# taz.de -- Reaktion auf AfD-Ergebnis in Berlin: Lauter Protest vor der rechten Party
       
       > Entsetzen über den Erfolg der AfD. Spontan versammeln sich bis zu 1.000
       > Menschen am Alexanderplatz, wo die Rechten feiern.
       
 (IMG) Bild: Polizei in voller Ausrüstung vor der AfD-Party am Alexanderplatz
       
       Es dauerte nur wenige Minuten, bis nach den ersten TV-Prognosen die ersten
       Menschen vor der Wahlparty der Bundes-AfD am Alexanderplatz demonstrieren.
       Kimberley Gartner wollte eigentlich „nur einen Kaffee um die Ecke trinken“.
       Jetzt steht sie, den Zipfel eines Anti-AfD-Plakats in der Hand, und
       demonstriert, „weil Nazis kein Recht auf Meinungsfreiheit haben“.
       
       Rund 250 Menschen pfeifen und rufen Anti-AfD-Parolen, im Verlauf des Abends
       werden es immer mehr. Sie protestieren gegen den Einzug der
       Rechtsextremisten in den Bundestag als drittstärkste Partei, wahrscheinlich
       mit mehr als 13 Prozent. Am Rand kommt es zu Auseinandersetzungen mit der
       Polizei. Nach Aussage einer Polizeisprecherin werden „vereinzelt“ Menschen
       festgenommen.
       
       Gegen 20 Uhr ist die Zahl der Demonstranten laut Polizei auf 1.000
       gestiegen. Sie rufen Sätze wie „Ganz Berlin hasst die AfD“ und „Döner,
       Falafel, Nazis auf die Waffel.“
       
       Gut vier Kilometer weiter westlich steht der Regierende Bürgermeister und
       Berliner SPD-Landeschef Michael Müller kurz nach 18 Uhr im Rücken der
       großen Willy-Brandt-Statue in der SPD-Bundeszentrale. Still ertragen die
       Genossen im Saal die ersten Hochrechnungen: 20,8 Prozent für die SPD, ein
       Verlust von gut fünf Prozentpunkten gegenüber 2013. Müller sieht die
       Bundes-SPD ganz klar in der Oppositionsrolle – genau wie all die anderen
       prominenten SPDler, die sich in den Medien zu den Ergebnissen äußern. Und
       er betont, schon ganz in Oppositionslaune: „Ich glaube, auch die Ära Merkel
       ist heute beendet worden.“
       
       Bei den Grünen im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg in den Räumen der
       Verordnetenversammlung sind die ersten Reaktionen auf die Hochrechnungen
       dagegen spontaner Jubel. 9,5 Prozent für die Bundespartei, das ist ein
       guter Prozentpunkt mehr als bei der letzten Bundestagswahl. Die
       Aufkündigung der großen Koalition durch die SPD-Spitze stößt bei den
       bekanntermaßen linken Friedrichshain-Kreuzberger Grünen aber auf wenig
       Begeisterung. Schließlich bedeutet das, dass die Grünen in die Regierung
       sollen in einer Jamaika-Koalition.
       
       Opposition oder Jamaika – das ist die Wahl zwischen Pest und Cholera, so
       der Tenor im BVV-Saal in Kreuzberg. Wobei die Cholera dabei den meisten
       dann doch das kleinere Übel scheint. Doch leicht wird das für die
       Friedrichshain-Kreuzberger Grünen nicht werden: „Besonders Wohnungs- und
       Mietenpolitik wird mit der FDP schwierig“, sagt Parteimitglied Dominik
       Pross. Auch Vasili Franco vom Kreisvorstand hat „keine Lust“ auf eine
       Koalition mit der FDP. Er sieht die Probleme mit den Liberalen vor allem in
       der Klimapolitik.
       
       Die grüne Canan Bayram, Direktkandidatin im Wahlkreis
       Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost ist mit ihrer zwölfjährigen
       Tochter zur Grünen-Wahlparty in den BVV-Saal gekommen. Für sie ist klar:
       Falls sie das Direktmandat im Wahlkreis 83 gewinnt und damit die Nachfolge
       von Grünen-Kultfigur Hans-Christian Ströbele antritt, bekommt eine
       Jamaika-Koalition ihre Stimme nicht: „Eine solche Koalition ist für mich
       ausgeschlossen. Das habe ich vor der Wahl gesagt und dabei bleibe ich.“
       
       Bei der Linken-Wahlparty ist es so voll, dass der Saal zwischenzeitlich
       geschlossen wird. Viele junge Leute sind gekommen, die auch zeigen, wie
       sehr sich die Partei in den letzten Jahren gewandelt hat. Klaus Lederer,
       der langjährige Landeschef und Kultursenator, reagiert alarmiert auf den
       Ausgang der Wahl. Das Erstarken der Rechtsextremen sei eine „riesige
       Herausforderung“, so Lederer. „Unsere Gesellschaft ist tief gespalten.“
       
       Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) ist „schockiert über den
       Rechtsruck in der Gesellschaft. Das ist furchtbar. Wir müssen in Zukunft
       noch deutlicher machen, dass die rot-rot-grüne Koalition in Berlin für eine
       andere Politik, für soziale Gerechtigkeit und für Integration steht“.
       
       Völlig unklar blieb am frühen Sonntagabend, wie der Volksentscheid Tegel
       ausgehen würde. Auf der Wahlparty der FDP, deren Berliner Landesverband den
       Entscheid maßgeblich initiiert hat, rechnete man mit belastbaren Zahlen
       erst gegen 22 Uhr.
       
       Eines der ersten Ergebnisse, die vom Volksentscheid zu Tegel eingingen, kam
       aus dem Wedding. Und es war durchaus überraschend. Denn der Wahlreis 524 in
       Mitte liegt im Afrikanischen Viertel, einem Teil des Wedding also, in dem
       die startenden und landenden Flugzeuge des Flughafens Tegel deutlich zu
       vernehmen sind. Dennoch stimmte die Mehrheit der 409 Wählerinnen und
       Wähler, die hier ihre Stimme abgegeben haben, für die Offenhaltung des
       Flughafens Tegel: 54,9 Prozent votierten mit Ja, 45,1 Prozent mit Nein. Die
       Wahlbeteiligung lag dabei nur eine Stimme unter der bei der Bundestagswahl.
       
       24 Sep 2017
       
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