lars Castellucci sagte der Zeitung, er könne
       Seehofer zwar „verstehen, dass er sich in einer aufgeheizten Lage vor die
       Polizisten stellt, aber ich verstehe auch meinen Fraktionskollegen Karmaba
       Diaby mit seinen Alltagserfahrungen sehr gut“. Castellucci fügte mit Blick
       auf die diskutierte Studie hinzu: „So etwas hätten wir schon längst mal
       machen müssen. Wir erweisen doch auch den Polizisten einen Bärendienst,
       wenn wir da keine Klarheit haben.“
       
       „Racial Profiling“ ist [4][in Deutschland durch das Grundgesetz verboten].
       Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd, der in den USA Opfer von
       Polizeigewalt wurde, wird aber auch hierzulande über Rassismus bei
       Sicherheitskräften debattiert. Vor einem Monat sagte ein Sprecher des
       Bundesinnenministeriums der „Welt“, sein Ressort sowie das
       Bundesjustizministeriums arbeiteten derzeit an der „konzeptionellen
       Entwicklung für eine Studie zu ‚Racial Profiling‘ in der Polizei“.
       
       Kurz darauf stellte das Innenministerium klar, das Vorhaben gehe auf eine
       Empfehlung des Gremiums des Europarats gegen Rassismus und Intoleranz
       (ECRI) zurück. Seehofer stellte sich allerdings dagegen. Am Donnerstag rief
       die ECRI-Vorsitzende Maria Marouda den Minister auf, seine Absage an die
       Studie zu überdenken.
       
       12 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/racial-profiling-seehofer-hatte-keine-studie-zu-rassismus-geplant-16856516.html
 (DIR) [2] /Racial-Profiling-bei-der-Polizei/!5698271
 (DIR) [3] /Nach-abgesagter-Racial-Profiling-Studie/!5693980
 (DIR) [4] /Gesetze-zu-Racial-Profiling-der-Polizei/!5698417
       
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